Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen,
lief hinzu und sagte: "Wohin mein Herr?

Der Kavalerist: Spatziren!

Der Wirth: Die Mamsell geht nicht spa-
tziren!

Der Kavalerist: Warum denn nicht? --
Ich will sehen, wer ihrs wehren soll!

Der Wirth: Sie soll nun nicht! (will sie
wegreißen).

Ein andrer Kavalerist: Kerl reise, oder
der Teufel soll dich frikassiren! (schleudert ihn weg).

Der Wirth setzte sein loses Maul fort; bekam
aber derbe Rippenstöße: der Kavalerist und einige
andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und
Meister Maquerau hatte das Nachsehen. Er sprach
zwar viel von Räubereien, drohte mit Verklagen;
aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur
nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja
nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen
ging nach der Neustadt, zu einer alten Frau, mit
der sie bekannt war, und begab sich hernach, wie
ich gehört habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel-
leicht ist sie auf den Weg der Tugend zurück ge-
kehrt, und wenn das ist, so haben wir ein gutes
Werk gethan.

Um den reumüthigen Mädchen es unmöglich
zu machen, ihr schändliches Gewerbe zu verlassen,

mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen,
lief hinzu und ſagte: „Wohin mein Herr?

Der Kavaleriſt: Spatziren!

Der Wirth: Die Mamſell geht nicht ſpa-
tziren!

Der Kavaleriſt: Warum denn nicht? —
Ich will ſehen, wer ihrs wehren ſoll!

Der Wirth: Sie ſoll nun nicht! (will ſie
wegreißen).

Ein andrer Kavaleriſt: Kerl reiſe, oder
der Teufel ſoll dich frikaſſiren! (ſchleudert ihn weg).

Der Wirth ſetzte ſein loſes Maul fort; bekam
aber derbe Rippenſtoͤße: der Kavaleriſt und einige
andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und
Meiſter Maquerau hatte das Nachſehen. Er ſprach
zwar viel von Raͤubereien, drohte mit Verklagen;
aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur
nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja
nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen
ging nach der Neuſtadt, zu einer alten Frau, mit
der ſie bekannt war, und begab ſich hernach, wie
ich gehoͤrt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel-
leicht iſt ſie auf den Weg der Tugend zuruͤck ge-
kehrt, und wenn das iſt, ſo haben wir ein gutes
Werk gethan.

Um den reumuͤthigen Maͤdchen es unmoͤglich
zu machen, ihr ſchaͤndliches Gewerbe zu verlaſſen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0424" n="420[422]"/>
mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen,<lb/>
lief hinzu und &#x017F;agte: &#x201E;Wohin mein Herr?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Der Kavaleri&#x017F;t</hi>: Spatziren!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Der Wirth</hi>: Die Mam&#x017F;ell geht nicht &#x017F;pa-<lb/>
tziren!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Der Kavaleri&#x017F;t</hi>: Warum denn nicht? &#x2014;<lb/>
Ich will &#x017F;ehen, wer ihrs wehren &#x017F;oll!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Der Wirth</hi>: Sie &#x017F;oll nun nicht! (will &#x017F;ie<lb/>
wegreißen).</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ein andrer Kavaleri&#x017F;t</hi>: Kerl rei&#x017F;e, oder<lb/>
der Teufel &#x017F;oll dich frika&#x017F;&#x017F;iren! (&#x017F;chleudert ihn weg).</p><lb/>
        <p>Der Wirth &#x017F;etzte &#x017F;ein lo&#x017F;es Maul fort; bekam<lb/>
aber derbe Rippen&#x017F;to&#x0364;ße: der Kavaleri&#x017F;t und einige<lb/>
andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und<lb/>
Mei&#x017F;ter Maquerau hatte das Nach&#x017F;ehen. Er &#x017F;prach<lb/>
zwar viel von Ra&#x0364;ubereien, drohte mit Verklagen;<lb/>
aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur<lb/>
nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja<lb/>
nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen<lb/>
ging nach der Neu&#x017F;tadt, zu einer alten Frau, mit<lb/>
der &#x017F;ie bekannt war, und begab &#x017F;ich hernach, wie<lb/>
ich geho&#x0364;rt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel-<lb/>
leicht i&#x017F;t &#x017F;ie auf den Weg der Tugend zuru&#x0364;ck ge-<lb/>
kehrt, und wenn das i&#x017F;t, &#x017F;o haben wir ein gutes<lb/>
Werk gethan.</p><lb/>
        <p>Um den reumu&#x0364;thigen Ma&#x0364;dchen es unmo&#x0364;glich<lb/>
zu machen, ihr &#x017F;cha&#x0364;ndliches Gewerbe zu verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420[422]/0424] mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen, lief hinzu und ſagte: „Wohin mein Herr? Der Kavaleriſt: Spatziren! Der Wirth: Die Mamſell geht nicht ſpa- tziren! Der Kavaleriſt: Warum denn nicht? — Ich will ſehen, wer ihrs wehren ſoll! Der Wirth: Sie ſoll nun nicht! (will ſie wegreißen). Ein andrer Kavaleriſt: Kerl reiſe, oder der Teufel ſoll dich frikaſſiren! (ſchleudert ihn weg). Der Wirth ſetzte ſein loſes Maul fort; bekam aber derbe Rippenſtoͤße: der Kavaleriſt und einige andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und Meiſter Maquerau hatte das Nachſehen. Er ſprach zwar viel von Raͤubereien, drohte mit Verklagen; aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen ging nach der Neuſtadt, zu einer alten Frau, mit der ſie bekannt war, und begab ſich hernach, wie ich gehoͤrt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel- leicht iſt ſie auf den Weg der Tugend zuruͤck ge- kehrt, und wenn das iſt, ſo haben wir ein gutes Werk gethan. Um den reumuͤthigen Maͤdchen es unmoͤglich zu machen, ihr ſchaͤndliches Gewerbe zu verlaſſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/424
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 420[422]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/424>, abgerufen am 25.11.2024.