der Zeit die Schlesier zu Bundesgenossen wider die Orden. Durch ihr Hauptgesetz: keinen Ordensbru- der oder Anhänger derselben in ihr Kränzchen auf- zunehmen, oder ihres Umganges zu würdigen, hat- ten sie es dahin gebracht, daß zu der Zeit, da ich dieses schreibe, die Orden beinahe all ihr Ansehn verlohren haben und in den letzten Zügen zu liegen scheinen. Die Universität hat zwar beständig sehr scharf auf die Orden inquirirt, und es befinden sich unter den akademischen Gesetzen strenge Verordnun- gen gegen dieses Unwesen. Aber, wie ich schon oben bemerkt habe, Pönal-Proceduren tilgen der- gleichen nicht. Nur von Seiten der Obrigkeit sie nicht geneckt, sie keiner inquirirenden Aufmerksam- keit gewürdigt, und sie verschwinden nach und nach von selbst.
Die Sprache der hallischen Studenten war da- mals viel rüder als sie jetzt ist. Man weis, daß die Stu- denten überhaupt ihre ganz eigene Sprache haben, die man ausser der Burschenwelt nicht wohl versteht. Sie ist ein Aggregat von den schnurrigsten Ausdrücken dieser oder jener Provinz, Stadt, Schule, Univer- sität, und oft eines einzelnen lustigen Kopfs. Je fideler aber der Comment irgendwo ist, desto reicher ist die Burschensprache, und umgekehrt. In Jena könnte ein großes Wörterbuch mit diesem Dialekt an- gefüllt werden. Den Hallischen hat der bekannte
der Zeit die Schleſier zu Bundesgenoſſen wider die Orden. Durch ihr Hauptgeſetz: keinen Ordensbru- der oder Anhaͤnger derſelben in ihr Kraͤnzchen auf- zunehmen, oder ihres Umganges zu wuͤrdigen, hat- ten ſie es dahin gebracht, daß zu der Zeit, da ich dieſes ſchreibe, die Orden beinahe all ihr Anſehn verlohren haben und in den letzten Zuͤgen zu liegen ſcheinen. Die Univerſitaͤt hat zwar beſtaͤndig ſehr ſcharf auf die Orden inquirirt, und es befinden ſich unter den akademiſchen Geſetzen ſtrenge Verordnun- gen gegen dieſes Unweſen. Aber, wie ich ſchon oben bemerkt habe, Poͤnal-Proceduren tilgen der- gleichen nicht. Nur von Seiten der Obrigkeit ſie nicht geneckt, ſie keiner inquirirenden Aufmerkſam- keit gewuͤrdigt, und ſie verſchwinden nach und nach von ſelbſt.
Die Sprache der halliſchen Studenten war da- mals viel ruͤder als ſie jetzt iſt. Man weis, daß die Stu- denten uͤberhaupt ihre ganz eigene Sprache haben, die man auſſer der Burſchenwelt nicht wohl verſteht. Sie iſt ein Aggregat von den ſchnurrigſten Ausdruͤcken dieſer oder jener Provinz, Stadt, Schule, Univer- ſitaͤt, und oft eines einzelnen luſtigen Kopfs. Je fideler aber der Comment irgendwo iſt, deſto reicher iſt die Burſchenſprache, und umgekehrt. In Jena koͤnnte ein großes Woͤrterbuch mit dieſem Dialekt an- gefuͤllt werden. Den Halliſchen hat der bekannte
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der Zeit die Schleſier zu Bundesgenoſſen wider die
Orden. Durch ihr Hauptgeſetz: keinen Ordensbru-
der oder Anhaͤnger derſelben in ihr Kraͤnzchen auf-
zunehmen, oder ihres Umganges zu wuͤrdigen, hat-
ten ſie es dahin gebracht, daß zu der Zeit, da ich
dieſes ſchreibe, die Orden beinahe all ihr Anſehn
verlohren haben und in den letzten Zuͤgen zu liegen
ſcheinen. Die Univerſitaͤt hat zwar beſtaͤndig ſehr
ſcharf auf die Orden inquirirt, und es befinden ſich
unter den akademiſchen Geſetzen ſtrenge Verordnun-
gen gegen dieſes Unweſen. Aber, wie ich ſchon
oben bemerkt habe, Poͤnal-Proceduren tilgen der-
gleichen nicht. Nur von Seiten der Obrigkeit ſie
nicht geneckt, ſie keiner inquirirenden Aufmerkſam-
keit gewuͤrdigt, und ſie verſchwinden nach und nach
von ſelbſt.
Die Sprache der halliſchen Studenten war da-
mals viel ruͤder als ſie jetzt iſt. Man weis, daß die Stu-
denten uͤberhaupt ihre ganz eigene Sprache haben, die
man auſſer der Burſchenwelt nicht wohl verſteht. Sie
iſt ein Aggregat von den ſchnurrigſten Ausdruͤcken
dieſer oder jener Provinz, Stadt, Schule, Univer-
ſitaͤt, und oft eines einzelnen luſtigen Kopfs. Je
fideler aber der Comment irgendwo iſt, deſto reicher
iſt die Burſchenſprache, und umgekehrt. In Jena
koͤnnte ein großes Woͤrterbuch mit dieſem Dialekt an-
gefuͤllt werden. Den Halliſchen hat der bekannte
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/111>, abgerufen am 24.11.2024.
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