Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

"lich zu Flonheim im Bock, zu Büdesheim beim
"Herrn Schulz, zu Wonsheim gleichfalls im Bock,
"und neulich auf dem Bellermarkt in der Weinhütte
"verschiedene freigeistische Reden geführt, und da-
"durch nicht geringes Aergerniß gegeben haben."

Ich: Verzeihen Ew. Hochwürden: davon weiß
ich gar nichts!

Dietsch: Und doch hat mans nicht nur ge-
sagt, sondern uns sogar geschrieben. Wollen Sie
Briefe sehen? -- Hier lesen Sie!

Er reichte mir einen Brief, dessen Unterschrift
mit einem Papier beklebt war. Ich fand darin die
fürchterlichsten Beschuldigungen, und Anklagen. Es
hieß, daß ich zu Flonheim im Bock in großer Gesellschaft
über die Gottheit Christi disputirt und behauptet
habe, sie sey eine Erfindung der Pfaffen aus dem
vierten Jahrhundert: die ältern Väter hätten ganz
anders davon gelehrt, und überhaupt nicht gewußt,
was sie damit machen sollten. Ferner gab mir der
Verfasser Schuld, über Taufe und Abendmal gespot-
tet und diesen heiligen Gnadenmitteln alle Kraft ab-
gesprochen zu haben. Das alles, und noch mehr
hätte ich mit starken Gründen unterstützt, und daher
sey zu befürchten, durch mich möchten in den Irrthum
geführt werden, wenns möglich wäre, auch die Aus-
erwählten. Daher bat der Schreiber das Consisto-
rium, dem Unwesen zu steuren: er habe das Seine

„lich zu Flonheim im Bock, zu Buͤdesheim beim
„Herrn Schulz, zu Wonsheim gleichfalls im Bock,
„und neulich auf dem Bellermarkt in der Weinhuͤtte
„verſchiedene freigeiſtiſche Reden gefuͤhrt, und da-
„durch nicht geringes Aergerniß gegeben haben.“

Ich: Verzeihen Ew. Hochwuͤrden: davon weiß
ich gar nichts!

Dietſch: Und doch hat mans nicht nur ge-
ſagt, ſondern uns ſogar geſchrieben. Wollen Sie
Briefe ſehen? — Hier leſen Sie!

