mein Vorhaben öffentlich an. Aber weil da- mals mein Vater noch lebte, so mußte ich, um ihn nicht zu beleidigen, oder ihm gar durch meine Nachrichten in der hyperortho- doxen Pfalz und bei den dasigen Bonzen und Talapoinen nicht zu schaden, vieles weglassen, was doch zum Faden meiner Geschichte ge- hörte. Daher war jener Aufsaz mangelhaft und unvollständig. Mein Vater erfuhr in- dessen durch die Briefe des Herrn Majors von Muffling, daß ich mein Leben schrie- be, und befürchtete, ich möchte Dinge erzäh- len die ihm Verdruß bringen könnten. Er schrieb mir daher und befahl mir, von mei- nen Lebensumständen ja nichts eher, als nach seinem Tode drucken zu lassen. Der Brief meines guten Vaters war voll derber Aus- drücke: er stellte mir das Uebel, das für ihn daraus folgen könnte, so lebhaft vor, daß ich mein Manuskript ins Feuer warf.
Einige Jahre hernach starb mein Vater, und ich konnte nun freimüthig zu Werke ge- hen: aber der Feldzug im Jahr 1790 und andre Geschäfte, welche ich ums liebe Brod übernehmen mußte, hinderten mich, meinen längst gefaßten Vorsatz eher ins Werk zu rich- ten: nachdem ich aber mehr Muße und thä- tige Unterstützung redlich gesinnter Männer, die ich zu seiner Zeit nennen will, erhielt, so ging ich neuerdings ans Geschäft, und so entstand die gegenwärtige Schrift.
mein Vorhaben oͤffentlich an. Aber weil da- mals mein Vater noch lebte, ſo mußte ich, um ihn nicht zu beleidigen, oder ihm gar durch meine Nachrichten in der hyperortho- doxen Pfalz und bei den daſigen Bonzen und Talapoinen nicht zu ſchaden, vieles weglaſſen, was doch zum Faden meiner Geſchichte ge- hoͤrte. Daher war jener Aufſaz mangelhaft und unvollſtaͤndig. Mein Vater erfuhr in- deſſen durch die Briefe des Herrn Majors von Muffling, daß ich mein Leben ſchrie- be, und befuͤrchtete, ich moͤchte Dinge erzaͤh- len die ihm Verdruß bringen koͤnnten. Er ſchrieb mir daher und befahl mir, von mei- nen Lebensumſtaͤnden ja nichts eher, als nach ſeinem Tode drucken zu laſſen. Der Brief meines guten Vaters war voll derber Aus- druͤcke: er ſtellte mir das Uebel, das fuͤr ihn daraus folgen koͤnnte, ſo lebhaft vor, daß ich mein Manuſkript ins Feuer warf.
Einige Jahre hernach ſtarb mein Vater, und ich konnte nun freimuͤthig zu Werke ge- hen: aber der Feldzug im Jahr 1790 und andre Geſchaͤfte, welche ich ums liebe Brod uͤbernehmen mußte, hinderten mich, meinen laͤngſt gefaßten Vorſatz eher ins Werk zu rich- ten: nachdem ich aber mehr Muße und thaͤ- tige Unterſtuͤtzung redlich geſinnter Maͤnner, die ich zu ſeiner Zeit nennen will, erhielt, ſo ging ich neuerdings ans Geſchaͤft, und ſo entſtand die gegenwaͤrtige Schrift.
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[X/0008]
mein Vorhaben oͤffentlich an. Aber weil da-
mals mein Vater noch lebte, ſo mußte ich,
um ihn nicht zu beleidigen, oder ihm gar
durch meine Nachrichten in der hyperortho-
doxen Pfalz und bei den daſigen Bonzen und
Talapoinen nicht zu ſchaden, vieles weglaſſen,
was doch zum Faden meiner Geſchichte ge-
hoͤrte. Daher war jener Aufſaz mangelhaft
und unvollſtaͤndig. Mein Vater erfuhr in-
deſſen durch die Briefe des Herrn Majors
von Muffling, daß ich mein Leben ſchrie-
be, und befuͤrchtete, ich moͤchte Dinge erzaͤh-
len die ihm Verdruß bringen koͤnnten. Er
ſchrieb mir daher und befahl mir, von mei-
nen Lebensumſtaͤnden ja nichts eher, als nach
ſeinem Tode drucken zu laſſen. Der Brief
meines guten Vaters war voll derber Aus-
druͤcke: er ſtellte mir das Uebel, das fuͤr ihn
daraus folgen koͤnnte, ſo lebhaft vor, daß
ich mein Manuſkript ins Feuer warf.
Einige Jahre hernach ſtarb mein Vater,
und ich konnte nun freimuͤthig zu Werke ge-
hen: aber der Feldzug im Jahr 1790 und
andre Geſchaͤfte, welche ich ums liebe Brod
uͤbernehmen mußte, hinderten mich, meinen
laͤngſt gefaßten Vorſatz eher ins Werk zu rich-
ten: nachdem ich aber mehr Muße und thaͤ-
tige Unterſtuͤtzung redlich geſinnter Maͤnner,
die ich zu ſeiner Zeit nennen will, erhielt, ſo
ging ich neuerdings ans Geſchaͤft, und ſo
entſtand die gegenwaͤrtige Schrift.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/8>, abgerufen am 21.11.2024.
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