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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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schlecht; und die elende Kost mit dem Mangel an
gutem Getränke verbunden, dann das traurige
Wetter, nebst der anhaltenden Kälte, vermehrten
die Krankheiten ohne Aufhören: tagtäglich brachte
man von unsern Kameraden mehrere ins Lazareth
nach Longwy, von welchen aber nur wenige zurück
gekommen sind.

Die Emigrirten hatten unter andern uns vorge-
schwazt, daß die Franzosen vor lauter politischem
Trubel den Ackerbau fast gar nicht mehr betrieben.
-- Daß aber dieses eine offenbare Lüge war, habe
ich selbst bald gesehen, wie alle unsre Leute. Das
ganze Land in Lotharingen, und in dem kleinen
Ländchen Clermontois, ja sogar in dem armen un-
fruchtbaren Champagne zeigte das Gegentheil:
Der Ackerbau blühte hier sichtbar; die Gärten wa-
ren gut angelegt, und die Dörfer verriethen den
Fleiß und den Wohlstand ihrer Bewohner.

Ich habe mich mit Lotharingern mehrmals un-
terhalten, und mit Vergnügen vernommen: daß
sie durch die Revolution von jeder Seite durchaus
gewonnen hätten. Die schrecklichen Abgaben, sag-
ten sie, wären nicht mehr; jezt könnten sie auch an
sich denken, bauen, Andern aushelfen, ihres Le-
bens, wie ihrer Arbeit froh werden, einen Noth-
pfennig ersparen; die vielen Accisen hätten aufge-
hört; das grobe Wild verwüstete ihre Fruchtfelder

ſchlecht; und die elende Koſt mit dem Mangel an
gutem Getraͤnke verbunden, dann das traurige
Wetter, nebſt der anhaltenden Kaͤlte, vermehrten
die Krankheiten ohne Aufhoͤren: tagtaͤglich brachte
man von unſern Kameraden mehrere ins Lazareth
nach Longwy, von welchen aber nur wenige zuruͤck
gekommen ſind.

Die Emigrirten hatten unter andern uns vorge-
ſchwazt, daß die Franzoſen vor lauter politiſchem
Trubel den Ackerbau faſt gar nicht mehr betrieben.
— Daß aber dieſes eine offenbare Luͤge war, habe
ich ſelbſt bald geſehen, wie alle unſre Leute. Das
ganze Land in Lotharingen, und in dem kleinen
Laͤndchen Clermontois, ja ſogar in dem armen un-
fruchtbaren Champagne zeigte das Gegentheil:
Der Ackerbau bluͤhte hier ſichtbar; die Gaͤrten wa-
ren gut angelegt, und die Doͤrfer verriethen den
Fleiß und den Wohlſtand ihrer Bewohner.

Ich habe mich mit Lotharingern mehrmals un-
terhalten, und mit Vergnuͤgen vernommen: daß
ſie durch die Revolution von jeder Seite durchaus
gewonnen haͤtten. Die ſchrecklichen Abgaben, ſag-
ten ſie, waͤren nicht mehr; jezt koͤnnten ſie auch an
ſich denken, bauen, Andern aushelfen, ihres Le-
bens, wie ihrer Arbeit froh werden, einen Noth-
pfennig erſparen; die vielen Acciſen haͤtten aufge-
hoͤrt; das grobe Wild verwuͤſtete ihre Fruchtfelder

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[123/0135] ſchlecht; und die elende Koſt mit dem Mangel an gutem Getraͤnke verbunden, dann das traurige Wetter, nebſt der anhaltenden Kaͤlte, vermehrten die Krankheiten ohne Aufhoͤren: tagtaͤglich brachte man von unſern Kameraden mehrere ins Lazareth nach Longwy, von welchen aber nur wenige zuruͤck gekommen ſind. Die Emigrirten hatten unter andern uns vorge- ſchwazt, daß die Franzoſen vor lauter politiſchem Trubel den Ackerbau faſt gar nicht mehr betrieben. — Daß aber dieſes eine offenbare Luͤge war, habe ich ſelbſt bald geſehen, wie alle unſre Leute. Das ganze Land in Lotharingen, und in dem kleinen Laͤndchen Clermontois, ja ſogar in dem armen un- fruchtbaren Champagne zeigte das Gegentheil: Der Ackerbau bluͤhte hier ſichtbar; die Gaͤrten wa- ren gut angelegt, und die Doͤrfer verriethen den Fleiß und den Wohlſtand ihrer Bewohner. Ich habe mich mit Lotharingern mehrmals un- terhalten, und mit Vergnuͤgen vernommen: daß ſie durch die Revolution von jeder Seite durchaus gewonnen haͤtten. Die ſchrecklichen Abgaben, ſag- ten ſie, waͤren nicht mehr; jezt koͤnnten ſie auch an ſich denken, bauen, Andern aushelfen, ihres Le- bens, wie ihrer Arbeit froh werden, einen Noth- pfennig erſparen; die vielen Acciſen haͤtten aufge- hoͤrt; das grobe Wild verwuͤſtete ihre Fruchtfelder

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/135>, abgerufen am 28.12.2024.