Halt, sprach er unterwegs, tritt mit mir in diesen Laden, kauf uns zwei Blousen, wir müssen ächt belgisch aussehen, wenn wir was erfahren wollen.
Jch that dem Kleinen den Willen, wir warfen die blauen Hemden über, und nun führte er mich durch eine Menge Straßen bis vor ein kleines Wirthshaus. Man hörte schon von Weitem den Lärm der Zecher. Dieses Hotel hieß vor der Revo- lution "zum guten König Wilhelm," als es aber in den Journalen Mode wurde, den guten König Wilhelm nur Guillaume le bourreau zu nennen, da änderte der Wirth dieses Hotels ebenfalls seine Devise. Das Schild ändern, oder gar ein neues machen zu lassen, wäre zu kostspielig gewesen, er strich also auf Auktorität der Journale das Wort König aus, und setzte das beliebt gewordne an die Stelle. So siehst Du denn jetzt die mehr als wun- derliche Ueberschrift für einen Gasthof "zum guten Henker Wilhelm." Das Bild selbst ist dem Künst- ler von vornherein so vortrefflich gerathen, daß es nicht der mindesten Abänderung bedurft hat -- tritt herein, hier findest Du die ächtesten Wallenen,
Halt, ſprach er unterwegs, tritt mit mir in dieſen Laden, kauf uns zwei Blouſen, wir müſſen ächt belgiſch ausſehen, wenn wir was erfahren wollen.
Jch that dem Kleinen den Willen, wir warfen die blauen Hemden über, und nun führte er mich durch eine Menge Straßen bis vor ein kleines Wirthshaus. Man hörte ſchon von Weitem den Lärm der Zecher. Dieſes Hotel hieß vor der Revo- lution „zum guten König Wilhelm,“ als es aber in den Journalen Mode wurde, den guten König Wilhelm nur Guillaume le bourreau zu nennen, da änderte der Wirth dieſes Hotels ebenfalls ſeine Deviſe. Das Schild ändern, oder gar ein neues machen zu laſſen, wäre zu koſtſpielig geweſen, er ſtrich alſo auf Auktorität der Journale das Wort König aus, und ſetzte das beliebt gewordne an die Stelle. So ſiehſt Du denn jetzt die mehr als wun- derliche Ueberſchrift für einen Gaſthof „zum guten Henker Wilhelm.“ Das Bild ſelbſt iſt dem Künſt- ler von vornherein ſo vortrefflich gerathen, daß es nicht der mindeſten Abänderung bedurft hat — tritt herein, hier findeſt Du die ächteſten Wallenen,
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Halt, ſprach er unterwegs, tritt mit mir in
dieſen Laden, kauf uns zwei Blouſen, wir müſſen
ächt belgiſch ausſehen, wenn wir was erfahren
wollen.
Jch that dem Kleinen den Willen, wir warfen
die blauen Hemden über, und nun führte er mich
durch eine Menge Straßen bis vor ein kleines
Wirthshaus. Man hörte ſchon von Weitem den
Lärm der Zecher. Dieſes Hotel hieß vor der Revo-
lution „zum guten König Wilhelm,“ als es aber
in den Journalen Mode wurde, den guten König
Wilhelm nur Guillaume le bourreau zu nennen,
da änderte der Wirth dieſes Hotels ebenfalls ſeine
Deviſe. Das Schild ändern, oder gar ein neues
machen zu laſſen, wäre zu koſtſpielig geweſen, er
ſtrich alſo auf Auktorität der Journale das Wort
König aus, und ſetzte das beliebt gewordne an die
Stelle. So ſiehſt Du denn jetzt die mehr als wun-
derliche Ueberſchrift für einen Gaſthof „zum guten
Henker Wilhelm.“ Das Bild ſelbſt iſt dem Künſt-
ler von vornherein ſo vortrefflich gerathen, daß es
nicht der mindeſten Abänderung bedurft hat — tritt
herein, hier findeſt Du die ächteſten Wallenen,
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/38>, abgerufen am 23.11.2024.
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