Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Felix, qui propriis aevum transegit in arvis
Quemque domus juvenem vidit et ipsa senem.

E[ - 3 Zeichen fehlen]t e[ - 1 Zeichen fehlt] extremos alter scrutetur Ibe[r]os;
Plus habet hic vitae, plus habet ille viae.

Mein Vater hatte gegen meine Reise vieles einzu-
wenden, besonders dies: daß es nicht fein wäre,
mich dem Baron durch unnöthige Ausgaben für mich
noch verbindlicher zu machen. Allein da sowohl ich
als der Baron mit Bitten nicht nachliessen, so gab er
endlich nach, und versah mich mit Geld, daß ich auch
ohne F...s Beutel die Reise vollenden konnte.

Unter Wegs fiel nichts vor, das verdiente auf-
gezeichnet zu werden. Das Lotharingische Volk un-
[t]erscheidet sich von den übrigen Franzosen durch seinen
Haß gegen die Französische Regierung und durch sei-
ne Freundschaft für die Deutschen: wenigstens habe
ich das so getroffen. Sonst ist die Nation äusserst
hart katholisch, und das liebliche Fratzenbuch Anne
sainte
(das heilige Jahr) liegt auf allen Tischen und
wird häufig gebraucht. Die Kirchen in Metz sind
den ganzen Tag über voll -- des Morgens zur
Messe und des Nachmittags zur Vesper. Von Wall-
fahrten und Processionen halten die Lotharinger auch
sehr viel. Ich gab mich hier zu Lande für einen
Pfälzischen Förster aus.

Unser Fräulein erhielt gleich bei unserer Ankunft
von unserm Daseyn Nachricht, und lud uns auch

Felix, qui propriis aevum tranſegit in arvis
Quemque domus juvenem vidit et ipſa ſenem.

E[ – 3 Zeichen fehlen]t e[ – 1 Zeichen fehlt] extremos alter ſcrutetur Ibe[r]os;
Plus habet hic vitae, plus habet ille viae.

Mein Vater hatte gegen meine Reiſe vieles einzu-
wenden, beſonders dies: daß es nicht fein waͤre,
mich dem Baron durch unnoͤthige Ausgaben fuͤr mich
noch verbindlicher zu machen. Allein da ſowohl ich
als der Baron mit Bitten nicht nachlieſſen, ſo gab er
endlich nach, und verſah mich mit Geld, daß ich auch
ohne F...s Beutel die Reiſe vollenden konnte.

Unter Wegs fiel nichts vor, das verdiente auf-
gezeichnet zu werden. Das Lotharingiſche Volk un-
[t]erſcheidet ſich von den uͤbrigen Franzoſen durch ſeinen
Haß gegen die Franzoͤſiſche Regierung und durch ſei-
ne Freundſchaft fuͤr die Deutſchen: wenigſtens habe
ich das ſo getroffen. Sonſt iſt die Nation aͤuſſerſt
hart katholiſch, und das liebliche Fratzenbuch Anné
ſainte
(das heilige Jahr) liegt auf allen Tiſchen und
wird haͤufig gebraucht. Die Kirchen in Metz ſind
den ganzen Tag uͤber voll — des Morgens zur
Meſſe und des Nachmittags zur Veſper. Von Wall-
fahrten und Proceſſionen halten die Lotharinger auch
ſehr viel. Ich gab mich hier zu Lande fuͤr einen
Pfaͤlziſchen Foͤrſter aus.

