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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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hand Sprüchwörter von den Lotharingern. Doch
sind die Leute gutmüthig. Ehemals war dieses
Volk gar sehr orthodox oder jesuitisch-katholisch,
und trieb alle Art von Aberglauben. Als wir aber
dahin kamen, war ihre Einsicht ganz anders, und
die Leute betrachteten das Pfaffenhandwerk eben
nicht mehr, als eine unter dem unmittelbaren
Schutz des heiligen Geistes stehende Innung.

In Longwy sah ich ein Leichenbegängniß, wo-
bey der Sarg von sechs Frauenzimmern in drunter-
her gezogenen Tüchern, ohngefähr einen Schuh
hoch über der Erde getragen wurde. Ich erkundigte
mich über diese seltne Bestattung und erfuhr, daß
die Leiche eine Jungfer *) sey: diese würde nur von
Jungfern getragen, wie Weiber von Weibern,
Männer von Männern und ledige Mannsleute von
ledigen Burschen: das sey so ihre Gewohnheit, und
die nächsten Verwandten und Bekannten des Ver-
storbenen verrichteten diesen traurigen Dienst. Ich
sah auch, daß die schönen Trägerinnen wirklich
weinten.


*) Was wir Deutsche Jungfer heißen, neunen die Franzosen
fille, Tochter, Mädchen. Eine e[ - 1 Zeichen fehlt]ge[ - 2 Zeichen fehlen]tliche Jungfer nennen
sie vierge, oder pucelle. Aber selten bedienen sie sich die-
ses Ausdrucks. Die sogenannte Mutter Gottes hieß sonst
la vierge, per eminentiam, und die Jeanne d'Arc
hieß die Pucelle per eminentiam.

hand Spruͤchwoͤrter von den Lotharingern. Doch
ſind die Leute gutmuͤthig. Ehemals war dieſes
Volk gar ſehr orthodox oder jeſuitiſch-katholiſch,
und trieb alle Art von Aberglauben. Als wir aber
dahin kamen, war ihre Einſicht ganz anders, und
die Leute betrachteten das Pfaffenhandwerk eben
nicht mehr, als eine unter dem unmittelbaren
Schutz des heiligen Geiſtes ſtehende Innung.

In Longwy ſah ich ein Leichenbegaͤngniß, wo-
bey der Sarg von ſechs Frauenzimmern in drunter-
her gezogenen Tuͤchern, ohngefaͤhr einen Schuh
hoch uͤber der Erde getragen wurde. Ich erkundigte
mich uͤber dieſe ſeltne Beſtattung und erfuhr, daß
die Leiche eine Jungfer *) ſey: dieſe wuͤrde nur von
Jungfern getragen, wie Weiber von Weibern,
Maͤnner von Maͤnnern und ledige Mannsleute von
ledigen Burſchen: das ſey ſo ihre Gewohnheit, und
die naͤchſten Verwandten und Bekannten des Ver-
ſtorbenen verrichteten dieſen traurigen Dienſt. Ich
ſah auch, daß die ſchoͤnen Traͤgerinnen wirklich
weinten.


*) Was wir Deutſche Jungfer heißen, neunen die Franzoſen
fille, Tochter, Maͤdchen. Eine e[ – 1 Zeichen fehlt]ge[ – 2 Zeichen fehlen]tliche Jungfer nennen
ſie vierge, oder pucelle. Aber ſelten bedienen ſie ſich die-
ſes Ausdrucks. Die ſogenannte Mutter Gottes hieß ſonſt
la vierge, per eminentiam, und die Jéanne d'Arc
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[125/0137] hand Spruͤchwoͤrter von den Lotharingern. Doch ſind die Leute gutmuͤthig. Ehemals war dieſes Volk gar ſehr orthodox oder jeſuitiſch-katholiſch, und trieb alle Art von Aberglauben. Als wir aber dahin kamen, war ihre Einſicht ganz anders, und die Leute betrachteten das Pfaffenhandwerk eben nicht mehr, als eine unter dem unmittelbaren Schutz des heiligen Geiſtes ſtehende Innung. In Longwy ſah ich ein Leichenbegaͤngniß, wo- bey der Sarg von ſechs Frauenzimmern in drunter- her gezogenen Tuͤchern, ohngefaͤhr einen Schuh hoch uͤber der Erde getragen wurde. Ich erkundigte mich uͤber dieſe ſeltne Beſtattung und erfuhr, daß die Leiche eine Jungfer *) ſey: dieſe wuͤrde nur von Jungfern getragen, wie Weiber von Weibern, Maͤnner von Maͤnnern und ledige Mannsleute von ledigen Burſchen: das ſey ſo ihre Gewohnheit, und die naͤchſten Verwandten und Bekannten des Ver- ſtorbenen verrichteten dieſen traurigen Dienſt. Ich ſah auch, daß die ſchoͤnen Traͤgerinnen wirklich weinten. *) Was wir Deutſche Jungfer heißen, neunen die Franzoſen fille, Tochter, Maͤdchen. Eine e_ge__tliche Jungfer nennen ſie vierge, oder pucelle. Aber ſelten bedienen ſie ſich die- ſes Ausdrucks. Die ſogenannte Mutter Gottes hieß ſonſt la vierge, per eminentiam, und die Jéanne d'Arc hieß die Pucelle per eminentiam.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/137>, abgerufen am 28.11.2024.