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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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müthig aus. Ich bin sein Schuldner, und werde
es auch wahrscheinlich bleiben bis an den jüngsten
Tag.

Während meiner Abwesenheit aus der Pfalz
hatte der alte Pfarrer Köster zu Obersaulheim, ei-
nem Rheingräflichen Dorfe, um einen Substituten
oder Vikarius angehalten, und das Consistorium zu
Grehweiler hatte mich zu dieser Stelle ausersehen,
und mein Vater drang darauf, daß ich sie annehmen
sollte. Sie war auch wirklich des Annehmens werth.
Ich hatte da freie Station, d. h. meinen Koffee,
der aber in jenen Gegenden nicht so frequent geschlürft
wird, als in Sachsen und Preussen, meinen Toback
und Wein, mein Reitpferd zum Vergnügen, mo-
natlich sechs Gulden Geld, und endlich alle bei der
Pfarrei einlaufenden Accidenzien. Dafür hielt ich
nur Sonntags vormittags eine Predigt, und Nach-
mittags entweder Kinderlehre oder eine sogenannte
Betstunde. Kurz, diese Stelle war nicht unrecht.
Ich sistirte mich daher bei dem Consistorium. Rath
Dietsch hielt mir eine derbe, jedoch freundschaft-
liche Strafpredigt, welche meine Ketzerei, meinen
schlechten Umgang, meine Trunkenheit, und endlich
mein liederliches Leben mit Frauenzimmern von der
niedrigsten Klasse betraf. -- Ich wollte mich ver-
theidigen; allein Herr Dietsch empfahl mir, statt der
Apologie meines Lebens, behutsames und kluges Be-

muͤthig aus. Ich bin ſein Schuldner, und werde
es auch wahrſcheinlich bleiben bis an den juͤngſten
Tag.

Waͤhrend meiner Abweſenheit aus der Pfalz
hatte der alte Pfarrer Koͤſter zu Oberſaulheim, ei-
nem Rheingraͤflichen Dorfe, um einen Subſtituten
oder Vikarius angehalten, und das Conſiſtorium zu
Grehweiler hatte mich zu dieſer Stelle auserſehen,
und mein Vater drang darauf, daß ich ſie annehmen
ſollte. Sie war auch wirklich des Annehmens werth.
Ich hatte da freie Station, d. h. meinen Koffee,
der aber in jenen Gegenden nicht ſo frequent geſchluͤrft
wird, als in Sachſen und Preuſſen, meinen Toback
und Wein, mein Reitpferd zum Vergnuͤgen, mo-
natlich ſechs Gulden Geld, und endlich alle bei der
Pfarrei einlaufenden Accidenzien. Dafuͤr hielt ich
nur Sonntags vormittags eine Predigt, und Nach-
mittags entweder Kinderlehre oder eine ſogenannte
Betſtunde. Kurz, dieſe Stelle war nicht unrecht.
Ich ſiſtirte mich daher bei dem Conſiſtorium. Rath
Dietſch hielt mir eine derbe, jedoch freundſchaft-
liche Strafpredigt, welche meine Ketzerei, meinen
ſchlechten Umgang, meine Trunkenheit, und endlich
mein liederliches Leben mit Frauenzimmern von der
niedrigſten Klaſſe betraf. — Ich wollte mich ver-
theidigen; allein Herr Dietſch empfahl mir, ſtatt der
Apologie meines Lebens, behutſames und kluges Be-

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[366/0380] muͤthig aus. Ich bin ſein Schuldner, und werde es auch wahrſcheinlich bleiben bis an den juͤngſten Tag. Waͤhrend meiner Abweſenheit aus der Pfalz hatte der alte Pfarrer Koͤſter zu Oberſaulheim, ei- nem Rheingraͤflichen Dorfe, um einen Subſtituten oder Vikarius angehalten, und das Conſiſtorium zu Grehweiler hatte mich zu dieſer Stelle auserſehen, und mein Vater drang darauf, daß ich ſie annehmen ſollte. Sie war auch wirklich des Annehmens werth. Ich hatte da freie Station, d. h. meinen Koffee, der aber in jenen Gegenden nicht ſo frequent geſchluͤrft wird, als in Sachſen und Preuſſen, meinen Toback und Wein, mein Reitpferd zum Vergnuͤgen, mo- natlich ſechs Gulden Geld, und endlich alle bei der Pfarrei einlaufenden Accidenzien. Dafuͤr hielt ich nur Sonntags vormittags eine Predigt, und Nach- mittags entweder Kinderlehre oder eine ſogenannte Betſtunde. Kurz, dieſe Stelle war nicht unrecht. Ich ſiſtirte mich daher bei dem Conſiſtorium. Rath Dietſch hielt mir eine derbe, jedoch freundſchaft- liche Strafpredigt, welche meine Ketzerei, meinen ſchlechten Umgang, meine Trunkenheit, und endlich mein liederliches Leben mit Frauenzimmern von der niedrigſten Klaſſe betraf. — Ich wollte mich ver- theidigen; allein Herr Dietſch empfahl mir, ſtatt der Apologie meines Lebens, behutſames und kluges Be-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/380>, abgerufen am 17.05.2024.