nicht sehr viel darin, was man brauchen könn- te. Mehr sollte noch in den jüdischen Schriften, im Talmud und andern Fratzen-Büchern zu holen seyn für die Erklärung einzelner Stellen des alten Testa- ments, -- auch des Neuen. Bei allem dem aber würde man doch wenig Nutzen haben: denn ob man z. B. wisse, wie das erste Kapitel im Buch Esther zu erklären sey, daran liege nichts b). Ueberhaupt sey die Philologie des alten Testaments sehr unfrucht- bar, und für den Mann von Einsicht und billiger Denkungsart vollends abscheulich und ekelhaft.
Nach solchen Urtheilen des großen Mannes dachte ich, daß ich immer noch so viel hebräisch, ara- bisch nun syrisch lernen könnte, als ein Gelehrter, der nun auch Theolog von Profession werden woll- te -- denn das war mir jetzt wieder angekommen, um dereinst Professor, und zwar theologischer Pro- fessor werden zu können -- nöthig hätte.
Meine Leser fragen hier ohne Zweifel: ob ich mich denn nun bekehrt, und die Theologie lieb gewon- nen habe? denn oben habe ich doch die deutlichsten Bekänntnisse meines Deismus abgelegt. Nein, mei-
b) Es hat große Gelehrte gegeben, und giebt deren noch, welche gern leer Stroh dreschen, und fürchterlich wich- tige Untersuchungen über -- Nichts anstellen. Ich mag keine neuern Beispiele anführen.
nicht ſehr viel darin, was man brauchen koͤnn- te. Mehr ſollte noch in den juͤdiſchen Schriften, im Talmud und andern Fratzen-Buͤchern zu holen ſeyn fuͤr die Erklaͤrung einzelner Stellen des alten Teſta- ments, — auch des Neuen. Bei allem dem aber wuͤrde man doch wenig Nutzen haben: denn ob man z. B. wiſſe, wie das erſte Kapitel im Buch Eſther zu erklaͤren ſey, daran liege nichts b). Ueberhaupt ſey die Philologie des alten Teſtaments ſehr unfrucht- bar, und fuͤr den Mann von Einſicht und billiger Denkungsart vollends abſcheulich und ekelhaft.
Nach ſolchen Urtheilen des großen Mannes dachte ich, daß ich immer noch ſo viel hebraͤiſch, ara- biſch nun ſyriſch lernen koͤnnte, als ein Gelehrter, der nun auch Theolog von Profeſſion werden woll- te — denn das war mir jetzt wieder angekommen, um dereinſt Profeſſor, und zwar theologiſcher Pro- feſſor werden zu koͤnnen — noͤthig haͤtte.
Meine Leſer fragen hier ohne Zweifel: ob ich mich denn nun bekehrt, und die Theologie lieb gewon- nen habe? denn oben habe ich doch die deutlichſten Bekaͤnntniſſe meines Deismus abgelegt. Nein, mei-
b) Es hat große Gelehrte gegeben, und giebt deren noch, welche gern leer Stroh dreſchen, und fuͤrchterlich wich- tige Unterſuchungen uͤber — Nichts anſtellen. Ich mag keine neuern Beiſpiele anfuͤhren.
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nicht ſehr viel darin, was man brauchen koͤnn-
te. Mehr ſollte noch in den juͤdiſchen Schriften, im
Talmud und andern Fratzen-Buͤchern zu holen ſeyn
fuͤr die Erklaͤrung einzelner Stellen des alten Teſta-
ments, — auch des Neuen. Bei allem dem aber
wuͤrde man doch wenig Nutzen haben: denn ob man
z. B. wiſſe, wie das erſte Kapitel im Buch Eſther
zu erklaͤren ſey, daran liege nichts b). Ueberhaupt
ſey die Philologie des alten Teſtaments ſehr unfrucht-
bar, und fuͤr den Mann von Einſicht und billiger
Denkungsart vollends abſcheulich und ekelhaft.
Nach ſolchen Urtheilen des großen Mannes
dachte ich, daß ich immer noch ſo viel hebraͤiſch, ara-
biſch nun ſyriſch lernen koͤnnte, als ein Gelehrter,
der nun auch Theolog von Profeſſion werden woll-
te — denn das war mir jetzt wieder angekommen,
um dereinſt Profeſſor, und zwar theologiſcher Pro-
feſſor werden zu koͤnnen — noͤthig haͤtte.
Meine Leſer fragen hier ohne Zweifel: ob ich
mich denn nun bekehrt, und die Theologie lieb gewon-
nen habe? denn oben habe ich doch die deutlichſten
Bekaͤnntniſſe meines Deismus abgelegt. Nein, mei-
b) Es hat große Gelehrte gegeben, und giebt deren noch,
welche gern leer Stroh dreſchen, und fuͤrchterlich wich-
tige Unterſuchungen uͤber — Nichts anſtellen. Ich mag
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/138>, abgerufen am 24.11.2024.
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