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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Ich ging hierauf zum Direktor, erzählte ihm
den Vorfall und bat: er möchte mir, im Fall er
meiner sich ferner bedienen wollte, eine Stunde auf
der lateinischen Schule anweisen. Das Kollegium
über Rambach sey für mich eine arge Pönitenz.
Freilingshausen lächelte und einige Tage hernach er-
hielt ich die dritte griechische und zweite hebräische
Klasse.

In der dritten griechischen Klasse las man da-
mals noch, nach der gewöhnlichen Unart, nichts als
das Neue Testament q), ein Buch, das sich eben so
gut zum Geiechisch-Lernen schickt, als das Brevia-
rium
oder Missale Romanum zum Latein-Lernen.
Ich bat meine mir gewiß sehr ergebenen Schul[ - 2 Zeichen fehlen]
doch die vom Herrn Prof. Schulze herausgegebe-

q) Lehranstalten mit Buchhandlungen verbunden, haben
gewöhnlich diesen Nachtheil: da muß erst die Auflage
vergriffen seyn, ehe ein besseres Lehrbuch statt finden
könne. Und ist das Lehrbuch gar ein stehender Arti-
kel, -- da ist er allerdings eine res sac[ - 1 Zeichen fehlt]a! -- Das
war vor Zeiten auch so die Maxime der Jesuiten-Schu-
len! Ja, irgendwo lieset ein sehr ansehnlicher Mann
über ein sehr unansehnliches Compendium, blos, um
den Verleger desselben -- freilich nach dem Sprichworte:
die eine Hand wäscht die andere -- seine starke Auflage
unterbringen zu helfen, wozu sonst nach dem Abster-
ben des Verfassers wenig Hoffnung gewesen wäre. --
Eine merkantilische Art von den Hindernissen der Auf-
klärung, die man nicht genug zu beachten scheint.

Ich ging hierauf zum Direktor, erzaͤhlte ihm
den Vorfall und bat: er moͤchte mir, im Fall er
meiner ſich ferner bedienen wollte, eine Stunde auf
der lateiniſchen Schule anweiſen. Das Kollegium
uͤber Rambach ſey fuͤr mich eine arge Poͤnitenz.
Freilingshauſen laͤchelte und einige Tage hernach er-
hielt ich die dritte griechiſche und zweite hebraͤiſche
Klaſſe.

In der dritten griechiſchen Klaſſe las man da-
mals noch, nach der gewoͤhnlichen Unart, nichts als
das Neue Teſtament q), ein Buch, das ſich eben ſo
gut zum Geiechiſch-Lernen ſchickt, als das Brevia-
rium
oder Miſſale Romanum zum Latein-Lernen.
Ich bat meine mir gewiß ſehr ergebenen Schul[ – 2 Zeichen fehlen]
doch die vom Herrn Prof. Schulze herausgegebe-

q) Lehranſtalten mit Buchhandlungen verbunden, haben
gewoͤhnlich dieſen Nachtheil: da muß erſt die Auflage
vergriffen ſeyn, ehe ein beſſeres Lehrbuch ſtatt finden
koͤnne. Und iſt das Lehrbuch gar ein ſtehender Arti-
kel, — da iſt er allerdings eine res ſac[ – 1 Zeichen fehlt]a! — Das
war vor Zeiten auch ſo die Maxime der Jeſuiten-Schu-
len! Ja, irgendwo lieſet ein ſehr anſehnlicher Mann
uͤber ein ſehr unanſehnliches Compendium, blos, um
den Verleger deſſelben — freilich nach dem Sprichworte:
die eine Hand waͤſcht die andere — ſeine ſtarke Auflage
unterbringen zu helfen, wozu ſonſt nach dem Abſter-
ben des Verfaſſers wenig Hoffnung geweſen waͤre. —
Eine merkantiliſche Art von den Hinderniſſen der Auf-
klaͤrung, die man nicht genug zu beachten ſcheint.
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[96/0098] Ich ging hierauf zum Direktor, erzaͤhlte ihm den Vorfall und bat: er moͤchte mir, im Fall er meiner ſich ferner bedienen wollte, eine Stunde auf der lateiniſchen Schule anweiſen. Das Kollegium uͤber Rambach ſey fuͤr mich eine arge Poͤnitenz. Freilingshauſen laͤchelte und einige Tage hernach er- hielt ich die dritte griechiſche und zweite hebraͤiſche Klaſſe. In der dritten griechiſchen Klaſſe las man da- mals noch, nach der gewoͤhnlichen Unart, nichts als das Neue Teſtament q), ein Buch, das ſich eben ſo gut zum Geiechiſch-Lernen ſchickt, als das Brevia- rium oder Miſſale Romanum zum Latein-Lernen. Ich bat meine mir gewiß ſehr ergebenen Schul__ doch die vom Herrn Prof. Schulze herausgegebe- q) Lehranſtalten mit Buchhandlungen verbunden, haben gewoͤhnlich dieſen Nachtheil: da muß erſt die Auflage vergriffen ſeyn, ehe ein beſſeres Lehrbuch ſtatt finden koͤnne. Und iſt das Lehrbuch gar ein ſtehender Arti- kel, — da iſt er allerdings eine res ſac_a! — Das war vor Zeiten auch ſo die Maxime der Jeſuiten-Schu- len! Ja, irgendwo lieſet ein ſehr anſehnlicher Mann uͤber ein ſehr unanſehnliches Compendium, blos, um den Verleger deſſelben — freilich nach dem Sprichworte: die eine Hand waͤſcht die andere — ſeine ſtarke Auflage unterbringen zu helfen, wozu ſonſt nach dem Abſter- ben des Verfaſſers wenig Hoffnung geweſen waͤre. — Eine merkantiliſche Art von den Hinderniſſen der Auf- klaͤrung, die man nicht genug zu beachten ſcheint.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/98>, abgerufen am 24.11.2024.