Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

immer: Pasenow machte auf, und sprach anzüglich:
ich antwortete eben so, und legte mich, nachdem wir
wir uns tüchtig herum gekampelt hatten, schlafen.
Früh ging ich auf den Hof, mit der brennenden
Pfeife, welches in Berlin gar sehr scharf, und das
mit Recht, verbothen ist: ich dachte gerade nicht ans
Verboth. Pasenow hatte demnach gute Gelegenheit,
mit mir rechtscheinlich anzubinden, und mir das Rau-
chen auf seinem Hof zu verbieten. Hierbei nahm er
sich aber so brutal, daß ich ihn nicht nur einen Fle-
gel, Esel u. dgl. schalt, sondern auch, da er Anstalt
machte, mich zu maulschelliren, sogar ein Stück Holz
ergriff, und ihn damit bis in seine Wohnstube fort-
trieb. Er verrammelte indeß die Thüre, und seine
Madam fing ein so höllisches Zetergeschrei an, daß
alle Leute im Hause zusammenliefen. Ich ging ruhig
in mein Souterän. Pasenow lief zum Hauptmann,
und was sollte der anders thun, als mich in Arrest
schicken? Ich kam wirklich auf die Hauptwache, wo
ich aber einen Leutenant von dem Kalksteinischen Re-
gimente antraf, der mir sehr artig begegnete. Er
sprach Latein, denn er hatte studiert, und verstand
Mathematik und Geschichte. Sein Name ist mir
entfallen: es war aber ein kreuzbraver Mann! Da
konnte ich wohl sitzen in so guter Gesellschaft! Ohn-
gefähr zwölf Stunden hernach kam ich los, und er-
hielt mein Quartier beim Schuster Kirchner in

immer: Paſenow machte auf, und ſprach anzuͤglich:
ich antwortete eben ſo, und legte mich, nachdem wir
wir uns tuͤchtig herum gekampelt hatten, ſchlafen.
Fruͤh ging ich auf den Hof, mit der brennenden
Pfeife, welches in Berlin gar ſehr ſcharf, und das
mit Recht, verbothen iſt: ich dachte gerade nicht ans
Verboth. Paſenow hatte demnach gute Gelegenheit,
mit mir rechtſcheinlich anzubinden, und mir das Rau-
chen auf ſeinem Hof zu verbieten. Hierbei nahm er
ſich aber ſo brutal, daß ich ihn nicht nur einen Fle-
gel, Eſel u. dgl. ſchalt, ſondern auch, da er Anſtalt
machte, mich zu maulſchelliren, ſogar ein Stuͤck Holz
ergriff, und ihn damit bis in ſeine Wohnſtube fort-
trieb. Er verrammelte indeß die Thuͤre, und ſeine
Madam fing ein ſo hoͤlliſches Zetergeſchrei an, daß
alle Leute im Hauſe zuſammenliefen. Ich ging ruhig
in mein Souteraͤn. Paſenow lief zum Hauptmann,
und was ſollte der anders thun, als mich in Arreſt
ſchicken? Ich kam wirklich auf die Hauptwache, wo
ich aber einen Leutenant von dem Kalkſteiniſchen Re-
gimente antraf, der mir ſehr artig begegnete. Er
ſprach Latein, denn er hatte ſtudiert, und verſtand
Mathematik und Geſchichte. Sein Name iſt mir
entfallen: es war aber ein kreuzbraver Mann! Da
konnte ich wohl ſitzen in ſo guter Geſellſchaft! Ohn-
gefaͤhr zwoͤlf Stunden hernach kam ich los, und er-
hielt mein Quartier beim Schuſter Kirchner in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0462" n="458[460]"/>
immer: Pa&#x017F;enow machte auf, und &#x017F;prach anzu&#x0364;glich:<lb/>
ich antwortete eben &#x017F;o, und legte mich, nachdem wir<lb/>
wir uns tu&#x0364;chtig herum gekampelt hatten, &#x017F;chlafen.<lb/>
Fru&#x0364;h ging ich auf den Hof, mit der brennenden<lb/>
Pfeife, welches in Berlin gar &#x017F;ehr &#x017F;charf, und das<lb/>
mit Recht, verbothen i&#x017F;t: ich dachte gerade nicht ans<lb/>
