Mein Hauptmann, Hr. v. Mandelslohe -- der Major von Manteuffel war den Tag vor dem Ausmarsch aus Halle vom Regiment weg zu einem Depotbataillon versetzt worden, und Herr v. Mandelslohe hatte unsre Kompagnie erhalten -- logirte beim Hrn. Pastor. Dieser hatte von mir ge- hört, und wünschte mich zu sprechen. Das war mir schon recht: denn fremde Geistliche habe ich immer gern gesprochen: man sieht da oft seine Lust, wenn man so rechte Vorfechter aus der Schule des Pastor Götzen antrift. Aufgeklärte Männer darf man unter Professionisten dieser Art nicht erwarten, ob es gleich keine geringe Freude ist, einen hellen Kopf unter Leu- ten dieses Standes anzutreffen. Letzteres war bei dem Herrn Pastor zu Nowaweß der Fall nicht: er räson- nirte stark über den D. Bahrdt und Semler, welche er als Kompagnons ansah: Sehr gewogen war er dage- gen dem Hallischen Hrn. Schulze, von welchem er we- gen der Orthodoxie mächtig viel Gutes gehört hätte.
Seine Kinder informirt dieser Herr Pastor selbst, und zwar so, daß er sie das Cellarische Vokabelbuch der Nase nach auswendig lernen läßt, ohne auf Anwen- dung zu sehen: eben so macht ers mit der Gramma- tik. Die Jungens können eine Menge Vokabeln und Regeln auswendig, aber an Verbindung und Anwen- dung haben sie noch nicht gedacht. Ich äusserte über diese verkehrte Lehrmethode, in welche er doch sehr ver-
Mein Hauptmann, Hr. v. Mandelslohe — der Major von Manteuffel war den Tag vor dem Ausmarſch aus Halle vom Regiment weg zu einem Depotbataillon verſetzt worden, und Herr v. Mandelslohe hatte unſre Kompagnie erhalten — logirte beim Hrn. Paſtor. Dieſer hatte von mir ge- hoͤrt, und wuͤnſchte mich zu ſprechen. Das war mir ſchon recht: denn fremde Geiſtliche habe ich immer gern geſprochen: man ſieht da oft ſeine Luſt, wenn man ſo rechte Vorfechter aus der Schule des Paſtor Goͤtzen antrift. Aufgeklaͤrte Maͤnner darf man unter Profeſſioniſten dieſer Art nicht erwarten, ob es gleich keine geringe Freude iſt, einen hellen Kopf unter Leu- ten dieſes Standes anzutreffen. Letzteres war bei dem Herrn Paſtor zu Nowaweß der Fall nicht: er raͤſon- nirte ſtark uͤber den D. Bahrdt und Semler, welche er als Kompagnons anſah: Sehr gewogen war er dage- gen dem Halliſchen Hrn. Schulze, von welchem er we- gen der Orthodoxie maͤchtig viel Gutes gehoͤrt haͤtte.
Seine Kinder informirt dieſer Herr Paſtor ſelbſt, und zwar ſo, daß er ſie das Cellariſche Vokabelbuch der Naſe nach auswendig lernen laͤßt, ohne auf Anwen- dung zu ſehen: eben ſo macht ers mit der Gramma- tik. Die Jungens koͤnnen eine Menge Vokabeln und Regeln auswendig, aber an Verbindung und Anwen- dung haben ſie noch nicht gedacht. Ich aͤuſſerte uͤber dieſe verkehrte Lehrmethode, in welche er doch ſehr ver-
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[403[405]/0407]
Mein Hauptmann, Hr. v. Mandelslohe —
der Major von Manteuffel war den Tag vor
dem Ausmarſch aus Halle vom Regiment weg zu
einem Depotbataillon verſetzt worden, und Herr v.
Mandelslohe hatte unſre Kompagnie erhalten —
logirte beim Hrn. Paſtor. Dieſer hatte von mir ge-
hoͤrt, und wuͤnſchte mich zu ſprechen. Das war mir
ſchon recht: denn fremde Geiſtliche habe ich immer
gern geſprochen: man ſieht da oft ſeine Luſt, wenn
man ſo rechte Vorfechter aus der Schule des Paſtor
Goͤtzen antrift. Aufgeklaͤrte Maͤnner darf man unter
Profeſſioniſten dieſer Art nicht erwarten, ob es gleich
keine geringe Freude iſt, einen hellen Kopf unter Leu-
ten dieſes Standes anzutreffen. Letzteres war bei dem
Herrn Paſtor zu Nowaweß der Fall nicht: er raͤſon-
nirte ſtark uͤber den D. Bahrdt und Semler, welche er
als Kompagnons anſah: Sehr gewogen war er dage-
gen dem Halliſchen Hrn. Schulze, von welchem er we-
gen der Orthodoxie maͤchtig viel Gutes gehoͤrt haͤtte.
Seine Kinder informirt dieſer Herr Paſtor ſelbſt,
und zwar ſo, daß er ſie das Cellariſche Vokabelbuch der
Naſe nach auswendig lernen laͤßt, ohne auf Anwen-
dung zu ſehen: eben ſo macht ers mit der Gramma-
tik. Die Jungens koͤnnen eine Menge Vokabeln und
Regeln auswendig, aber an Verbindung und Anwen-
dung haben ſie noch nicht gedacht. Ich aͤuſſerte uͤber
dieſe verkehrte Lehrmethode, in welche er doch ſehr ver-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 403[405]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/407>, abgerufen am 25.11.2024.
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