Würzburg ist ohne Zweifel die beste katholische Universität in Deutschland. Sie hat besonders ei- nige recht gute Männer in der Geschichte, den Rech- ten, der Arzeneikunde, und sogar in der Philologie aufzuweisen. Die Studenten, welche hier auch Ju- risten heißen, und deren Anzahl damals an 400 war, die sogenannten Seminaristen abgerechnet, sind mei- stens artige, gutgesittete junge Männer, und ganz anders, als jene in Heidelberg, Straßburg und Mainz. Weil ich ganz nach Burschen Art gekleidet war, und einen grünlichen Flausch trug, welchen ich noch in Halle verschenkt habe, nebst gestreifter Weste, gelben ledernen Beinkleidern, großen großen Stiefeln, nebst einem derben Hieber an der Seite; so ward es mir leicht, mich für einen Jenaischen Studenten auszugeben. Auch mein Reisegefährte, oder viel- mehr mein Reisepatron that dies, und es hatte die gute Wirkung, daß sich die Herren Würzburger um die Wette beeiferten, uns recht viel Vergnügen zu machen. Aber bald hätten wir doch Händel bekom- men. Die Burschen erfuhren, daß F.... kein Je- naischer Student seyn könne: daß er vor mehrern Jahren selbst in Würzburg studirt habe, und mit mehrern Domherren und Adlichen daselbst, deren Namen hier, wie an allen geistlichen Stiftern, Legion ist, verwandt sey: sie setzten uns also deshalb zu Rede. Ich vertheidigte meinen Kameraden, brach
Wuͤrzburg iſt ohne Zweifel die beſte katholiſche Univerſitaͤt in Deutſchland. Sie hat beſonders ei- nige recht gute Maͤnner in der Geſchichte, den Rech- ten, der Arzeneikunde, und ſogar in der Philologie aufzuweiſen. Die Studenten, welche hier auch Ju- riſten heißen, und deren Anzahl damals an 400 war, die ſogenannten Seminariſten abgerechnet, ſind mei- ſtens artige, gutgeſittete junge Maͤnner, und ganz anders, als jene in Heidelberg, Straßburg und Mainz. Weil ich ganz nach Burſchen Art gekleidet war, und einen gruͤnlichen Flauſch trug, welchen ich noch in Halle verſchenkt habe, nebſt geſtreifter Weſte, gelben ledernen Beinkleidern, großen großen Stiefeln, nebſt einem derben Hieber an der Seite; ſo ward es mir leicht, mich fuͤr einen Jenaiſchen Studenten auszugeben. Auch mein Reiſegefaͤhrte, oder viel- mehr mein Reiſepatron that dies, und es hatte die gute Wirkung, daß ſich die Herren Wuͤrzburger um die Wette beeiferten, uns recht viel Vergnuͤgen zu machen. Aber bald haͤtten wir doch Haͤndel bekom- men. Die Burſchen erfuhren, daß F.... kein Je- naiſcher Student ſeyn koͤnne: daß er vor mehrern Jahren ſelbſt in Wuͤrzburg ſtudirt habe, und mit mehrern Domherren und Adlichen daſelbſt, deren Namen hier, wie an allen geiſtlichen Stiftern, Legion iſt, verwandt ſey: ſie ſetzten uns alſo deshalb zu Rede. Ich vertheidigte meinen Kameraden, brach
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Wuͤrzburg iſt ohne Zweifel die beſte katholiſche
Univerſitaͤt in Deutſchland. Sie hat beſonders ei-
nige recht gute Maͤnner in der Geſchichte, den Rech-
ten, der Arzeneikunde, und ſogar in der Philologie
aufzuweiſen. Die Studenten, welche hier auch Ju-
riſten heißen, und deren Anzahl damals an 400 war,
die ſogenannten Seminariſten abgerechnet, ſind mei-
ſtens artige, gutgeſittete junge Maͤnner, und ganz
anders, als jene in Heidelberg, Straßburg und
Mainz. Weil ich ganz nach Burſchen Art gekleidet
war, und einen gruͤnlichen Flauſch trug, welchen ich
noch in Halle verſchenkt habe, nebſt geſtreifter Weſte,
gelben ledernen Beinkleidern, großen großen Stiefeln,
nebſt einem derben Hieber an der Seite; ſo ward
es mir leicht, mich fuͤr einen Jenaiſchen Studenten
auszugeben. Auch mein Reiſegefaͤhrte, oder viel-
mehr mein Reiſepatron that dies, und es hatte die
gute Wirkung, daß ſich die Herren Wuͤrzburger um
die Wette beeiferten, uns recht viel Vergnuͤgen zu
machen. Aber bald haͤtten wir doch Haͤndel bekom-
men. Die Burſchen erfuhren, daß F.... kein Je-
naiſcher Student ſeyn koͤnne: daß er vor mehrern
Jahren ſelbſt in Wuͤrzburg ſtudirt habe, und mit
mehrern Domherren und Adlichen daſelbſt, deren
Namen hier, wie an allen geiſtlichen Stiftern, Legion
iſt, verwandt ſey: ſie ſetzten uns alſo deshalb zu
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/370>, abgerufen am 25.11.2024.
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