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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Unsre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert,
worin noch Wein war, und holten diesen in großen
Häfen auf die Wache, wo er unmäßig gesoffen
wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro-
pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus,
wo ich nur eine Mos[ - 1 Zeichen fehlt]brockel machen ließ. Von
meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als
meine Wäsche und einen hebräischen Psalter, welchen
mir Herr Bispink auf mein Bitten geschickt hatte.
Ich habe diesen Psalter hernach auf meinen Turen
durch Frankreich immer mit herumgetragen, und
erst bey meiner Zurückkunft aus diesem Lande einem
Freunde geschenkt. Die hebräische Sprache hat
mir immer gefallen, nicht wegen des in derselben
verfaßten alten Testaments, wo freilich manche
hübsche Urkunde, vermischt mit unzähligen Fra-
tzen und Thorheiten vorkommt, sondern wegen der
großen Simplicität derselben.

Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man-
delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major
von dem Regiment von Wolffmansdorff. "Lauk-
hard kann mit uns gehen, sagte der Hauptmann:
er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig
die Posten visitiren." Ich legte meine Tasche ab,
nahm nichts als Tornister und Seitengewehr, und
[begleitete die] Herren. Wir gingen gerade zum

Dritter Theil. Kk

Unſre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert,
worin noch Wein war, und holten dieſen in großen
Haͤfen auf die Wache, wo er unmaͤßig geſoffen
wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro-
pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus,
wo ich nur eine Moſ[ – 1 Zeichen fehlt]brockel machen ließ. Von
meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als
meine Waͤſche und einen hebraͤiſchen Pſalter, welchen
mir Herr Bispink auf mein Bitten geſchickt hatte.
Ich habe dieſen Pſalter hernach auf meinen Turen
durch Frankreich immer mit herumgetragen, und
erſt bey meiner Zuruͤckkunft aus dieſem Lande einem
Freunde geſchenkt. Die hebraͤiſche Sprache hat
mir immer gefallen, nicht wegen des in derſelben
verfaßten alten Teſtaments, wo freilich manche
huͤbſche Urkunde, vermiſcht mit unzaͤhligen Fra-
tzen und Thorheiten vorkommt, ſondern wegen der
großen Simplicitaͤt derſelben.

Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man-
delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major
von dem Regiment von Wolffmansdorff. „Lauk-
hard kann mit uns gehen, ſagte der Hauptmann:
er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig
die Poſten viſitiren.“ Ich legte meine Taſche ab,
nahm nichts als Torniſter und Seitengewehr, und
[begleitete die] Herren. Wir gingen gerade zum

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[513/0525] Unſre Leute hatten eben einen Keller aufgewittert, worin noch Wein war, und holten dieſen in großen Haͤfen auf die Wache, wo er unmaͤßig geſoffen wurde: ich aber hatte nicht das Herz, einen Tro- pfen mitzutrinken, ging daher in ein Nebenhaus, wo ich nur eine Moſ_brockel machen ließ. Von meinen Sachen wollte ich nichts mitnehmen, als meine Waͤſche und einen hebraͤiſchen Pſalter, welchen mir Herr Bispink auf mein Bitten geſchickt hatte. Ich habe dieſen Pſalter hernach auf meinen Turen durch Frankreich immer mit herumgetragen, und erſt bey meiner Zuruͤckkunft aus dieſem Lande einem Freunde geſchenkt. Die hebraͤiſche Sprache hat mir immer gefallen, nicht wegen des in derſelben verfaßten alten Teſtaments, wo freilich manche huͤbſche Urkunde, vermiſcht mit unzaͤhligen Fra- tzen und Thorheiten vorkommt, ſondern wegen der großen Simplicitaͤt derſelben. Gegen 12 Uhr des Nachts kam Hr. von Man- delsloh, mein Hauptmann und noch ein Major von dem Regiment von Wolffmansdorff. „Lauk- hard kann mit uns gehen, ſagte der Hauptmann: er kann Ordonnanz machen: wir wollen ein wenig die Poſten viſitiren.“ Ich legte meine Taſche ab, nahm nichts als Torniſter und Seitengewehr, und begleitete die Herren. Wir gingen gerade zum Dritter Theil. Kk

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/525>, abgerufen am 24.11.2024.