Er reichte mir einen Brief, deſſen Unterſchrift
mit einem Papier beklebt war. Ich fand darin die
fuͤrchterlichſten Beſchuldigungen, und Anklagen. Es
hieß, daß ich zu Flonheim im Bock in großer Geſellſchaft
uͤber die Gottheit Chriſti diſputirt und behauptet
habe, ſie ſey eine Erfindung der Pfaffen aus dem
vierten Jahrhundert: die aͤltern Vaͤter haͤtten ganz
anders davon gelehrt, und uͤberhaupt nicht gewußt,
was ſie damit machen ſollten. Ferner gab mir der
Verfaſſer Schuld, uͤber Taufe und Abendmal geſpot-
tet und dieſen heiligen Gnadenmitteln alle Kraft ab-
geſprochen zu haben. Das alles, und noch mehr
haͤtte ich mit ſtarken Gruͤnden unterſtuͤtzt, und daher
ſey zu befuͤrchten, durch mich moͤchten in den Irrthum
gefuͤhrt werden, wenns moͤglich waͤre, auch die Aus-
erwaͤhlten. Daher bat der Schreiber das Conſiſto-
rium, dem Unweſen zu ſteuren: er habe das Seine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0317" n="303"/>
&#x201E;lich zu Flonheim im Bock, zu Bu&#x0364;desheim beim<lb/>
&#x201E;Herrn Schulz, zu Wonsheim gleichfalls im Bock,<lb/>
&#x201E;und neulich auf dem Bellermarkt in der Weinhu&#x0364;tte<lb/>
&#x201E;ver&#x017F;chiedene freigei&#x017F;ti&#x017F;che Reden gefu&#x0364;hrt, und da-<lb/>
&#x201E;durch nicht geringes Aergerniß gegeben haben.&#x201C;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Verzeihen Ew. Hochwu&#x0364;rden: davon weiß<lb/>
ich gar nichts!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Diet&#x017F;ch</hi>: Und doch hat mans nicht nur ge-<lb/>
&#x017F;agt, &#x017F;ondern uns &#x017F;ogar ge&#x017F;chrieben. Wollen Sie<lb/>
Briefe &#x017F;ehen? &#x2014; Hier le&#x017F;en Sie!</p><lb/>
        <p>Er reichte mir einen Brief, de&#x017F;&#x017F;en Unter&#x017F;chrift<lb/>
mit einem Papier beklebt war. Ich fand darin die<lb/>
fu&#x0364;rchterlich&#x017F;ten Be&#x017F;chuldigungen, und Anklagen. Es<lb/>
hieß, daß ich zu Flonheim im Bock in großer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
u&#x0364;ber die Gottheit Chri&#x017F;ti di&#x017F;putirt und behauptet<lb/>
habe, &#x017F;ie &#x017F;ey eine Erfindung der Pfaffen aus dem<lb/>
vierten Jahrhundert: die a&#x0364;ltern Va&#x0364;ter ha&#x0364;tten ganz<lb/>
anders davon gelehrt, und u&#x0364;berhaupt nicht gewußt,<lb/>
was &#x017F;ie damit machen &#x017F;ollten. Ferner gab mir der<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er Schuld, u&#x0364;ber Taufe und Abendmal ge&#x017F;pot-<lb/>
tet und die&#x017F;en heiligen Gnadenmitteln alle Kraft ab-<lb/>
ge&#x017F;prochen zu haben. Das alles, und noch mehr<lb/>
ha&#x0364;tte ich mit &#x017F;tarken Gru&#x0364;nden unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, und daher<lb/>
&#x017F;ey zu befu&#x0364;rchten, durch mich mo&#x0364;chten in den Irrthum<lb/>
gefu&#x0364;hrt werden, wenns mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, auch die Aus-<lb/>
erwa&#x0364;hlten. Daher bat der Schreiber das Con&#x017F;i&#x017F;to-<lb/>
rium, dem Unwe&#x017F;en zu &#x017F;teuren: er habe das Seine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0317] „lich zu Flonheim im Bock, zu Buͤdesheim beim „Herrn Schulz, zu Wonsheim gleichfalls im Bock, „und neulich auf dem Bellermarkt in der Weinhuͤtte „verſchiedene freigeiſtiſche Reden gefuͤhrt, und da- „durch nicht geringes Aergerniß gegeben haben.“ Ich: Verzeihen Ew. Hochwuͤrden: davon weiß ich gar nichts! Dietſch: Und doch hat mans nicht nur ge- ſagt, ſondern uns ſogar geſchrieben. Wollen Sie Briefe ſehen? — Hier leſen Sie! Er reichte mir einen Brief, deſſen Unterſchrift mit einem Papier beklebt war. Ich fand darin die fuͤrchterlichſten Beſchuldigungen, und Anklagen. Es hieß, daß ich zu Flonheim im Bock in großer Geſellſchaft uͤber die Gottheit Chriſti diſputirt und behauptet habe, ſie ſey eine Erfindung der Pfaffen aus dem vierten Jahrhundert: die aͤltern Vaͤter haͤtten ganz anders davon gelehrt, und uͤberhaupt nicht gewußt, was ſie damit machen ſollten. Ferner gab mir der Verfaſſer Schuld, uͤber Taufe und Abendmal geſpot- tet und dieſen heiligen Gnadenmitteln alle Kraft ab- geſprochen zu haben. Das alles, und noch mehr haͤtte ich mit ſtarken Gruͤnden unterſtuͤtzt, und daher ſey zu befuͤrchten, durch mich moͤchten in den Irrthum gefuͤhrt werden, wenns moͤglich waͤre, auch die Aus- erwaͤhlten. Daher bat der Schreiber das Conſiſto- rium, dem Unweſen zu ſteuren: er habe das Seine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/317
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/317>, abgerufen am 24.11.2024.