Auf diese Art müssen die theologischen Studen- ten in Strasburg kleinmüthig und niederträchtig wer- den. Ich wiederhole: die Beneficiar-Studirereien taugen überhaupt wenig; und wenns auch Exempel giebt, daß der eine oder andere Beneficiat ein großer Mann geworden ist; so sind doch gegen Ein solches Exempel allemal zehn andere vorhanden, welche be- weisen, daß nichts eher niederträchtig und schlecht und weggeworfen macht, als eben Beneficien. Der verstorbene Herr von La Roche, Vater des jezt noch in Berlin lebenden Majors dieses Namens, sagte einmal in einer Gesellschaft, wo ich zugegen war, beim Anblick eines Kandidaten: "der hat ge- wiß in Strasburg studirt; ich sehs an den Kompli- menten: denn gerade solche tiefe, demüthige Bück- linge fordern die Strasburger Philister."
Medicinische Studenten giebt es dort auch we- nig; aber desto mehr Barbiergesellen. Im Jahr 1780, wenn ich nicht irre, war ein großer Krieg in Strasburg zwischen den Medicinern und Barbie- rern; allein leztere siegten wegen ihrer Menge. Lobstein versagte hierauf den Ba[arb]ierern seine Kollegien, auch Spielmann und andere: allein der hochweise Magistrat zwang sie, nach wie vor den Bartphilosophen aufzuwarten. Ich habe auch bei damaliger Gelegenheit ein Pasquill gelesen: der gebrandmarkte Bartkratzer, betitelt. Sonst
Auf dieſe Art muͤſſen die theologiſchen Studen- ten in Strasburg kleinmuͤthig und niedertraͤchtig wer- den. Ich wiederhole: die Beneficiar-Studirereien taugen uͤberhaupt wenig; und wenns auch Exempel giebt, daß der eine oder andere Beneficiat ein großer Mann geworden iſt; ſo ſind doch gegen Ein ſolches Exempel allemal zehn andere vorhanden, welche be- weiſen, daß nichts eher niedertraͤchtig und ſchlecht und weggeworfen macht, als eben Beneficien. Der verſtorbene Herr von La Roche, Vater des jezt noch in Berlin lebenden Majors dieſes Namens, ſagte einmal in einer Geſellſchaft, wo ich zugegen war, beim Anblick eines Kandidaten: „der hat ge- wiß in Strasburg ſtudirt; ich ſehs an den Kompli- menten: denn gerade ſolche tiefe, demuͤthige Buͤck- linge fordern die Strasburger Philiſter.“
Mediciniſche Studenten giebt es dort auch we- nig; aber deſto mehr Barbiergeſellen. Im Jahr 1780, wenn ich nicht irre, war ein großer Krieg in Strasburg zwiſchen den Medicinern und Barbie- rern; allein leztere ſiegten wegen ihrer Menge. Lobſtein verſagte hierauf den Ba[arb]ierern ſeine Kollegien, auch Spielmann und andere: allein der hochweiſe Magiſtrat zwang ſie, nach wie vor den Bartphiloſophen aufzuwarten. Ich habe auch bei damaliger Gelegenheit ein Pasquill geleſen: der gebrandmarkte Bartkratzer, betitelt. Sonſt
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0041"n="39"/><p>Auf dieſe Art muͤſſen die theologiſchen Studen-<lb/>
ten in Strasburg kleinmuͤthig und niedertraͤchtig wer-<lb/>
den. Ich wiederhole: die Beneficiar-Studirereien<lb/>
taugen uͤberhaupt wenig; und wenns auch Exempel<lb/>
giebt, daß der eine oder andere Beneficiat ein großer<lb/>
Mann geworden iſt; ſo ſind doch gegen Ein ſolches<lb/>
Exempel allemal zehn andere vorhanden, welche be-<lb/>
weiſen, daß nichts eher niedertraͤchtig und ſchlecht<lb/>
und weggeworfen macht, als eben Beneficien. Der<lb/>
verſtorbene Herr von <hirendition="#g">La Roche</hi>, Vater des jezt<lb/>
noch in Berlin lebenden Majors dieſes Namens,<lb/>ſagte einmal in einer Geſellſchaft, wo ich zugegen<lb/>
war, beim Anblick eines Kandidaten: „der hat ge-<lb/>
wiß in Strasburg ſtudirt; ich ſehs an den Kompli-<lb/>
menten: denn gerade ſolche tiefe, demuͤthige Buͤck-<lb/>
linge fordern die Strasburger Philiſter.“</p><lb/><p>Mediciniſche Studenten giebt es dort auch we-<lb/>
nig; aber deſto mehr Barbiergeſellen. Im Jahr<lb/>
1780, wenn ich nicht irre, war ein großer Krieg in<lb/>
Strasburg zwiſchen den Medicinern und Barbie-<lb/>
rern; allein leztere ſiegten wegen ihrer Menge.<lb/><hirendition="#g">Lobſtein</hi> verſagte hierauf den Ba<supplied>arb</supplied>ierern ſeine<lb/>
Kollegien, auch <hirendition="#g">Spielmann</hi> und andere: allein<lb/>
der hochweiſe Magiſtrat zwang ſie, nach wie vor<lb/>
den Bartphiloſophen aufzuwarten. Ich habe auch<lb/>
bei damaliger Gelegenheit ein Pasquill geleſen: der<lb/><hirendition="#g">gebrandmarkte Bartkratzer</hi>, betitelt. Sonſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[39/0041]
Auf dieſe Art muͤſſen die theologiſchen Studen-
ten in Strasburg kleinmuͤthig und niedertraͤchtig wer-
den. Ich wiederhole: die Beneficiar-Studirereien
taugen uͤberhaupt wenig; und wenns auch Exempel
giebt, daß der eine oder andere Beneficiat ein großer
Mann geworden iſt; ſo ſind doch gegen Ein ſolches
Exempel allemal zehn andere vorhanden, welche be-
weiſen, daß nichts eher niedertraͤchtig und ſchlecht
und weggeworfen macht, als eben Beneficien. Der
verſtorbene Herr von La Roche, Vater des jezt
noch in Berlin lebenden Majors dieſes Namens,
ſagte einmal in einer Geſellſchaft, wo ich zugegen
war, beim Anblick eines Kandidaten: „der hat ge-
wiß in Strasburg ſtudirt; ich ſehs an den Kompli-
menten: denn gerade ſolche tiefe, demuͤthige Buͤck-
linge fordern die Strasburger Philiſter.“
Mediciniſche Studenten giebt es dort auch we-
nig; aber deſto mehr Barbiergeſellen. Im Jahr
1780, wenn ich nicht irre, war ein großer Krieg in
Strasburg zwiſchen den Medicinern und Barbie-
rern; allein leztere ſiegten wegen ihrer Menge.
Lobſtein verſagte hierauf den Baarbierern ſeine
Kollegien, auch Spielmann und andere: allein
der hochweiſe Magiſtrat zwang ſie, nach wie vor
den Bartphiloſophen aufzuwarten. Ich habe auch
bei damaliger Gelegenheit ein Pasquill geleſen: der
gebrandmarkte Bartkratzer, betitelt. Sonſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/41>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.