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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Gott, Behagen an dem, was mich unglücklich ge-
macht hat! was mich jezt mit der bittersten Reue
züchtiget, was mir gewiß immer zur quälendsten Zu-
rückerinnerung dienen wird! O, es war keine
Kleinigkeit, da im Studenten-Ton zu schildern, wo
gepreßter Kummer mein Herz oft zerriß, und mich
zuweilen, vorzüglich bei Nachrichten über meinen
biedern, edeln Vater, nöthigte, die Feder hinzule-
gen, um mein Inneres zu lüften! Es ist etwas
Schröckliches um ein Gespenst in der Seele! --

Und daher Du, Jüngling, mit feuriger, rascher
Seele, der Du vielleicht auf eben dem Pfade herum-
schlüpfst, auf dem mich -- das Unglück erhascht und
zum Sklaven meines Irrsinns gemacht hat, Dich
beschwöre ich bei Allem, was Dir lieb ist, fasse
meine Geschichte recht ins Auge, entkleide sie von
ihrem studentischen Vehikel, erwäge meine Fehltritte
Schritt für Schritt -- vorgezeichnet sind sie getreu
und lebhaft genug dazu -- führe sie auf ihre Ursa-
chen zurück, betrachte ihre Folgen für mich, die Mei-
nen und den Stand, für den ich zunächst bestimmt
war: -- und schaudert Dich dann vor dem Stand-
ort, worauf Du mich endlich in der blauen Uniform
erblickst: -- dann, Freund, geh ein wenig ich Dich!
dann denke: -- So gehts, wenn man leichtsinnig
in den Tag hineinlebt, wenn man sich an Renommi-

Gott, Behagen an dem, was mich ungluͤcklich ge-
macht hat! was mich jezt mit der bitterſten Reue
zuͤchtiget, was mir gewiß immer zur quaͤlendſten Zu-
ruͤckerinnerung dienen wird! O, es war keine
Kleinigkeit, da im Studenten-Ton zu ſchildern, wo
gepreßter Kummer mein Herz oft zerriß, und mich
zuweilen, vorzuͤglich bei Nachrichten uͤber meinen
biedern, edeln Vater, noͤthigte, die Feder hinzule-
gen, um mein Inneres zu luͤften! Es iſt etwas
Schroͤckliches um ein Geſpenſt in der Seele! —

Und daher Du, Juͤngling, mit feuriger, raſcher
Seele, der Du vielleicht auf eben dem Pfade herum-
ſchluͤpfſt, auf dem mich — das Ungluͤck erhaſcht und
zum Sklaven meines Irrſinns gemacht hat, Dich
beſchwoͤre ich bei Allem, was Dir lieb iſt, faſſe
meine Geſchichte recht ins Auge, entkleide ſie von
ihrem ſtudentiſchen Vehikel, erwaͤge meine Fehltritte
Schritt fuͤr Schritt — vorgezeichnet ſind ſie getreu
und lebhaft genug dazu — fuͤhre ſie auf ihre Urſa-
chen zuruͤck, betrachte ihre Folgen fuͤr mich, die Mei-
nen und den Stand, fuͤr den ich zunaͤchſt beſtimmt
war: — und ſchaudert Dich dann vor dem Stand-
ort, worauf Du mich endlich in der blauen Uniform
erblickſt: — dann, Freund, geh ein wenig ich Dich!
dann denke: — So gehts, wenn man leichtſinnig
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[509[511]/0513] Gott, Behagen an dem, was mich ungluͤcklich ge- macht hat! was mich jezt mit der bitterſten Reue zuͤchtiget, was mir gewiß immer zur quaͤlendſten Zu- ruͤckerinnerung dienen wird! O, es war keine Kleinigkeit, da im Studenten-Ton zu ſchildern, wo gepreßter Kummer mein Herz oft zerriß, und mich zuweilen, vorzuͤglich bei Nachrichten uͤber meinen biedern, edeln Vater, noͤthigte, die Feder hinzule- gen, um mein Inneres zu luͤften! Es iſt etwas Schroͤckliches um ein Geſpenſt in der Seele! — Und daher Du, Juͤngling, mit feuriger, raſcher Seele, der Du vielleicht auf eben dem Pfade herum- ſchluͤpfſt, auf dem mich — das Ungluͤck erhaſcht und zum Sklaven meines Irrſinns gemacht hat, Dich beſchwoͤre ich bei Allem, was Dir lieb iſt, faſſe meine Geſchichte recht ins Auge, entkleide ſie von ihrem ſtudentiſchen Vehikel, erwaͤge meine Fehltritte Schritt fuͤr Schritt — vorgezeichnet ſind ſie getreu und lebhaft genug dazu — fuͤhre ſie auf ihre Urſa- chen zuruͤck, betrachte ihre Folgen fuͤr mich, die Mei- nen und den Stand, fuͤr den ich zunaͤchſt beſtimmt war: — und ſchaudert Dich dann vor dem Stand- ort, worauf Du mich endlich in der blauen Uniform erblickſt: — dann, Freund, geh ein wenig ich Dich! dann denke: — So gehts, wenn man leichtſinnig in den Tag hineinlebt, wenn man ſich an Renommi-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 509[511]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/513>, abgerufen am 22.07.2024.