eben nicht sehr zufrieden seyn konnte. Man hatte in Verdun einige Bürger eingesteckt, und sie mit Stockschlägen regalirt, weil sie die weiße Kokarde nicht hatten tragen wollen, und gesagt hatten: qu'il n'etoit pas encore, soir pour tous les jour! -- Schon genug, um in Verdun nicht gut Preußisch seyn zu können!
Außer diesem muß man nicht vergessen, daß Verdun wegen der schnellen Uebergabe durch Nyont an die Preußen, gar übel bey dem Konvente ange- schrieben war, und daß nun gleichsam das Interesse der Bürger es erfoderte, durch Härte gegen den Feind ihren Patriotismus zu beweisen. Diesen Umstand führt Hr. von Beulwitz selbst an, und er verdient es. Man weiß ja, daß gleich nach dem Ausmarsche der Preußen aus Frankreich das Sy- stem schärfer ward und daß die Guillotine gleich mehr zu thun bekam. Es war damals zwar noch kein Robespierrischer Rigorismus, doch aber konnte es schon jemanden zu schaffen machen, wenn man ihn wegen eines Einverständnisses mit dem Feinde der Republik anklagte oder in Verdacht hatte.
Daher geschah es denn, daß der Pöbel in Verdun die zurückgebliebenen Preußen beleidigte, und daß Männer, welche hätten helfen und schützen sollen, dazu stillschwiegen, aus Furcht, als Aristokraten und Begünstiger der Feinde angesehen zu werden.
eben nicht ſehr zufrieden ſeyn konnte. Man hatte in Verdun einige Buͤrger eingeſteckt, und ſie mit Stockſchlaͤgen regalirt, weil ſie die weiße Kokarde nicht hatten tragen wollen, und geſagt hatten: qu'il n'étoit pas encore, ſoir pour tous les jour! — Schon genug, um in Verdun nicht gut Preußiſch ſeyn zu koͤnnen!
Außer dieſem muß man nicht vergeſſen, daß Verdun wegen der ſchnellen Uebergabe durch Nyont an die Preußen, gar uͤbel bey dem Konvente ange- ſchrieben war, und daß nun gleichſam das Intereſſe der Buͤrger es erfoderte, durch Haͤrte gegen den Feind ihren Patriotismus zu beweiſen. Dieſen Umſtand fuͤhrt Hr. von Beulwitz ſelbſt an, und er verdient es. Man weiß ja, daß gleich nach dem Ausmarſche der Preußen aus Frankreich das Sy- ſtem ſchaͤrfer ward und daß die Guillotine gleich mehr zu thun bekam. Es war damals zwar noch kein Robespierriſcher Rigorismus, doch aber konnte es ſchon jemanden zu ſchaffen machen, wenn man ihn wegen eines Einverſtaͤndniſſes mit dem Feinde der Republik anklagte oder in Verdacht hatte.
Daher geſchah es denn, daß der Poͤbel in Verdun die zuruͤckgebliebenen Preußen beleidigte, und daß Maͤnner, welche haͤtten helfen und ſchuͤtzen ſollen, dazu ſtillſchwiegen, aus Furcht, als Ariſtokraten und Beguͤnſtiger der Feinde angeſehen zu werden.
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eben nicht ſehr zufrieden ſeyn konnte. Man hatte
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Stockſchlaͤgen regalirt, weil ſie die weiße Kokarde
nicht hatten tragen wollen, und geſagt hatten: qu'il
n'étoit pas encore, ſoir pour tous les jour! —
Schon genug, um in Verdun nicht gut Preußiſch
ſeyn zu koͤnnen!
Außer dieſem muß man nicht vergeſſen, daß
Verdun wegen der ſchnellen Uebergabe durch Nyont
an die Preußen, gar uͤbel bey dem Konvente ange-
ſchrieben war, und daß nun gleichſam das Intereſſe
der Buͤrger es erfoderte, durch Haͤrte gegen den
Feind ihren Patriotismus zu beweiſen. Dieſen
Umſtand fuͤhrt Hr. von Beulwitz ſelbſt an, und
er verdient es. Man weiß ja, daß gleich nach dem
Ausmarſche der Preußen aus Frankreich das Sy-
ſtem ſchaͤrfer ward und daß die Guillotine gleich
mehr zu thun bekam. Es war damals zwar noch
kein Robespierriſcher Rigorismus, doch aber konnte
es ſchon jemanden zu ſchaffen machen, wenn man
ihn wegen eines Einverſtaͤndniſſes mit dem Feinde
der Republik anklagte oder in Verdacht hatte.
Daher geſchah es denn, daß der Poͤbel in Verdun
die zuruͤckgebliebenen Preußen beleidigte, und daß
Maͤnner, welche haͤtten helfen und ſchuͤtzen ſollen,
dazu ſtillſchwiegen, aus Furcht, als Ariſtokraten
und Beguͤnſtiger der Feinde angeſehen zu werden.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/239>, abgerufen am 21.11.2024.
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