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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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abgebrannt hätten, die Preußische Armee in die
äußerste Hungersnoth gerathen wäre. --

Um diese Zeit fing man auch an, die Munitions-
wagen zu verbrennen und die Kanonen einzugra-
ben. Viele unsrer Offiziere haben, vor übertrieb-
ner Ehrbegierde, dieses zwar nirgends gern einge-
standen, und ich habe selbst einige dreust behaupten
hören, daß die Preußen niemals Kanonen einge-
graben hätten, und daß es Lästerung sey, ihnen
dergleichen Schuld zu geben. Aber dieser Einrede
ungeachtet, muß ich hier bekennen, und jeder Au-
genzeuge wird es mit mir bekennen, daß diese
Sage ihre Richtigkeit hat. Eben in der Gegend
von Conconvoix wurde eine Haubitze versenkt und
hernach mit todten Körpern überdeckt, damit das
Grab der Haubitze für ein Grab menschlicher Leich-
name angesehen, und von den Franzosen nicht un-
tersucht werden mögte. In der Folge sind aber,
um einer Pest vorzubeugen, von den Franzosen
alle Leichen der Preußen in tiefe Löcher vergraben
worden; und da haben sie denn alles eingegrabne
Geschütz entdeckt und zu ihrem Gebrauch umge-
gossen.

Die meisten Soldaten leerten auch ihre Patron-
taschen aus, und warfen die Patronen weg; und
dieses war ihnen um so weniger zu verdenken, da
schon alles Pulver durch die anhaltende Nässe

abgebrannt haͤtten, die Preußiſche Armee in die
aͤußerſte Hungersnoth gerathen waͤre. —

Um dieſe Zeit fing man auch an, die Munitions-
wagen zu verbrennen und die Kanonen einzugra-
ben. Viele unſrer Offiziere haben, vor uͤbertrieb-
ner Ehrbegierde, dieſes zwar nirgends gern einge-
ſtanden, und ich habe ſelbſt einige dreuſt behaupten
hoͤren, daß die Preußen niemals Kanonen einge-
graben haͤtten, und daß es Laͤſterung ſey, ihnen
dergleichen Schuld zu geben. Aber dieſer Einrede
ungeachtet, muß ich hier bekennen, und jeder Au-
genzeuge wird es mit mir bekennen, daß dieſe
Sage ihre Richtigkeit hat. Eben in der Gegend
von Conconvoix wurde eine Haubitze verſenkt und
hernach mit todten Koͤrpern uͤberdeckt, damit das
Grab der Haubitze fuͤr ein Grab menſchlicher Leich-
name angeſehen, und von den Franzoſen nicht un-
terſucht werden moͤgte. In der Folge ſind aber,
um einer Peſt vorzubeugen, von den Franzoſen
alle Leichen der Preußen in tiefe Loͤcher vergraben
worden; und da haben ſie denn alles eingegrabne
Geſchuͤtz entdeckt und zu ihrem Gebrauch umge-
goſſen.

Die meiſten Soldaten leerten auch ihre Patron-
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dieſes war ihnen um ſo weniger zu verdenken, da
ſchon alles Pulver durch die anhaltende Naͤſſe

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[203/0215] abgebrannt haͤtten, die Preußiſche Armee in die aͤußerſte Hungersnoth gerathen waͤre. — Um dieſe Zeit fing man auch an, die Munitions- wagen zu verbrennen und die Kanonen einzugra- ben. Viele unſrer Offiziere haben, vor uͤbertrieb- ner Ehrbegierde, dieſes zwar nirgends gern einge- ſtanden, und ich habe ſelbſt einige dreuſt behaupten hoͤren, daß die Preußen niemals Kanonen einge- graben haͤtten, und daß es Laͤſterung ſey, ihnen dergleichen Schuld zu geben. Aber dieſer Einrede ungeachtet, muß ich hier bekennen, und jeder Au- genzeuge wird es mit mir bekennen, daß dieſe Sage ihre Richtigkeit hat. Eben in der Gegend von Conconvoix wurde eine Haubitze verſenkt und hernach mit todten Koͤrpern uͤberdeckt, damit das Grab der Haubitze fuͤr ein Grab menſchlicher Leich- name angeſehen, und von den Franzoſen nicht un- terſucht werden moͤgte. In der Folge ſind aber, um einer Peſt vorzubeugen, von den Franzoſen alle Leichen der Preußen in tiefe Loͤcher vergraben worden; und da haben ſie denn alles eingegrabne Geſchuͤtz entdeckt und zu ihrem Gebrauch umge- goſſen. Die meiſten Soldaten leerten auch ihre Patron- taſchen aus, und warfen die Patronen weg; und dieſes war ihnen um ſo weniger zu verdenken, da ſchon alles Pulver durch die anhaltende Naͤſſe

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/215>, abgerufen am 21.11.2024.