vor fünf Jahren gar nicht mehr kennen, und doch war ich lange sein Ordensbruder gewesen, und hatte mich sogar einmal für ihn, oder doch wegen seiner, herumgebalgt.
Die übrigen Zwecke werden auch sehr selten er- reicht. Ich habe selten gesehen, daß ein Ordens- bruder vor andern Profanen einen Vorzug gehabt hätte: es geht ihnen, wie allen hochmüthigen Schwächlingen, die ihren Werth nicht von sich, son- dern von Andern hernehmen wollen. Und dies gilt vom Innern, wie vom Aeußern. Mir sind Fälle bekannt, wo Ordensbrüder von sogenannten Pro- fanen verachtet, derb ausgeprügelt und hernach mit Schande bestanden sind. Einmal hat sogar ein Herr Senior auf öffentlicher Straße beinahe alle Zähne verloren.
Für manchen Professor, Sprachmeister, Stie- felwichser, Schneider, Pferdeverleiher, Feldschee- rer, Gastwirth und Haarkrauseler haben die Orden allerdings Vortheile. Diese guten Leute -- zumal die größten Fuscher darunter, stecken sich hinter an- gesehne Mitglieder derselben, und nun werden alle übrigen ihre Kunden. Die Beispiele davon sind freilich verhaßt; sie finden sich aber leider mehr, als zu viel.
Es ist wohl nicht zu hoffen, daß die Orden auf Universitäten durch die Kraft der Gesetze werden
vor fuͤnf Jahren gar nicht mehr kennen, und doch war ich lange ſein Ordensbruder geweſen, und hatte mich ſogar einmal fuͤr ihn, oder doch wegen ſeiner, herumgebalgt.
Die uͤbrigen Zwecke werden auch ſehr ſelten er- reicht. Ich habe ſelten geſehen, daß ein Ordens- bruder vor andern Profanen einen Vorzug gehabt haͤtte: es geht ihnen, wie allen hochmuͤthigen Schwaͤchlingen, die ihren Werth nicht von ſich, ſon- dern von Andern hernehmen wollen. Und dies gilt vom Innern, wie vom Aeußern. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo Ordensbruͤder von ſogenannten Pro- fanen verachtet, derb ausgepruͤgelt und hernach mit Schande beſtanden ſind. Einmal hat ſogar ein Herr Senior auf oͤffentlicher Straße beinahe alle Zaͤhne verloren.
Fuͤr manchen Profeſſor, Sprachmeiſter, Stie- felwichſer, Schneider, Pferdeverleiher, Feldſchee- rer, Gaſtwirth und Haarkrauſeler haben die Orden allerdings Vortheile. Dieſe guten Leute — zumal die groͤßten Fuſcher darunter, ſtecken ſich hinter an- geſehne Mitglieder derſelben, und nun werden alle uͤbrigen ihre Kunden. Die Beiſpiele davon ſind freilich verhaßt; ſie finden ſich aber leider mehr, als zu viel.
Es iſt wohl nicht zu hoffen, daß die Orden auf Univerſitaͤten durch die Kraft der Geſetze werden
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vor fuͤnf Jahren gar nicht mehr kennen, und doch
war ich lange ſein Ordensbruder geweſen, und hatte
mich ſogar einmal fuͤr ihn, oder doch wegen ſeiner,
herumgebalgt.
Die uͤbrigen Zwecke werden auch ſehr ſelten er-
reicht. Ich habe ſelten geſehen, daß ein Ordens-
bruder vor andern Profanen einen Vorzug gehabt
haͤtte: es geht ihnen, wie allen hochmuͤthigen
Schwaͤchlingen, die ihren Werth nicht von ſich, ſon-
dern von Andern hernehmen wollen. Und dies gilt
vom Innern, wie vom Aeußern. Mir ſind Faͤlle
bekannt, wo Ordensbruͤder von ſogenannten Pro-
fanen verachtet, derb ausgepruͤgelt und hernach mit
Schande beſtanden ſind. Einmal hat ſogar ein Herr
Senior auf oͤffentlicher Straße beinahe alle Zaͤhne
verloren.
Fuͤr manchen Profeſſor, Sprachmeiſter, Stie-
felwichſer, Schneider, Pferdeverleiher, Feldſchee-
rer, Gaſtwirth und Haarkrauſeler haben die Orden
allerdings Vortheile. Dieſe guten Leute — zumal
die groͤßten Fuſcher darunter, ſtecken ſich hinter an-
geſehne Mitglieder derſelben, und nun werden alle
uͤbrigen ihre Kunden. Die Beiſpiele davon ſind
freilich verhaßt; ſie finden ſich aber leider mehr, als
zu viel.
Es iſt wohl nicht zu hoffen, daß die Orden auf
Univerſitaͤten durch die Kraft der Geſetze werden
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/179>, abgerufen am 22.11.2024.
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