sogar bey den vornehmsten Offizieren, wohl gelit- ten, welche ihn so zu sagen zum Hänschen brau- chen wollten, die er aber selbst nicht selten tüchtig hänselte.
Dieser Gautier hatte bey den ehemaligen Na- tionalgarden in Frankreich gedient, kannte die Ge- nerale Lafayette, Dümouriez, Anselme und andre, hatte die Preußen aus Champagne verfolgen helfen, und war im Frühling des Jahres 1793 bey Trier desertirt. Weil er nun sehr viel zu erzählen wußte, so machte ich mir gern mit ihm zu schaffen. Sonst war er auch ein ehrlicher Kerl, mit welchem sichs gut umgehen ließ.
Den Abend, als der Adjutant des Kronprinzen bey mir gewesen war, saß ich in der Marketeuder- Hütte, und dachte über mein Schicksal ernsthaft nach. Gautier näherte sich mir traulich, und fragte mich, warum ich so trauig aussähe? Ich sagte ihm, der Kopf thäte mir wehe: er war aber mit meiner Entschuldigung nicht zufrieden, und sagte mir gerade heraus, daß er glaube, die Un- zufriedenheit mit meiner Lage verursache nur Nach- denken. Nun, sagte ich, wenn auch das wäre!
Er: Je nun, so mußt du deine Lage ändern.
Ich: Ja, aber wie?
Er: Höre, Bruder, ich kenne dich, du wirst mich nicht verrathen.
ſogar bey den vornehmſten Offizieren, wohl gelit- ten, welche ihn ſo zu ſagen zum Haͤnschen brau- chen wollten, die er aber ſelbſt nicht ſelten tuͤchtig haͤnſelte.
Dieſer Gautier hatte bey den ehemaligen Na- tionalgarden in Frankreich gedient, kannte die Ge- nerale Lafayette, Duͤmouriez, Anſelme und andre, hatte die Preußen aus Champagne verfolgen helfen, und war im Fruͤhling des Jahres 1793 bey Trier deſertirt. Weil er nun ſehr viel zu erzaͤhlen wußte, ſo machte ich mir gern mit ihm zu ſchaffen. Sonſt war er auch ein ehrlicher Kerl, mit welchem ſichs gut umgehen ließ.
Den Abend, als der Adjutant des Kronprinzen bey mir geweſen war, ſaß ich in der Marketeuder- Huͤtte, und dachte uͤber mein Schickſal ernſthaft nach. Gautier naͤherte ſich mir traulich, und fragte mich, warum ich ſo trauig ausſaͤhe? Ich ſagte ihm, der Kopf thaͤte mir wehe: er war aber mit meiner Entſchuldigung nicht zufrieden, und ſagte mir gerade heraus, daß er glaube, die Un- zufriedenheit mit meiner Lage verurſache nur Nach- denken. Nun, ſagte ich, wenn auch das waͤre!
Er: Je nun, ſo mußt du deine Lage aͤndern.
Ich: Ja, aber wie?
Er: Hoͤre, Bruder, ich kenne dich, du wirſt mich nicht verrathen.
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ſogar bey den vornehmſten Offizieren, wohl gelit-
ten, welche ihn ſo zu ſagen zum Haͤnschen brau-
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haͤnſelte.
Dieſer Gautier hatte bey den ehemaligen Na-
tionalgarden in Frankreich gedient, kannte die Ge-
nerale Lafayette, Duͤmouriez, Anſelme und andre,
hatte die Preußen aus Champagne verfolgen helfen,
und war im Fruͤhling des Jahres 1793 bey Trier
deſertirt. Weil er nun ſehr viel zu erzaͤhlen wußte,
ſo machte ich mir gern mit ihm zu ſchaffen. Sonſt
war er auch ein ehrlicher Kerl, mit welchem ſichs
gut umgehen ließ.
Den Abend, als der Adjutant des Kronprinzen
bey mir geweſen war, ſaß ich in der Marketeuder-
Huͤtte, und dachte uͤber mein Schickſal ernſthaft
nach. Gautier naͤherte ſich mir traulich, und
fragte mich, warum ich ſo trauig ausſaͤhe? Ich
ſagte ihm, der Kopf thaͤte mir wehe: er war aber
mit meiner Entſchuldigung nicht zufrieden, und
ſagte mir gerade heraus, daß er glaube, die Un-
zufriedenheit mit meiner Lage verurſache nur Nach-
denken. Nun, ſagte ich, wenn auch das waͤre!
Er: Je nun, ſo mußt du deine Lage aͤndern.
Ich: Ja, aber wie?
Er: Hoͤre, Bruder, ich kenne dich, du wirſt
mich nicht verrathen.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/516>, abgerufen am 21.11.2024.
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