mit seiner Dulcinea flüchtig, und kam nach Giessen, einem Orte, wo man von jeher die Proselyten will- kommen hieß. Hier meldete er sich bei der Geistlich- keit, insbesondere bei Bennern, der ihm aber ein sauer Gesicht machte: Benner nämlich, so or- thodox er sonst war, hielt nichts auf Proselyten, wel- che mit dickbäuchigen Mamsellen ankamen. Bech- told, Ouvrier und Diez nahmen ihn besser auf. Ob man gleich keine Konvertitenkasse in Gies- sen hat, so erhielt doch Freund Schnaubert funfzig Gulden, und dieser heilige Geist machte, daß er das lutherische Glaubensbekänntniß in die Hände des Herrn Diez ablegte. Eben das that auch seine Madonna. Nun adressirte sich Schnaubert, der von der Welt nichts mitgebracht hatte, als einen al- ten verschabten grauen Flausch, schwarze Weste, Ho- sen und dergleichen Strümpfe; einen Hut mit Ma- rasmus Senilis, wie Herr Bahrdt spricht, und dessen Mamsell auch nichts hatte, als wie sie ging und stand -- an die Studenten, und diese gutmü- thigen Jünglinge gaben her, so viel gerade in ihrem Vermögen war. Ich habe, ohne Ruhm zu melden, auch zu denen gehört, welche Herrn Schnaubert
unfruchtbare Weiberbäuche fruchtbar machen soll -- durch Hülfe des Glaubens, der freilich sehr oft selig, -- aber nicht minder auch närrisch macht.
mit ſeiner Dulcinea fluͤchtig, und kam nach Gieſſen, einem Orte, wo man von jeher die Proſelyten will- kommen hieß. Hier meldete er ſich bei der Geiſtlich- keit, insbeſondere bei Bennern, der ihm aber ein ſauer Geſicht machte: Benner naͤmlich, ſo or- thodox er ſonſt war, hielt nichts auf Proſelyten, wel- che mit dickbaͤuchigen Mamſellen ankamen. Bech- told, Ouvrier und Diez nahmen ihn beſſer auf. Ob man gleich keine Konvertitenkaſſe in Gieſ- ſen hat, ſo erhielt doch Freund Schnaubert funfzig Gulden, und dieſer heilige Geiſt machte, daß er das lutheriſche Glaubensbekaͤnntniß in die Haͤnde des Herrn Diez ablegte. Eben das that auch ſeine Madonna. Nun adreſſirte ſich Schnaubert, der von der Welt nichts mitgebracht hatte, als einen al- ten verſchabten grauen Flauſch, ſchwarze Weſte, Ho- ſen und dergleichen Struͤmpfe; einen Hut mit Ma- rasmus Senilis, wie Herr Bahrdt ſpricht, und deſſen Mamſell auch nichts hatte, als wie ſie ging und ſtand — an die Studenten, und dieſe gutmuͤ- thigen Juͤnglinge gaben her, ſo viel gerade in ihrem Vermoͤgen war. Ich habe, ohne Ruhm zu melden, auch zu denen gehoͤrt, welche Herrn Schnaubert
unfruchtbare Weiberbaͤuche fruchtbar machen ſoll — durch Huͤlfe des Glaubens, der freilich ſehr oft ſelig, — aber nicht minder auch naͤrriſch macht.
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[320[330]/0332]
mit ſeiner Dulcinea fluͤchtig, und kam nach Gieſſen,
einem Orte, wo man von jeher die Proſelyten will-
kommen hieß. Hier meldete er ſich bei der Geiſtlich-
keit, insbeſondere bei Bennern, der ihm aber ein
ſauer Geſicht machte: Benner naͤmlich, ſo or-
thodox er ſonſt war, hielt nichts auf Proſelyten, wel-
che mit dickbaͤuchigen Mamſellen ankamen. Bech-
told, Ouvrier und Diez nahmen ihn beſſer
auf. Ob man gleich keine Konvertitenkaſſe in Gieſ-
ſen hat, ſo erhielt doch Freund Schnaubert funfzig
Gulden, und dieſer heilige Geiſt machte, daß er das
lutheriſche Glaubensbekaͤnntniß in die Haͤnde des
Herrn Diez ablegte. Eben das that auch ſeine
Madonna. Nun adreſſirte ſich Schnaubert, der
von der Welt nichts mitgebracht hatte, als einen al-
ten verſchabten grauen Flauſch, ſchwarze Weſte, Ho-
ſen und dergleichen Struͤmpfe; einen Hut mit Ma-
rasmus Senilis, wie Herr Bahrdt ſpricht, und
deſſen Mamſell auch nichts hatte, als wie ſie ging
und ſtand — an die Studenten, und dieſe gutmuͤ-
thigen Juͤnglinge gaben her, ſo viel gerade in ihrem
Vermoͤgen war. Ich habe, ohne Ruhm zu melden,
auch zu denen gehoͤrt, welche Herrn Schnaubert
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durch Huͤlfe des Glaubens, der freilich ſehr oft ſelig, —
aber nicht minder auch naͤrriſch macht.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 320[330]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/332>, abgerufen am 25.11.2024.
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