Herr D.Bahrdt hatte im Jahr 1790 angefan- gen, seine Lebensbeschreibung herauszugeben. Anfäng- lich sollte Herr Pott in Leipzig die Materialien dazu von ihm erhalten, und sie nach Belieben bearbeiten, wie Herr D. Bahrdt es selbst mit diesem verabredet hatte: beide Herren, die sonst so Herzensfreunde ge- wesen waren, entzweiten sich aber, und nun über- nahm Bahrdt selbst diese Arbeit. Er bewerkstelligte sie im Gefängnisse zu Magdeburg, worein er wegen des berüchtigten Dramas, das Religionsedikt benannt, 1789 gesteckt wurde. Jederman war be- gierig, das Leben eines Gelehrten zu lesen, welcher in der Welt so viele und so mancherlei Rollen gespielt hatte. Allein schon beim ersten Bande fanden sich manche Abweichungen von der historischen Wahrheit, nebst Verdrehung und Verfälschung der Begebenhei- ten, und Mangel an Nachrichten über gewisse Ge- schichten, welche der Doktor für gut gefunden hatte auszulassen, um vor dem Publikum durchaus in ei- nem vortheilhaften Lichte zu erscheinen. Die Bahrd- tische Biographie ist immer ein Meisterstück von ei-
Vierzigſtes Kapitel.
Haͤndel mitD.Bahrdt und Dreyſſig.
Herr D.Bahrdt hatte im Jahr 1790 angefan- gen, ſeine Lebensbeſchreibung herauszugeben. Anfaͤng- lich ſollte Herr Pott in Leipzig die Materialien dazu von ihm erhalten, und ſie nach Belieben bearbeiten, wie Herr D. Bahrdt es ſelbſt mit dieſem verabredet hatte: beide Herren, die ſonſt ſo Herzensfreunde ge- weſen waren, entzweiten ſich aber, und nun uͤber- nahm Bahrdt ſelbſt dieſe Arbeit. Er bewerkſtelligte ſie im Gefaͤngniſſe zu Magdeburg, worein er wegen des beruͤchtigten Dramas, das Religionsedikt benannt, 1789 geſteckt wurde. Jederman war be- gierig, das Leben eines Gelehrten zu leſen, welcher in der Welt ſo viele und ſo mancherlei Rollen geſpielt hatte. Allein ſchon beim erſten Bande fanden ſich manche Abweichungen von der hiſtoriſchen Wahrheit, nebſt Verdrehung und Verfaͤlſchung der Begebenhei- ten, und Mangel an Nachrichten uͤber gewiſſe Ge- ſchichten, welche der Doktor fuͤr gut gefunden hatte auszulaſſen, um vor dem Publikum durchaus in ei- nem vortheilhaften Lichte zu erſcheinen. Die Bahrd- tiſche Biographie iſt immer ein Meiſterſtuͤck von ei-
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Vierzigſtes Kapitel.
Haͤndel mit D. Bahrdt und Dreyſſig.
Herr D. Bahrdt hatte im Jahr 1790 angefan-
gen, ſeine Lebensbeſchreibung herauszugeben. Anfaͤng-
lich ſollte Herr Pott in Leipzig die Materialien dazu
von ihm erhalten, und ſie nach Belieben bearbeiten,
wie Herr D. Bahrdt es ſelbſt mit dieſem verabredet
hatte: beide Herren, die ſonſt ſo Herzensfreunde ge-
weſen waren, entzweiten ſich aber, und nun uͤber-
nahm Bahrdt ſelbſt dieſe Arbeit. Er bewerkſtelligte
ſie im Gefaͤngniſſe zu Magdeburg, worein er wegen
des beruͤchtigten Dramas, das Religionsedikt
benannt, 1789 geſteckt wurde. Jederman war be-
gierig, das Leben eines Gelehrten zu leſen, welcher
in der Welt ſo viele und ſo mancherlei Rollen geſpielt
hatte. Allein ſchon beim erſten Bande fanden ſich
manche Abweichungen von der hiſtoriſchen Wahrheit,
nebſt Verdrehung und Verfaͤlſchung der Begebenhei-
ten, und Mangel an Nachrichten uͤber gewiſſe Ge-
ſchichten, welche der Doktor fuͤr gut gefunden hatte
auszulaſſen, um vor dem Publikum durchaus in ei-
nem vortheilhaften Lichte zu erſcheinen. Die Bahrd-
tiſche Biographie iſt immer ein Meiſterſtuͤck von ei-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 481[483]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/485>, abgerufen am 25.11.2024.
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