In den Dörfern gieng es noch abscheulicher her. Das unserm Regimente zunächst liegende war das genannte Brehain la ville, ein schönes, großes Dorf, worin ehedem ein sogenannter Bailli du roi seine Residenz gehabt hatte. Um durch Laufen mich in Wärme zu setzen, lief ich mit vielen andern auch nach diesem Dorfe, wo wir Stroh und Holz holen sollten. Ehe aber diese Dinge genommen wurden, durchsuchten die meisten erst die Häuser, und was sie da anständiges vorfanden, nahmen sie mit, als Leinwand, Kleider, Lebensmittel und andere Sachen, welche der Soldat entweder selbst brauchen, oder doch an die Marketender verkaufen kann. Was dazu nicht diente, wurde zerschlagen oder sonst verdorben. So habe ich selbst gesehen, daß Soldaten vom Regimente Woldeck in eben diesem Dorfe ganze Service von Porcellan im Pfarrhofe und anderwärts zerschmissen: alles Tö- pferzeug hatte dasselbe Schicksal. Aufgebracht über diese Barbarey, stellte ich einen dieser Leute zur Rede: warum er einer armen Frau, troz ihres bit- tern Weinens und Händeringens, das Geschirr zer- schmissen und ihre Fenster eingeschlagen habe? Aber der unbesonnene, wüste Kerl gab mir zur Antwort: was Sakkerment, soll man denn hier schonen? Sinds nicht verfluchte Patrioten? Die Kerls sind ja eigentlich Schuld, daß wir so viel ausstehen
In den Doͤrfern gieng es noch abſcheulicher her. Das unſerm Regimente zunaͤchſt liegende war das genannte Brehain la ville, ein ſchoͤnes, großes Dorf, worin ehedem ein ſogenannter Bailli du roi ſeine Reſidenz gehabt hatte. Um durch Laufen mich in Waͤrme zu ſetzen, lief ich mit vielen andern auch nach dieſem Dorfe, wo wir Stroh und Holz holen ſollten. Ehe aber dieſe Dinge genommen wurden, durchſuchten die meiſten erſt die Haͤuſer, und was ſie da anſtaͤndiges vorfanden, nahmen ſie mit, als Leinwand, Kleider, Lebensmittel und andere Sachen, welche der Soldat entweder ſelbſt brauchen, oder doch an die Marketender verkaufen kann. Was dazu nicht diente, wurde zerſchlagen oder ſonſt verdorben. So habe ich ſelbſt geſehen, daß Soldaten vom Regimente Woldeck in eben dieſem Dorfe ganze Service von Porcellan im Pfarrhofe und anderwaͤrts zerſchmiſſen: alles Toͤ- pferzeug hatte daſſelbe Schickſal. Aufgebracht uͤber dieſe Barbarey, ſtellte ich einen dieſer Leute zur Rede: warum er einer armen Frau, troz ihres bit- tern Weinens und Haͤnderingens, das Geſchirr zer- ſchmiſſen und ihre Fenſter eingeſchlagen habe? Aber der unbeſonnene, wuͤſte Kerl gab mir zur Antwort: was Sakkerment, ſoll man denn hier ſchonen? Sinds nicht verfluchte Patrioten? Die Kerls ſind ja eigentlich Schuld, daß wir ſo viel ausſtehen
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In den Doͤrfern gieng es noch abſcheulicher her.
Das unſerm Regimente zunaͤchſt liegende war das
genannte Brehain la ville, ein ſchoͤnes, großes
Dorf, worin ehedem ein ſogenannter Bailli du roi
ſeine Reſidenz gehabt hatte. Um durch Laufen mich
in Waͤrme zu ſetzen, lief ich mit vielen andern
auch nach dieſem Dorfe, wo wir Stroh und Holz
holen ſollten. Ehe aber dieſe Dinge genommen
wurden, durchſuchten die meiſten erſt die Haͤuſer,
und was ſie da anſtaͤndiges vorfanden, nahmen ſie
mit, als Leinwand, Kleider, Lebensmittel und
andere Sachen, welche der Soldat entweder ſelbſt
brauchen, oder doch an die Marketender verkaufen
kann. Was dazu nicht diente, wurde zerſchlagen
oder ſonſt verdorben. So habe ich ſelbſt geſehen,
daß Soldaten vom Regimente Woldeck in eben
dieſem Dorfe ganze Service von Porcellan im
Pfarrhofe und anderwaͤrts zerſchmiſſen: alles Toͤ-
pferzeug hatte daſſelbe Schickſal. Aufgebracht uͤber
dieſe Barbarey, ſtellte ich einen dieſer Leute zur
Rede: warum er einer armen Frau, troz ihres bit-
tern Weinens und Haͤnderingens, das Geſchirr zer-
ſchmiſſen und ihre Fenſter eingeſchlagen habe? Aber
der unbeſonnene, wuͤſte Kerl gab mir zur Antwort:
was Sakkerment, ſoll man denn hier ſchonen?
Sinds nicht verfluchte Patrioten? Die Kerls ſind
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/119>, abgerufen am 22.11.2024.
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