Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.zu -- waren es doch meist ehrliche, kunstvolle, betrieb- das berüchtigte Avis aux refugies, welches man dem be- rühmten Baylr zugeschrieben hat. *) Ich trete den ehemaligen Hugenotten nicht zu nahe, denn
es ist wirklich an dem, wie Geschichtkundige wissen, daß man seit dem unseligen Widerrufe des Nanteser Edikts eine Epoche in der Geschichte der Sitten mancher deutscher Provinzen machen kann. Frivolitat, Luxus und Ausschweifungen aller Art kamen mit vielen von den damals ausgewanderten Franzosen nach Deutschland: und da, wohin ihr Fuß nicht gekommen ist, sind die Sitten noch weit deutscher, einfacher, biederer und liebenswürdiger, als dort wo die Re[ - 1 Zeichen fehlt]igi[ - 1 Zeichen fehlt]s ihre französischen Künste, Gewandheit, Moden, Grillen und Possen mithinbrach- ten. Oestreich, Bayern, Schwaben, Westphalen und andere Länder sind freylich durch die fremden Sittenlehrer nicht viel feiner geworden, aber in Bayern z. B. ist vielleicht auf einem Dorfe mehr achter Biedersinn und altdeutsche Tugend, als in mancher andern vor Feinheit strozenden Provinz: es ist näm- lich nicht alles Gold, was glänzt. -- zu — waren es doch meiſt ehrliche, kunſtvolle, betrieb- das beruͤchtigte Avis aux réfugiés, welches man dem be- ruͤhmten Baylr zugeſchrieben hat. *) Ich trete den ehemaligen Hugenotten nicht zu nahe, denn
es iſt wirklich an dem, wie Geſchichtkundige wiſſen, daß man ſeit dem unſeligen Widerrufe des Nanteſer Edikts eine Epoche in der Geſchichte der Sitten mancher deutſcher Provinzen machen kann. Frivolitat, Luxus und Ausſchweifungen aller Art kamen mit vielen von den damals ausgewanderten Franzoſen nach Deutſchland: und da, wohin ihr Fuß nicht gekommen iſt, ſind die Sitten noch weit deutſcher, einfacher, biederer und liebenswuͤrdiger, als dort wo die Re[ – 1 Zeichen fehlt]igi[ – 1 Zeichen fehlt]s ihre franzoͤſiſchen Kuͤnſte, Gewandheit, Moden, Grillen und Poſſen mithinbrach- ten. Oeſtreich, Bayern, Schwaben, Weſtphalen und andere Laͤnder ſind freylich durch die fremden Sittenlehrer nicht viel feiner geworden, aber in Bayern z. B. iſt vielleicht auf einem Dorfe mehr achter Biederſinn und altdeutſche Tugend, als in mancher andern vor Feinheit ſtrozenden Provinz: es iſt naͤm- lich nicht alles Gold, was glaͤnzt. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="39"/> zu — waren es doch meiſt ehrliche, kunſtvolle, betrieb-<lb/> ſame, ſtille Leute, deren Sitten die Sitten unſrer Vor-<lb/> fahren nicht ſo ſehr verderbten, als die der jetzigen —<lb/> unſere. <note place="foot" n="*)">Ich trete den ehemaligen Hugenotten nicht zu nahe, denn<lb/> es iſt wirklich an dem, wie Geſchichtkundige wiſſen, daß man<lb/> ſeit dem unſeligen Widerrufe des Nanteſer Edikts eine Epoche<lb/> in der Geſchichte der Sitten mancher deutſcher Provinzen machen<lb/> kann. Frivolitat, Luxus und Ausſchweifungen aller Art kamen<lb/> mit vielen von den damals ausgewanderten Franzoſen nach<lb/> Deutſchland: und da, wohin ihr Fuß nicht gekommen iſt,<lb/> ſind die Sitten noch weit deutſcher, einfacher, biederer und<lb/> liebenswuͤrdiger, als dort wo die Re<gap unit="chars" quantity="1"/>igi<gap unit="chars" quantity="1"/>s ihre franzoͤſiſchen<lb/> Kuͤnſte, Gewandheit, Moden, Grillen