wollten nicht alles sehen. Es hieß: "wir sind ja einmal in Feindes Landen: wer etwas erwischen kann, dem ists nicht groß zu verargen, zumal beym Mangel. Ueberdieß ist's ja ein Wetter zum Kre- piren: wer kann da über den Soldaten zürnen, wenn er böser Laune wird!" u. s. w.
Die armen Leute in den Dörfern, welche sich nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt sahen, schlugen die Hände zusammen und jammerten er- bärmlich: aber unsre Leute ließen sich von dem Angstgeschrey der Elenden nicht rühren, und lachten ihnen ins Gesicht, oder schalten sie Patrioten und Spizbuben.
Ein Offizier von dem Regimente Romberg, hatte es sogar gern gesehen, daß sein Calefactor *) einem französischen Bauer dessen Pferd genommen hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein kleines Gratial zu den seinen. Er glaubte, das Pferd gehöre auch zu den Kriegsgeräthschaften; und da nun befohlen sey, daß man den französischen Landleuten und überhaupt allen dortigen Einwoh- nern alle Munition nehmen sollte, so meynte er, könnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und es -- behalten. Aber der Herzog von Braun- schweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants
*) So heißen die Preußischen Offizierbediente.
wollten nicht alles ſehen. Es hieß: „wir ſind ja einmal in Feindes Landen: wer etwas erwiſchen kann, dem iſts nicht groß zu verargen, zumal beym Mangel. Ueberdieß iſt's ja ein Wetter zum Kre- piren: wer kann da uͤber den Soldaten zuͤrnen, wenn er boͤſer Laune wird!“ u. ſ. w.
Die armen Leute in den Doͤrfern, welche ſich nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt ſahen, ſchlugen die Haͤnde zuſammen und jammerten er- baͤrmlich: aber unſre Leute ließen ſich von dem Angſtgeſchrey der Elenden nicht ruͤhren, und lachten ihnen ins Geſicht, oder ſchalten ſie Patrioten und Spizbuben.
Ein Offizier von dem Regimente Romberg, hatte es ſogar gern geſehen, daß ſein Calefactor *) einem franzoͤſiſchen Bauer deſſen Pferd genommen hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein kleines Gratial zu den ſeinen. Er glaubte, das Pferd gehoͤre auch zu den Kriegsgeraͤthſchaften; und da nun befohlen ſey, daß man den franzoͤſiſchen Landleuten und uͤberhaupt allen dortigen Einwoh- nern alle Munition nehmen ſollte, ſo meynte er, koͤnnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und es — behalten. Aber der Herzog von Braun- ſchweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants
*) So heißen die Preußiſchen Offizierbediente.
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wollten nicht alles ſehen. Es hieß: „wir ſind ja
einmal in Feindes Landen: wer etwas erwiſchen
kann, dem iſts nicht groß zu verargen, zumal beym
Mangel. Ueberdieß iſt's ja ein Wetter zum Kre-
piren: wer kann da uͤber den Soldaten zuͤrnen,
wenn er boͤſer Laune wird!“ u. ſ. w.
Die armen Leute in den Doͤrfern, welche ſich
nun ihres Auskommens auf lange Zeit beraubt ſahen,
ſchlugen die Haͤnde zuſammen und jammerten er-
baͤrmlich: aber unſre Leute ließen ſich von dem
Angſtgeſchrey der Elenden nicht ruͤhren, und lachten
ihnen ins Geſicht, oder ſchalten ſie Patrioten und
Spizbuben.
Ein Offizier von dem Regimente Romberg,
hatte es ſogar gern geſehen, daß ſein Calefactor *)
einem franzoͤſiſchen Bauer deſſen Pferd genommen
hatte. Es gefiel ihm, und er nahm es gegen ein
kleines Gratial zu den ſeinen. Er glaubte, das
Pferd gehoͤre auch zu den Kriegsgeraͤthſchaften;
und da nun befohlen ſey, daß man den franzoͤſiſchen
Landleuten und uͤberhaupt allen dortigen Einwoh-
nern alle Munition nehmen ſollte, ſo meynte er,
koͤnnte er ja auch das Pferd mit dazu rechnen, und
es — behalten. Aber der Herzog von Braun-
ſchweig ließ den Syllogismus des Hn. Leutnants
*) So heißen die Preußiſchen Offizierbediente.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/123>, abgerufen am 23.11.2024.
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