Wir sind auf die ungerechteste Art arretirt, auf eine unmenschliche Weise und zwar so mishandelt worden, wie es in Afrika und bei Ost- und West- Indiens Wilden zu geschehen pflegt. -- Das Alles noch nicht genug! Entweder auf Geheiß oder doch gewiß mit vollem Vorwissen einer Maynzer Regie- rung mußten wir (26 Wochen lang) eine Kerker- Einsperrung auf Ehrenbreitstein ausstehen, die sonst Verbrechern erster Klasse, und in menschlichen Verfassungen nicht einmal zu Theil wird. Von einigen Einzelnen von uns wurde laut und mit ei- nem durch solche Grausamkeit empörten Gefühle, bestimmt gefodert, daß man uns den Prozeß ma- chen möchte, um eines Lebens los zu werden, wel- ches mit jedem Tage härter, ja, ein erneuerter Tod war. -- Aber keine Antwort, keine Abände- rung der schauderhaften Lage -- das war die Folge.
Es ist wahr, daß wir hier (in Erfurt) viel we- niger hart, als auf Ehrenbreitstein, gehalten wer- den; es ist aber auch wahr, daß erst hier wir legal erfuhren, daß wir unter der Rubrik von Französischen Geißeln verwahrt werden sollten *)
*) Erst den 1ten Nov. 1794. Von nun an erhielten sie täglich 6 Groschen, da sie vorhin NB! nach Abzug der Aufwartungs- und andern Kosten, täglich nur 1 Gr. 9 Pf. erhalten hatten. So schwer halt es, Gerechtigkeit und Menschlichkeit in Pfaf- fen-Staaten zu finden. Wie billig rief Friedrich der
Wir ſind auf die ungerechteſte Art arretirt, auf eine unmenſchliche Weiſe und zwar ſo mishandelt worden, wie es in Afrika und bei Oſt- und Weſt- Indiens Wilden zu geſchehen pflegt. — Das Alles noch nicht genug! Entweder auf Geheiß oder doch gewiß mit vollem Vorwiſſen einer Maynzer Regie- rung mußten wir (26 Wochen lang) eine Kerker- Einſperrung auf Ehrenbreitſtein ausſtehen, die ſonſt Verbrechern erſter Klaſſe, und in menſchlichen Verfaſſungen nicht einmal zu Theil wird. Von einigen Einzelnen von uns wurde laut und mit ei- nem durch ſolche Grauſamkeit empoͤrten Gefuͤhle, beſtimmt gefodert, daß man uns den Prozeß ma- chen moͤchte, um eines Lebens los zu werden, wel- ches mit jedem Tage haͤrter, ja, ein erneuerter Tod war. — Aber keine Antwort, keine Abaͤnde- rung der ſchauderhaften Lage — das war die Folge.
Es iſt wahr, daß wir hier (in Erfurt) viel we- niger hart, als auf Ehrenbreitſtein, gehalten wer- den; es iſt aber auch wahr, daß erſt hier wir legal erfuhren, daß wir unter der Rubrik von Franzoͤſiſchen Geißeln verwahrt werden ſollten *)
*) Erſt den 1ten Nov. 1794. Von nun an erhielten ſie taͤglich 6 Groſchen, da ſie vorhin NB! nach Abzug der Aufwartungs- und andern Koſten, taͤglich nur 1 Gr. 9 Pf. erhalten hatten. So ſchwer halt es, Gerechtigkeit und Menſchlichkeit in Pfaf- fen-Staaten zu finden. Wie billig rief Friedrich der
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Wir ſind auf die ungerechteſte Art arretirt, auf
eine unmenſchliche Weiſe und zwar ſo mishandelt
worden, wie es in Afrika und bei Oſt- und Weſt-
Indiens Wilden zu geſchehen pflegt. — Das Alles
noch nicht genug! Entweder auf Geheiß oder doch
gewiß mit vollem Vorwiſſen einer Maynzer Regie-
rung mußten wir (26 Wochen lang) eine Kerker-
Einſperrung auf Ehrenbreitſtein ausſtehen, die
ſonſt Verbrechern erſter Klaſſe, und in menſchlichen
Verfaſſungen nicht einmal zu Theil wird. Von
einigen Einzelnen von uns wurde laut und mit ei-
nem durch ſolche Grauſamkeit empoͤrten Gefuͤhle,
beſtimmt gefodert, daß man uns den Prozeß ma-
chen moͤchte, um eines Lebens los zu werden, wel-
ches mit jedem Tage haͤrter, ja, ein erneuerter
Tod war. — Aber keine Antwort, keine Abaͤnde-
rung der ſchauderhaften Lage — das war die Folge.
Es iſt wahr, daß wir hier (in Erfurt) viel we-
niger hart, als auf Ehrenbreitſtein, gehalten wer-
den; es iſt aber auch wahr, daß erſt hier wir
legal erfuhren, daß wir unter der Rubrik von
Franzoͤſiſchen Geißeln verwahrt werden ſollten *)
*) Erſt den 1ten Nov. 1794. Von nun an erhielten ſie taͤglich 6
Groſchen, da ſie vorhin NB! nach Abzug der Aufwartungs-
und andern Koſten, taͤglich nur 1 Gr. 9 Pf. erhalten hatten.
So ſchwer halt es, Gerechtigkeit und Menſchlichkeit in Pfaf-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/406>, abgerufen am 25.11.2024.
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