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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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waren mir ganz gut bekannt -- allein wie hatte ich
gelesen? -- blos um zu lernen, oder um mich zu
zerstreuen! Ich wußte und kannte keinen andern
Zweck der Lektüre, als Lernen oder Zeitvertreib: an
individuelle moralische Anwendung des Gelesenen
hatte ich noch nicht gedacht: ja, wenn ich das be-
kannte aut prodesse aut delectare hätte vorhin er-
klären sollen, so hätte ich jenes vom Nützen durch
Lehren oder Lernen, dieses vom Unterhalten erklärt.
Aber nach und nach änderte sich auch hierin meine
Einsicht, so wie mein Geschmack: ich fing an, syste-
matisch zu lesen, und wählte hierzu Bücher, die mei-
nen intellectuellen und moralischen Umständen und
Bedürfnissen angemessen waren, oder vielmehr --
warum sollt ichs nicht sagen? -- gab mir Herr
Bispink eine solche Lektüre an die Hand, und
theilte mir die Bücher und Journale aus seiner Lese-
bibliothek dazu mit m). Es versteht sich schon, daß

m) Es giebt mehrere Lese-Anstalten in Halle, welche aber
außer ihrer allerhöchsten Unvollständigkeit, indem sie die
guten Schriften unsrer Zeit gar nicht haben, noch mit
den schädlichsten pöbelhaftesten Fratzen angefällt sind.
Da findet man, wie ich schon einmal erwähnt habe,
die abscheulichsten Produkte unsrer unmoralischen faden
Skribaxen in Menge. Der unbesonnene leichtsinnige
Leser greift freilich am ersten nach solchem Sauzeug,
leidet aber großen Schaden für jetzt und für die Zukunft.
Ich spreche aus Erfahrung.

waren mir ganz gut bekannt — allein wie hatte ich
geleſen? — blos um zu lernen, oder um mich zu
zerſtreuen! Ich wußte und kannte keinen andern
Zweck der Lektuͤre, als Lernen oder Zeitvertreib: an
individuelle moraliſche Anwendung des Geleſenen
hatte ich noch nicht gedacht: ja, wenn ich das be-
kannte aut prodeſſe aut delectare haͤtte vorhin er-
klaͤren ſollen, ſo haͤtte ich jenes vom Nuͤtzen durch
Lehren oder Lernen, dieſes vom Unterhalten erklaͤrt.
Aber nach und nach aͤnderte ſich auch hierin meine
Einſicht, ſo wie mein Geſchmack: ich fing an, ſyſte-
matiſch zu leſen, und waͤhlte hierzu Buͤcher, die mei-
nen intellectuellen und moraliſchen Umſtaͤnden und
Beduͤrfniſſen angemeſſen waren, oder vielmehr —
warum ſollt ichs nicht ſagen? — gab mir Herr
Bispink eine ſolche Lektuͤre an die Hand, und
theilte mir die Buͤcher und Journale aus ſeiner Leſe-
bibliothek dazu mit m). Es verſteht ſich ſchon, daß

m) Es giebt mehrere Leſe-Anſtalten in Halle, welche aber
außer ihrer allerhoͤchſten Unvollſtaͤndigkeit, indem ſie die
guten Schriften unſrer Zeit gar nicht haben, noch mit
den ſchaͤdlichſten poͤbelhafteſten Fratzen angefaͤllt ſind.
Da findet man, wie ich ſchon einmal erwaͤhnt habe,
die abſcheulichſten Produkte unſrer unmoraliſchen faden
Skribaxen in Menge. Der unbeſonnene leichtſinnige
Leſer greift freilich am erſten nach ſolchem Sauzeug,
leidet aber großen Schaden fuͤr jetzt und fuͤr die Zukunft.
Ich ſpreche aus Erfahrung.
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[469[471]/0473] waren mir ganz gut bekannt — allein wie hatte ich geleſen? — blos um zu lernen, oder um mich zu zerſtreuen! Ich wußte und kannte keinen andern Zweck der Lektuͤre, als Lernen oder Zeitvertreib: an individuelle moraliſche Anwendung des Geleſenen hatte ich noch nicht gedacht: ja, wenn ich das be- kannte aut prodeſſe aut delectare haͤtte vorhin er- klaͤren ſollen, ſo haͤtte ich jenes vom Nuͤtzen durch Lehren oder Lernen, dieſes vom Unterhalten erklaͤrt. Aber nach und nach aͤnderte ſich auch hierin meine Einſicht, ſo wie mein Geſchmack: ich fing an, ſyſte- matiſch zu leſen, und waͤhlte hierzu Buͤcher, die mei- nen intellectuellen und moraliſchen Umſtaͤnden und Beduͤrfniſſen angemeſſen waren, oder vielmehr — warum ſollt ichs nicht ſagen? — gab mir Herr Bispink eine ſolche Lektuͤre an die Hand, und theilte mir die Buͤcher und Journale aus ſeiner Leſe- bibliothek dazu mit m). Es verſteht ſich ſchon, daß m) Es giebt mehrere Leſe-Anſtalten in Halle, welche aber außer ihrer allerhoͤchſten Unvollſtaͤndigkeit, indem ſie die guten Schriften unſrer Zeit gar nicht haben, noch mit den ſchaͤdlichſten poͤbelhafteſten Fratzen angefaͤllt ſind. Da findet man, wie ich ſchon einmal erwaͤhnt habe, die abſcheulichſten Produkte unſrer unmoraliſchen faden Skribaxen in Menge. Der unbeſonnene leichtſinnige Leſer greift freilich am erſten nach ſolchem Sauzeug, leidet aber großen Schaden fuͤr jetzt und fuͤr die Zukunft. Ich ſpreche aus Erfahrung.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 469[471]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/473>, abgerufen am 25.11.2024.