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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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wider den Selbstmord gehalten, und den guten Je-
rusalem so kenntlich beschrieben, daß jederman merk-
te, er sey es, der nun in der Hölle an eben dem
Orte ewig brennen müße, wo Judas der Verräther
brennt, der sich erhenkte, mitten entzwei barstete
und all sein Eingeweide ausschüttete. (Act. 1, 18)

So elend Wezlar sonst ist, so volkreich ist es
wegen des dortigen Reichskammergerichts. Da giebt
es außer den vieler Assessoren, Prokuratoren, Advo-
katen, Notarien und Skribaxen, wovon alle Gassen
wimmeln, und welche sich alle gewöhnlich schwarz
kleiden, auch noch eine Menge von Fremden, wel-
che dahin kommen, den Gang ihrer Processe zu be-
fördern, d. i. die Referenten auszuspähen, denen
ihre Acten übergeben sind, und diese dann mit baa-
rem schweren Gelde, oden sonst etwas zu beste-
chent).

Bei dieser großen Volksmenge fehlt es nicht an
allerhand Vergnügungen, an anständigen und unan-
ständigen, wie einer Lust hat. Oft halten sich, zum
Beispiel, Komödianten da auf, welche aber meistens

t) Daß dieses und noch vielmehr in Wezlar gäng und
gäbe sey, lehrt die vor 20 Jahren angestellte Visitation,
wobei Herr von Nettelbla, Herr von Papius, und
mehr andere Herrn von und nicht von als Schelme
sich aus dem Staube machen musten, um dem Galgen,
den ihnen Kaiser Joseph II. gedrohet hatte, zu entge-
hen. Mosers Staastrecht giebt Auskunft darüber.

wider den Selbſtmord gehalten, und den guten Je-
ruſalem ſo kenntlich beſchrieben, daß jederman merk-
te, er ſey es, der nun in der Hoͤlle an eben dem
Orte ewig brennen muͤße, wo Judas der Verraͤther
brennt, der ſich erhenkte, mitten entzwei barſtete
und all ſein Eingeweide ausſchuͤttete. (Act. 1, 18)

So elend Wezlar ſonſt iſt, ſo volkreich iſt es
wegen des dortigen Reichskammergerichts. Da giebt
es außer den vieler Aſſeſſoren, Prokuratoren, Advo-
katen, Notarien und Skribaxen, wovon alle Gaſſen
wimmeln, und welche ſich alle gewoͤhnlich ſchwarz
kleiden, auch noch eine Menge von Fremden, wel-
che dahin kommen, den Gang ihrer Proceſſe zu be-
foͤrdern, d. i. die Referenten auszuſpaͤhen, denen
ihre Acten uͤbergeben ſind, und dieſe dann mit baa-
rem ſchweren Gelde, oden ſonſt etwas zu beſte-
chent).

Bei dieſer großen Volksmenge fehlt es nicht an
allerhand Vergnuͤgungen, an anſtaͤndigen und unan-
ſtaͤndigen, wie einer Luſt hat. Oft halten ſich, zum
Beiſpiel, Komoͤdianten da auf, welche aber meiſtens

t) Daß dieſes und noch vielmehr in Wezlar gaͤng und
gaͤbe ſey, lehrt die vor 20 Jahren angeſtellte Viſitation,
wobei Herr von Nettelbla, Herr von Papius, und
mehr andere Herrn von und nicht von als Schelme
ſich aus dem Staube machen muſten, um dem Galgen,
den ihnen Kaiſer Joſeph II. gedrohet hatte, zu entge-
hen. Moſers Staastrecht giebt Auskunft daruͤber.
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[136/0150] wider den Selbſtmord gehalten, und den guten Je- ruſalem ſo kenntlich beſchrieben, daß jederman merk- te, er ſey es, der nun in der Hoͤlle an eben dem Orte ewig brennen muͤße, wo Judas der Verraͤther brennt, der ſich erhenkte, mitten entzwei barſtete und all ſein Eingeweide ausſchuͤttete. (Act. 1, 18) So elend Wezlar ſonſt iſt, ſo volkreich iſt es wegen des dortigen Reichskammergerichts. Da giebt es außer den vieler Aſſeſſoren, Prokuratoren, Advo- katen, Notarien und Skribaxen, wovon alle Gaſſen wimmeln, und welche ſich alle gewoͤhnlich ſchwarz kleiden, auch noch eine Menge von Fremden, wel- che dahin kommen, den Gang ihrer Proceſſe zu be- foͤrdern, d. i. die Referenten auszuſpaͤhen, denen ihre Acten uͤbergeben ſind, und dieſe dann mit baa- rem ſchweren Gelde, oden ſonſt etwas zu beſte- chen t). Bei dieſer großen Volksmenge fehlt es nicht an allerhand Vergnuͤgungen, an anſtaͤndigen und unan- ſtaͤndigen, wie einer Luſt hat. Oft halten ſich, zum Beiſpiel, Komoͤdianten da auf, welche aber meiſtens t) Daß dieſes und noch vielmehr in Wezlar gaͤng und gaͤbe ſey, lehrt die vor 20 Jahren angeſtellte Viſitation, wobei Herr von Nettelbla, Herr von Papius, und mehr andere Herrn von und nicht von als Schelme ſich aus dem Staube machen muſten, um dem Galgen, den ihnen Kaiſer Joſeph II. gedrohet hatte, zu entge- hen. Moſers Staastrecht giebt Auskunft daruͤber.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/150>, abgerufen am 04.05.2024.