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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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ihnen schlecht sprechen? Hohl ihn der Teufel den
Hallunken! -- Ja, erwiederte Meister Frenzel,
weder Meckel noch Reil trinken ein Glas Brante-
wein bei mir, oder auch nur eine Bouteille Bier:
aber der Doktor und seine Leute verzehren hier ihr
Geld. -- Das war freilich ein ökonomisches Argu-
ment, worauf ich nichts antworten konnte. Uebri-
gens war es doch eine wahre Sünde, daß ein solcher
Afterarzt, ein Kiliansbrustfleck, in Halle, wo so
berühmte, große Aerzte sind, ohngehindert Arzneien
geben durfte, und dabei Beifall und Verdienst fand.
Pfuy! -- Diese Nachricht ist freilich etwas weit-
l[ - 2 Zeichen fehlen]ustig gerathen; aber man muß wissen, daß ich die
Quacksalber beinahe eben so stark hasse, als die
Pfaffen!

Im Frühling 1789 starb mein ehrlicher Vater.
Er war nur sieben Stunden krank gewesen, und war
so ruhig, so schmerzenlos ad aethereum patrem
-- wie er sich immer ausdrückte -- hinübergeschwun-
den, als er es jederzeit gewünscht hatte. Er starb
bei sehr heiterer Seele, und sprach bis auf den letzten
Augenblick. Er hatte mich meinem Bruder drin-
gend empfohlen, wie dieser mir selbst geschrieben hat.
Ich bin versichert, daß der gute Mann keine Ge-
wissensbisse wegen seines Lebens empfunden hat; und
wegen seines Glaubens und der Zukunft konnte er

ihnen ſchlecht ſprechen? Hohl ihn der Teufel den
Hallunken! — Ja, erwiederte Meiſter Frenzel,
weder Meckel noch Reil trinken ein Glas Brante-
wein bei mir, oder auch nur eine Bouteille Bier:
aber der Doktor und ſeine Leute verzehren hier ihr
Geld. — Das war freilich ein oͤkonomiſches Argu-
ment, worauf ich nichts antworten konnte. Uebri-
gens war es doch eine wahre Suͤnde, daß ein ſolcher
Afterarzt, ein Kiliansbruſtfleck, in Halle, wo ſo
beruͤhmte, große Aerzte ſind, ohngehindert Arzneien
geben durfte, und dabei Beifall und Verdienſt fand.
Pfuy! — Dieſe Nachricht iſt freilich etwas weit-
l[ – 2 Zeichen fehlen]uſtig gerathen; aber man muß wiſſen, daß ich die
Quackſalber beinahe eben ſo ſtark haſſe, als die
Pfaffen!

Im Fruͤhling 1789 ſtarb mein ehrlicher Vater.
Er war nur ſieben Stunden krank geweſen, und war
ſo ruhig, ſo ſchmerzenlos ad aethereum patrem
— wie er ſich immer ausdruͤckte — hinuͤbergeſchwun-
den, als er es jederzeit gewuͤnſcht hatte. Er ſtarb
bei ſehr heiterer Seele, und ſprach bis auf den letzten
Augenblick. Er hatte mich meinem Bruder drin-
gend empfohlen, wie dieſer mir ſelbſt geſchrieben hat.
Ich bin verſichert, daß der gute Mann keine Ge-
wiſſensbiſſe wegen ſeines Lebens empfunden hat; und
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[389[391]/0393] ihnen ſchlecht ſprechen? Hohl ihn der Teufel den Hallunken! — Ja, erwiederte Meiſter Frenzel, weder Meckel noch Reil trinken ein Glas Brante- wein bei mir, oder auch nur eine Bouteille Bier: aber der Doktor und ſeine Leute verzehren hier ihr Geld. — Das war freilich ein oͤkonomiſches Argu- ment, worauf ich nichts antworten konnte. Uebri- gens war es doch eine wahre Suͤnde, daß ein ſolcher Afterarzt, ein Kiliansbruſtfleck, in Halle, wo ſo beruͤhmte, große Aerzte ſind, ohngehindert Arzneien geben durfte, und dabei Beifall und Verdienſt fand. Pfuy! — Dieſe Nachricht iſt freilich etwas weit- l__uſtig gerathen; aber man muß wiſſen, daß ich die Quackſalber beinahe eben ſo ſtark haſſe, als die Pfaffen! Im Fruͤhling 1789 ſtarb mein ehrlicher Vater. Er war nur ſieben Stunden krank geweſen, und war ſo ruhig, ſo ſchmerzenlos ad aethereum patrem — wie er ſich immer ausdruͤckte — hinuͤbergeſchwun- den, als er es jederzeit gewuͤnſcht hatte. Er ſtarb bei ſehr heiterer Seele, und ſprach bis auf den letzten Augenblick. Er hatte mich meinem Bruder drin- gend empfohlen, wie dieſer mir ſelbſt geſchrieben hat. Ich bin verſichert, daß der gute Mann keine Ge- wiſſensbiſſe wegen ſeines Lebens empfunden hat; und wegen ſeines Glaubens und der Zukunft konnte er

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 389[391]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/393>, abgerufen am 21.05.2024.