weis wäre nicht hinlänglich, wir müßten exemplari- scher bestraft werden -- Schacht insbesondere." -- Der Rektor, der sich vor Kochs Allmachtswort fürch- tete, gab nun nach, und so kamen wir jeder zwei Tage, Schlacht aber vier Tage ins Carcer. Ausser- dem mußten wir noch die Relegation unterschreiben, das heißt, versprechen schriftlich, daß wir uns gern wollten relegiren lassen, wenn wir uns wieder gegen die Gesetze vergehen würden. -- So exemplarisch rächte sich Herr Koch! --
Ich stellte mir diese Unterschrift als etwas vor, das wichtige Folgen haben könnte; aber meine Be- kannten erklärten mir das Ding anders: sie nannten es eine akademische Spiegelfechterei, und so vergieng mir die Furcht.
Nicht lange nach meiner Ankunft zu Gießen wohnte ich auch einem Kreuzzuge bei. Das Ding war so: Sechs derbe Bursche bewaffneten sich mit Flinten und dem Zugehör, und marschirten gegen Abend auf ein Dorf, etwa zwei Stunden von der Stadt. In diesem Dorfe wurde derb gezecht, und dann gieng der Zug auf ein anderes. In jedem Dorfe wurden die Bauern perirt, die Flinten losgeschos- sen, dem Nachtwächter das Horn genommen, wild darauf geblasen: kurz, ein Spektakel verführt, daß alle Bauern in Harnisch geriethen. Wagten sie es dann, sich uns zu widersetzen; so wurde ihnen ge-
weis waͤre nicht hinlaͤnglich, wir muͤßten exemplari- ſcher beſtraft werden — Schacht insbeſondere.“ — Der Rektor, der ſich vor Kochs Allmachtswort fuͤrch- tete, gab nun nach, und ſo kamen wir jeder zwei Tage, Schlacht aber vier Tage ins Carcer. Auſſer- dem mußten wir noch die Relegation unterſchreiben, das heißt, verſprechen ſchriftlich, daß wir uns gern wollten relegiren laſſen, wenn wir uns wieder gegen die Geſetze vergehen wuͤrden. — So exemplariſch raͤchte ſich Herr Koch! —
Ich ſtellte mir dieſe Unterſchrift als etwas vor, das wichtige Folgen haben koͤnnte; aber meine Be- kannten erklaͤrten mir das Ding anders: ſie nannten es eine akademiſche Spiegelfechterei, und ſo vergieng mir die Furcht.
Nicht lange nach meiner Ankunft zu Gießen wohnte ich auch einem Kreuzzuge bei. Das Ding war ſo: Sechs derbe Burſche bewaffneten ſich mit Flinten und dem Zugehoͤr, und marſchirten gegen Abend auf ein Dorf, etwa zwei Stunden von der Stadt. In dieſem Dorfe wurde derb gezecht, und dann gieng der Zug auf ein anderes. In jedem Dorfe wurden die Bauern perirt, die Flinten losgeſchoſ- ſen, dem Nachtwaͤchter das Horn genommen, wild darauf geblaſen: kurz, ein Spektakel verfuͤhrt, daß alle Bauern in Harniſch geriethen. Wagten ſie es dann, ſich uns zu widerſetzen; ſo wurde ihnen ge-
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weis waͤre nicht hinlaͤnglich, wir muͤßten exemplari-
ſcher beſtraft werden — Schacht insbeſondere.“ —
Der Rektor, der ſich vor Kochs Allmachtswort fuͤrch-
tete, gab nun nach, und ſo kamen wir jeder zwei
Tage, Schlacht aber vier Tage ins Carcer. Auſſer-
dem mußten wir noch die Relegation unterſchreiben,
das heißt, verſprechen ſchriftlich, daß wir uns gern
wollten relegiren laſſen, wenn wir uns wieder gegen
die Geſetze vergehen wuͤrden. — So exemplariſch
raͤchte ſich Herr Koch! —
Ich ſtellte mir dieſe Unterſchrift als etwas vor,
das wichtige Folgen haben koͤnnte; aber meine Be-
kannten erklaͤrten mir das Ding anders: ſie nannten
es eine akademiſche Spiegelfechterei, und ſo vergieng
mir die Furcht.
Nicht lange nach meiner Ankunft zu Gießen
wohnte ich auch einem Kreuzzuge bei. Das Ding
war ſo: Sechs derbe Burſche bewaffneten ſich mit
Flinten und dem Zugehoͤr, und marſchirten gegen
Abend auf ein Dorf, etwa zwei Stunden von der
Stadt. In dieſem Dorfe wurde derb gezecht, und
dann gieng der Zug auf ein anderes. In jedem
Dorfe wurden die Bauern perirt, die Flinten losgeſchoſ-
ſen, dem Nachtwaͤchter das Horn genommen, wild
darauf geblaſen: kurz, ein Spektakel verfuͤhrt, daß
alle Bauern in Harniſch geriethen. Wagten ſie es
dann, ſich uns zu widerſetzen; ſo wurde ihnen ge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/124>, abgerufen am 16.02.2025.
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