Wünsche ist dadurch gelähmt, und sie war's, welche mir immer die Kraft und Zuversicht des Gelingens einflößte. Jch verliere meinen Charakter in diesem Zustande, und mit ihm mein Heil, denn dies beruht immer in dem Gleichartigen zwischen unserm Charakter und der daraus fließenden Handlung und Folge.
Nur wenn ich mich recht geläutert und hoch gestimmt fühle, da siegt Margarethens poetisches Jugendwesen völlig. Und so war's an jenem Abende.
Du hast noch kein Bild von ihr, ich wurde da- mals in der Beschreibung gestört. Sie ist hoch und schlank -- was könnte auch eine der gewöhnlichen zusammengedrückten Figuren für ein Jnteresse er- regen! der Wuchs ist die Freiheit, ist die Jdee des Körpers, er macht aus dem Leibe die schöne Säule, welche in weichen, runden Begrenzungen ringsum und aufwärts nach Luft und Himmel strebt. Und nun sind alle Formen Margarethens, die Schultern, die Hüften, und was sonst nach außen strebt, erst so fein, jugendlich, ich möchte sagen unschuldig ge- rundet, es ist noch keine Spur zu sehen, daß sie einst eben so überreif, stark, überfüllt aussehen wer- den, wie dies leicht bei Weibern von üppiger Vege-
Wünſche iſt dadurch gelähmt, und ſie war’s, welche mir immer die Kraft und Zuverſicht des Gelingens einflößte. Jch verliere meinen Charakter in dieſem Zuſtande, und mit ihm mein Heil, denn dies beruht immer in dem Gleichartigen zwiſchen unſerm Charakter und der daraus fließenden Handlung und Folge.
Nur wenn ich mich recht geläutert und hoch geſtimmt fühle, da ſiegt Margarethens poetiſches Jugendweſen völlig. Und ſo war’s an jenem Abende.
Du haſt noch kein Bild von ihr, ich wurde da- mals in der Beſchreibung geſtört. Sie iſt hoch und ſchlank — was könnte auch eine der gewöhnlichen zuſammengedrückten Figuren für ein Jntereſſe er- regen! der Wuchs iſt die Freiheit, iſt die Jdee des Körpers, er macht aus dem Leibe die ſchöne Säule, welche in weichen, runden Begrenzungen ringsum und aufwärts nach Luft und Himmel ſtrebt. Und nun ſind alle Formen Margarethens, die Schultern, die Hüften, und was ſonſt nach außen ſtrebt, erſt ſo fein, jugendlich, ich möchte ſagen unſchuldig ge- rundet, es iſt noch keine Spur zu ſehen, daß ſie einſt eben ſo überreif, ſtark, überfüllt ausſehen wer- den, wie dies leicht bei Weibern von üppiger Vege-
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Wünſche iſt dadurch gelähmt, und ſie war’s, welche
mir immer die Kraft und Zuverſicht des Gelingens
einflößte. Jch verliere meinen Charakter in dieſem
Zuſtande, und mit ihm mein Heil, denn dies beruht
immer in dem Gleichartigen zwiſchen unſerm Charakter
und der daraus fließenden Handlung und Folge.
Nur wenn ich mich recht geläutert und hoch
geſtimmt fühle, da ſiegt Margarethens poetiſches
Jugendweſen völlig. Und ſo war’s an jenem Abende.
Du haſt noch kein Bild von ihr, ich wurde da-
mals in der Beſchreibung geſtört. Sie iſt hoch und
ſchlank — was könnte auch eine der gewöhnlichen
zuſammengedrückten Figuren für ein Jntereſſe er-
regen! der Wuchs iſt die Freiheit, iſt die Jdee des
Körpers, er macht aus dem Leibe die ſchöne Säule,
welche in weichen, runden Begrenzungen ringsum
und aufwärts nach Luft und Himmel ſtrebt. Und
nun ſind alle Formen Margarethens, die Schultern,
die Hüften, und was ſonſt nach außen ſtrebt, erſt
ſo fein, jugendlich, ich möchte ſagen unſchuldig ge-
rundet, es iſt noch keine Spur zu ſehen, daß ſie
einſt eben ſo überreif, ſtark, überfüllt ausſehen wer-
den, wie dies leicht bei Weibern von üppiger Vege-
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/51>, abgerufen am 25.11.2024.
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