Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

wollten nicht alles sehen. Es hieß: "wir sind ja
einmal in Feindes Landen: wer etwas erwischen
kann, dem ists nicht groß zu verargen, zumal beym
Mangel. Ueberdieß ist's ja ein Wetter zum Kre-
piren: wer kann da über den Soldaten zürnen,
wenn er böser Laune wird!" u. s. w.

Die armen Leute in den Dörfern, welche sich
nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt sahen,
schlugen die Hände zusammen und jammerten er-
bärmlich: aber unsre Leute ließen sich von dem
Angstgeschrey der Elenden nicht rühren, und lachten
ihnen ins Gesicht, oder schalten sie Patrioten und
Spizbuben.

Ein Offizier von dem Regimente Romberg,
hatte es sogar gern gesehen, daß sein Calefactor *)
einem französischen Bauer dessen Pferd genommen
hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein
kleines Gratial zu den seinen. Er glaubte, das
Pferd gehöre auch zu den Kriegsgeräthschaften;
und da nun befohlen sey, daß man den französischen
Landleuten und überhaupt allen dortigen Einwoh-
nern alle Munition nehmen sollte, so meynte er,
könnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und
es -- behalten. Aber der Herzog von Braun-
schweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants

*) So heißen die Preußischen Offizierbediente.

wollten nicht alles ſehen. Es hieß: „wir ſind ja
einmal in Feindes Landen: wer etwas erwiſchen
kann, dem iſts nicht groß zu verargen, zumal beym
Mangel. Ueberdieß iſt's ja ein Wetter zum Kre-
piren: wer kann da uͤber den Soldaten zuͤrnen,
wenn er boͤſer Laune wird!“ u. ſ. w.

Die armen Leute in den Doͤrfern, welche ſich
nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt ſahen,
ſchlugen die Haͤnde zuſammen und jammerten er-
baͤrmlich: aber unſre Leute ließen ſich von dem
Angſtgeſchrey der Elenden nicht ruͤhren, und lachten
ihnen ins Geſicht, oder ſchalten ſie Patrioten und
Spizbuben.

Ein Offizier von dem Regimente Romberg,
hatte es ſogar gern geſehen, daß ſein Calefactor *)
einem franzoͤſiſchen Bauer deſſen Pferd genommen
hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein
kleines Gratial zu den ſeinen. Er glaubte, das
Pferd gehoͤre auch zu den Kriegsgeraͤthſchaften;
und da nun befohlen ſey, daß man den franzoͤſiſchen
Landleuten und uͤberhaupt allen dortigen Einwoh-
nern alle Munition nehmen ſollte, ſo meynte er,
koͤnnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und
es — behalten. Aber der Herzog von Braun-
ſchweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants

*) So heißen die Preußiſchen Offizierbediente.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="111"/>
wollten nicht alles &#x017F;ehen. Es hieß: &#x201E;wir &#x017F;ind ja<lb/>
einmal in Feindes Landen: wer etwas erwi&#x017F;chen<lb/>
kann, dem i&#x017F;ts nicht groß zu verargen, zumal beym<lb/>
Mangel. Ueberdieß i&#x017F;t's ja ein Wetter zum Kre-<lb/>
piren: wer kann da u&#x0364;ber den Soldaten zu&#x0364;rnen,<lb/>
wenn er bo&#x0364;&#x017F;er Laune wird!&#x201C; u. &#x017F;. w.</p><lb/>
        <p>Die armen Leute in den Do&#x0364;rfern, welche &#x017F;ich<lb/>
nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt &#x017F;ahen,<lb/>
&#x017F;chlugen die Ha&#x0364;nde zu&#x017F;ammen und jammerten er-<lb/>
ba&#x0364;rmlich: aber un&#x017F;re Leute ließen &#x017F;ich von dem<lb/>
Ang&#x017F;tge&#x017F;chrey der Elenden nicht ru&#x0364;hren, und lachten<lb/>
ihnen ins Ge&#x017F;icht, oder &#x017F;chalten &#x017F;ie Patrioten und<lb/>
Spizbuben.</p><lb/>
        <p>Ein Offizier von dem Regimente Romberg,<lb/>
hatte es &#x017F;ogar gern ge&#x017F;ehen, daß &#x017F;ein Calefactor <note place="foot" n="*)">So heißen die Preußi&#x017F;chen Offizierbediente.</note><lb/>
einem franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Bauer de&#x017F;&#x017F;en Pferd genommen<lb/>
hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein<lb/>
kleines Gratial zu den &#x017F;einen. Er glaubte, das<lb/>
Pferd geho&#x0364;re auch zu den Kriegsgera&#x0364;th&#x017F;chaften;<lb/>
und da nun befohlen &#x017F;ey, daß man den franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Landleuten und u&#x0364;berhaupt allen dortigen Einwoh-<lb/>
nern alle Munition nehmen &#x017F;ollte, &#x017F;o meynte er,<lb/>
ko&#x0364;nnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und<lb/>
es &#x2014; behalten. Aber der Herzog von Braun-<lb/>
&#x017F;chweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0123] wollten nicht alles ſehen. Es hieß: „wir ſind ja einmal in Feindes Landen: wer etwas erwiſchen kann, dem iſts nicht groß zu verargen, zumal beym Mangel. Ueberdieß iſt's ja ein Wetter zum Kre- piren: wer kann da uͤber den Soldaten zuͤrnen, wenn er boͤſer Laune wird!“ u. ſ. w. Die armen Leute in den Doͤrfern, welche ſich nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt ſahen, ſchlugen die Haͤnde zuſammen und jammerten er- baͤrmlich: aber unſre Leute ließen ſich von dem Angſtgeſchrey der Elenden nicht ruͤhren, und lachten ihnen ins Geſicht, oder ſchalten ſie Patrioten und Spizbuben. Ein Offizier von dem Regimente Romberg, hatte es ſogar gern geſehen, daß ſein Calefactor *) einem franzoͤſiſchen Bauer deſſen Pferd genommen hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein kleines Gratial zu den ſeinen. Er glaubte, das Pferd gehoͤre auch zu den Kriegsgeraͤthſchaften; und da nun befohlen ſey, daß man den franzoͤſiſchen Landleuten und uͤberhaupt allen dortigen Einwoh- nern alle Munition nehmen ſollte, ſo meynte er, koͤnnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und es — behalten. Aber der Herzog von Braun- ſchweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants *) So heißen die Preußiſchen Offizierbediente.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/123
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/123>, abgerufen am 23.11.2024.