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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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In Erlangen lernte ich auch einige Professoren
kennen, nämlich die Herren Seiler, Rosenmül-
ler, Harles, Hufnagel, und Meusel. Nur
einiges von ihnen.

D. Seiler ist ein krasser und dabei ganz ab-
scheulich intoleranter Orthodox. In seinen Schrif-
ten schimpft er zwar nicht; allein desto ärger macht
ers in seinem Kollegio. Er schändet die Semlere,
Tellers, Steinbarte, und sogar die Lesse,
was das heilige Zeug hält. Sonst scheint mir Herr
Seiler kein großer Gelehrter; und daß ers überhaupt
nicht ist, das haben ihm auch andere, vorzüglich Bahrdt
in seiner Apologie der Vernunft recht derbe
gesagt. -- Freund Harles ist ein Grammatiker;
und da denkt er denn so in seinem Sinn, wie viele
seiner Brüder, nun sey er ein Philologe! Ich hörte
ihn über den Theophrast lesen; das war mir aber
eine Leserei, wobei mir angst und bange ward. Die
Herren Studiosi schrieben indeß diese philologische
Weisheit von Wort zu Wort nach. Das waren mir
auch Wichte! -

Hufnagel war damals noch Professor extra-
ordinarius
, und las Exegetica. Wenn ich je ei-
nen Mann habe kennen lernen, der mit blutwenig
Gelehrsamkeit sich breit machen, und den Meister
aller Meister spielen konnte; so war es gewiß Herr
Professor Hufnagel in Erlangen. Ich wurde durch

In Erlangen lernte ich auch einige Profeſſoren
kennen, naͤmlich die Herren Seiler, Roſenmuͤl-
ler, Harles, Hufnagel, und Meuſel. Nur
einiges von ihnen.

D. Seiler iſt ein kraſſer und dabei ganz ab-
ſcheulich intoleranter Orthodox. In ſeinen Schrif-
ten ſchimpft er zwar nicht; allein deſto aͤrger macht
ers in ſeinem Kollegio. Er ſchaͤndet die Semlere,
Tellers, Steinbarte, und ſogar die Leſſe,
was das heilige Zeug haͤlt. Sonſt ſcheint mir Herr
Seiler kein großer Gelehrter; und daß ers uͤberhaupt
nicht iſt, das haben ihm auch andere, vorzuͤglich Bahrdt
in ſeiner Apologie der Vernunft recht derbe
geſagt. — Freund Harles iſt ein Grammatiker;
und da denkt er denn ſo in ſeinem Sinn, wie viele
ſeiner Bruͤder, nun ſey er ein Philologe! Ich hoͤrte
ihn uͤber den Theophraſt leſen; das war mir aber
eine Leſerei, wobei mir angſt und bange ward. Die
Herren Studioſi ſchrieben indeß dieſe philologiſche
Weisheit von Wort zu Wort nach. Das waren mir
auch Wichte! –

Hufnagel war damals noch Profeſſor extra-
ordinarius
, und las Exegetica. Wenn ich je ei-
nen Mann habe kennen lernen, der mit blutwenig
Gelehrſamkeit ſich breit machen, und den Meiſter
aller Meiſter ſpielen konnte; ſo war es gewiß Herr
Profeſſor Hufnagel in Erlangen. Ich wurde durch

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[359/0373] In Erlangen lernte ich auch einige Profeſſoren kennen, naͤmlich die Herren Seiler, Roſenmuͤl- ler, Harles, Hufnagel, und Meuſel. Nur einiges von ihnen. D. Seiler iſt ein kraſſer und dabei ganz ab- ſcheulich intoleranter Orthodox. In ſeinen Schrif- ten ſchimpft er zwar nicht; allein deſto aͤrger macht ers in ſeinem Kollegio. Er ſchaͤndet die Semlere, Tellers, Steinbarte, und ſogar die Leſſe, was das heilige Zeug haͤlt. Sonſt ſcheint mir Herr Seiler kein großer Gelehrter; und daß ers uͤberhaupt nicht iſt, das haben ihm auch andere, vorzuͤglich Bahrdt in ſeiner Apologie der Vernunft recht derbe geſagt. — Freund Harles iſt ein Grammatiker; und da denkt er denn ſo in ſeinem Sinn, wie viele ſeiner Bruͤder, nun ſey er ein Philologe! Ich hoͤrte ihn uͤber den Theophraſt leſen; das war mir aber eine Leſerei, wobei mir angſt und bange ward. Die Herren Studioſi ſchrieben indeß dieſe philologiſche Weisheit von Wort zu Wort nach. Das waren mir auch Wichte! – Hufnagel war damals noch Profeſſor extra- ordinarius, und las Exegetica. Wenn ich je ei- nen Mann habe kennen lernen, der mit blutwenig Gelehrſamkeit ſich breit machen, und den Meiſter aller Meiſter ſpielen konnte; ſo war es gewiß Herr Profeſſor Hufnagel in Erlangen. Ich wurde durch

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/373>, abgerufen am 25.11.2024.