und Poſſen mithinbrach-<lb/> ten. Oeſtreich, Bayern, Schwaben, Weſtphalen und andere<lb/> Laͤnder ſind freylich durch die fremden Sittenlehrer nicht viel<lb/> feiner geworden, aber in Bayern z. B. iſt vielleicht auf einem<lb/> Dorfe mehr achter Biederſinn und altdeutſche Tugend, als in<lb/> mancher andern vor Feinheit ſtrozenden Provinz: es iſt naͤm-<lb/> lich nicht alles Gold, was glaͤnzt. —</note> Denn laſſen ſie uns, fuhr ich fort, die Her-<lb/> ren einmal recht anſchauen: und wir werden bekennen<lb/> muͤſſen, daß ſie uns weiter nicht nuͤtzen, als daß<lb/> ſie unſere Kaufleute, Gaſtwirthe, Huren u. dgl.<lb/> reicher machen, aber auch alles Uebrige verpeſten<lb/> und zu Grunde richten, was nur ihr Hauch beruͤhrt.<lb/> Als ich dieſes und mehr anderes geſagt hatte, leg-<lb/> ten ſich endlich mehrere von den Anweſenden in<lb/> unſer Geſpraͤch, und da wurden denn allerley ſkan-<lb/> daloͤſe Hiſtoͤrchen uͤber die Herren Emigrirten auf-<lb/> getiſcht. Ich erſpare ſie bis zu den Begebenheiten<lb/> des Marki von Vilcuçon.</p><lb/> <note xml:id="note-0052" prev="#note-0051" place="foot" n="*)">das beruͤchtigte <hi rendition="#aq">Avis aux réfugiés,</hi> welches man dem be-<lb/> ruͤhmten <hi rendition="#g">Baylr</hi> zugeſchrieben hat.</note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [39/0051]
zu — waren es doch meiſt ehrliche, kunſtvolle, betrieb-
ſame, ſtille Leute, deren Sitten die Sitten unſrer Vor-
fahren nicht ſo ſehr verderbten, als die der jetzigen —
unſere. *) Denn laſſen ſie uns, fuhr ich fort, die Her-
ren einmal recht anſchauen: und wir werden bekennen
muͤſſen, daß ſie uns weiter nicht nuͤtzen, als daß
ſie unſere Kaufleute, Gaſtwirthe, Huren u. dgl.
reicher machen, aber auch alles Uebrige verpeſten
und zu Grunde richten, was nur ihr Hauch beruͤhrt.
Als ich dieſes und mehr anderes geſagt hatte, leg-
ten ſich endlich mehrere von den Anweſenden in
unſer Geſpraͤch, und da wurden denn allerley ſkan-
daloͤſe Hiſtoͤrchen uͤber die Herren Emigrirten auf-
getiſcht. Ich erſpare ſie bis zu den Begebenheiten
des Marki von Vilcuçon.
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*) Ich trete den ehemaligen Hugenotten nicht zu nahe, denn
es iſt wirklich an dem, wie Geſchichtkundige wiſſen, daß man
ſeit dem unſeligen Widerrufe des Nanteſer Edikts eine Epoche
in der Geſchichte der Sitten mancher deutſcher Provinzen machen
kann. Frivolitat, Luxus und Ausſchweifungen aller Art kamen
mit vielen von den damals ausgewanderten Franzoſen nach
Deutſchland: und da, wohin ihr Fuß nicht gekommen iſt,
ſind die Sitten noch weit deutſcher, einfacher, biederer und
liebenswuͤrdiger, als dort wo die Re_igi_s ihre franzoͤſiſchen
Kuͤnſte, Gewandheit, Moden, Grillen und Poſſen mithinbrach-
ten. Oeſtreich, Bayern, Schwaben, Weſtphalen und andere
Laͤnder ſind freylich durch die fremden Sittenlehrer nicht viel
feiner geworden, aber in Bayern z. B. iſt vielleicht auf einem
Dorfe mehr achter Biederſinn und altdeutſche Tugend, als in
mancher andern vor Feinheit ſtrozenden Provinz: es iſt naͤm-
lich nicht alles Gold, was glaͤnzt. —
*) das beruͤchtigte Avis aux réfugiés, welches man dem be-
ruͤhmten Baylr zugeſchrieben hat.
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