Verboth. Pa&#x017F;enow hatte demnach gute Gelegenheit,<lb/>
mit mir recht&#x017F;cheinlich anzubinden, und mir das Rau-<lb/>
chen auf &#x017F;einem Hof zu verbieten. Hierbei nahm er<lb/>
&#x017F;ich aber &#x017F;o brutal, daß ich ihn nicht nur einen Fle-<lb/>
gel, E&#x017F;el u. dgl. &#x017F;chalt, &#x017F;ondern auch, da er An&#x017F;talt<lb/>
machte, mich zu maul&#x017F;chelliren, &#x017F;ogar ein Stu&#x0364;ck Holz<lb/>
ergriff, und ihn damit bis in &#x017F;eine Wohn&#x017F;tube fort-<lb/>
trieb. Er verrammelte indeß die Thu&#x0364;re, und &#x017F;eine<lb/>
Madam fing ein &#x017F;o ho&#x0364;lli&#x017F;ches Zeterge&#x017F;chrei an, daß<lb/>
alle Leute im Hau&#x017F;e zu&#x017F;ammenliefen. Ich ging ruhig<lb/>
in mein Soutera&#x0364;n. Pa&#x017F;enow lief zum Hauptmann,<lb/>
und was &#x017F;ollte der anders thun, als mich in Arre&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chicken? Ich kam wirklich auf die Hauptwache, wo<lb/>
ich aber einen Leutenant von dem Kalk&#x017F;teini&#x017F;chen Re-<lb/>
gimente antraf, der mir &#x017F;ehr artig begegnete. Er<lb/>
&#x017F;prach Latein, denn er hatte &#x017F;tudiert, und ver&#x017F;tand<lb/>
Mathematik und Ge&#x017F;chichte. Sein Name i&#x017F;t mir<lb/>
entfallen: es war aber ein kreuzbraver Mann! Da<lb/>
konnte ich wohl &#x017F;itzen in &#x017F;o guter Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft! Ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr zwo&#x0364;lf Stunden hernach kam ich los, und er-<lb/>
hielt mein Quartier beim Schu&#x017F;ter <hi rendition="#g">Kirchner</hi> in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[458[460]/0462] immer: Paſenow machte auf, und ſprach anzuͤglich: ich antwortete eben ſo, und legte mich, nachdem wir wir uns tuͤchtig herum gekampelt hatten, ſchlafen. Fruͤh ging ich auf den Hof, mit der brennenden Pfeife, welches in Berlin gar ſehr ſcharf, und das mit Recht, verbothen iſt: ich dachte gerade nicht ans Verboth. Paſenow hatte demnach gute Gelegenheit, mit mir rechtſcheinlich anzubinden, und mir das Rau- chen auf ſeinem Hof zu verbieten. Hierbei nahm er ſich aber ſo brutal, daß ich ihn nicht nur einen Fle- gel, Eſel u. dgl. ſchalt, ſondern auch, da er Anſtalt machte, mich zu maulſchelliren, ſogar ein Stuͤck Holz ergriff, und ihn damit bis in ſeine Wohnſtube fort- trieb. Er verrammelte indeß die Thuͤre, und ſeine Madam fing ein ſo hoͤlliſches Zetergeſchrei an, daß alle Leute im Hauſe zuſammenliefen. Ich ging ruhig in mein Souteraͤn. Paſenow lief zum Hauptmann, und was ſollte der anders thun, als mich in Arreſt ſchicken? Ich kam wirklich auf die Hauptwache, wo ich aber einen Leutenant von dem Kalkſteiniſchen Re- gimente antraf, der mir ſehr artig begegnete. Er ſprach Latein, denn er hatte ſtudiert, und verſtand Mathematik und Geſchichte. Sein Name iſt mir entfallen: es war aber ein kreuzbraver Mann! Da konnte ich wohl ſitzen in ſo guter Geſellſchaft! Ohn- gefaͤhr zwoͤlf Stunden hernach kam ich los, und er- hielt mein Quartier beim Schuſter Kirchner in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/462
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 458[460]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/462>, abgerufen am 19.05.2024.