Unſer Fraͤulein erhielt gleich bei unſerer Ankunft
von unſerm Daſeyn Nachricht, und lud uns auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0060" n="58"/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Felix, qui propriis aevum tran&#x017F;egit in arvis<lb/>
Quemque domus juvenem vidit et ip&#x017F;a &#x017F;enem.</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">E<gap unit="chars" quantity="3"/>t e<gap unit="chars" quantity="1"/> extremos alter &#x017F;crutetur Ibe<supplied>r</supplied>os;<lb/>
Plus habet hic vitae, plus habet ille viae.</hi> </hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Mein Vater hatte gegen meine Rei&#x017F;e vieles einzu-<lb/>
wenden, be&#x017F;onders dies: daß es nicht fein wa&#x0364;re,<lb/>
mich dem Baron durch unno&#x0364;thige Ausgaben fu&#x0364;r mich<lb/>
noch verbindlicher zu machen. Allein da &#x017F;owohl ich<lb/>
als der Baron mit Bitten nicht nachlie&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o gab er<lb/>
endlich nach, und ver&#x017F;ah mich mit Geld, daß ich auch<lb/>
ohne F...s Beutel die Rei&#x017F;e vollenden konnte.</p><lb/>
        <p>Unter Wegs fiel nichts vor, das verdiente auf-<lb/>
gezeichnet zu werden. Das Lotharingi&#x017F;che Volk un-<lb/><supplied>t</supplied>er&#x017F;cheidet &#x017F;ich von den u&#x0364;brigen Franzo&#x017F;en durch &#x017F;einen<lb/>
Haß gegen die Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Regierung und durch &#x017F;ei-<lb/>
ne Freund&#x017F;chaft fu&#x0364;r die Deut&#x017F;chen: wenig&#x017F;tens habe<lb/>
ich das &#x017F;o getroffen. Son&#x017F;t i&#x017F;t die Nation a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t<lb/>
hart katholi&#x017F;ch, und das liebliche Fratzenbuch <hi rendition="#aq">Anné<lb/>
&#x017F;ainte</hi> (das heilige Jahr) liegt auf allen Ti&#x017F;chen und<lb/>
wird ha&#x0364;ufig gebraucht. Die Kirchen in Metz &#x017F;ind<lb/>
den ganzen Tag u&#x0364;ber voll &#x2014; des Morgens zur<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;e und des Nachmittags zur Ve&#x017F;per. Von Wall-<lb/>
fahrten und Proce&#x017F;&#x017F;ionen halten die Lotharinger auch<lb/>
&#x017F;ehr viel. Ich gab mich hier zu Lande fu&#x0364;r einen<lb/>
Pfa&#x0364;lzi&#x017F;chen Fo&#x0364;r&#x017F;ter aus.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er Fra&#x0364;ulein erhielt gleich bei un&#x017F;erer Ankunft<lb/>
von un&#x017F;erm Da&#x017F;eyn Nachricht, und lud uns auch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0060] Felix, qui propriis aevum tranſegit in arvis Quemque domus juvenem vidit et ipſa ſenem. E___t e_ extremos alter ſcrutetur Iberos; Plus habet hic vitae, plus habet ille viae. Mein Vater hatte gegen meine Reiſe vieles einzu- wenden, beſonders dies: daß es nicht fein waͤre, mich dem Baron durch unnoͤthige Ausgaben fuͤr mich noch verbindlicher zu machen. Allein da ſowohl ich als der Baron mit Bitten nicht nachlieſſen, ſo gab er endlich nach, und verſah mich mit Geld, daß ich auch ohne F...s Beutel die Reiſe vollenden konnte. Unter Wegs fiel nichts vor, das verdiente auf- gezeichnet zu werden. Das Lotharingiſche Volk un- terſcheidet ſich von den uͤbrigen Franzoſen durch ſeinen Haß gegen die Franzoͤſiſche Regierung und durch ſei- ne Freundſchaft fuͤr die Deutſchen: wenigſtens habe ich das ſo getroffen. Sonſt iſt die Nation aͤuſſerſt hart katholiſch, und das liebliche Fratzenbuch Anné ſainte (das heilige Jahr) liegt auf allen Tiſchen und wird haͤufig gebraucht. Die Kirchen in Metz ſind den ganzen Tag uͤber voll — des Morgens zur Meſſe und des Nachmittags zur Veſper. Von Wall- fahrten und Proceſſionen halten die Lotharinger auch ſehr viel. Ich gab mich hier zu Lande fuͤr einen Pfaͤlziſchen Foͤrſter aus. Unſer Fraͤulein erhielt gleich bei unſerer Ankunft von unſerm Daſeyn Nachricht, und lud uns auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/60
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/60>, abgerufen am 22.11.2024.