rascher wirksam und folgenreich, als die besonnene Widerlegung, welche stets Opfer und Resignation heischen muß, ohne welche keine Gesellschaft bestehen kann. Es bleibt also gegen sie nichts übrig, als die Gewalt. Unsere Standesgenossen hätten nur früher zu bedenken gehabt, was riskirt wurde, wenn sie den Geist in ihre Kreise aufnahmen und ihm doch die bürgerliche Livree ließen; England's Manier mußte ein Beispiel sein: wo der Geist aus unteren Regionen eine Geltung erzwingt, dann versieht man ihn auch mit der Dekoration des höheren Standes, der geistreiche Parvenü wird wirklicher Baronet, dadurch ist das Zerstörende seines Verhältnisses auf- gelös't: er konkurrirt dann im Range wirklich mit uns, der ererbte Vortheil, der Vortheil der Geschichte und des nothwenigen Jnstituts hat dann nichts Ge- häßiges mehr, und sein nothwendiger Sieg über den Parvenü stört nicht mehr, weil der Kampf auf glei- chem Terrain geschieht und scheinbar mit gleichen Waffen. Jch meine das nicht einmal zum Nach- theile der untern Klassen, sondern nur im Jnteresse des Staats und der höheren Stände. Ergänzen müssen wir uns, wenn wir mit der Geschichte be-
raſcher wirkſam und folgenreich, als die beſonnene Widerlegung, welche ſtets Opfer und Reſignation heiſchen muß, ohne welche keine Geſellſchaft beſtehen kann. Es bleibt alſo gegen ſie nichts uͤbrig, als die Gewalt. Unſere Standesgenoſſen haͤtten nur fruͤher zu bedenken gehabt, was riskirt wurde, wenn ſie den Geiſt in ihre Kreiſe aufnahmen und ihm doch die buͤrgerliche Livrée ließen; England’s Manier mußte ein Beiſpiel ſein: wo der Geiſt aus unteren Regionen eine Geltung erzwingt, dann verſieht man ihn auch mit der Dekoration des hoͤheren Standes, der geiſtreiche Parvenuͤ wird wirklicher Baronet, dadurch iſt das Zerſtoͤrende ſeines Verhaͤltniſſes auf- geloͤſ’t: er konkurrirt dann im Range wirklich mit uns, der ererbte Vortheil, der Vortheil der Geſchichte und des nothwenigen Jnſtituts hat dann nichts Ge- haͤßiges mehr, und ſein nothwendiger Sieg uͤber den Parvenuͤ ſtoͤrt nicht mehr, weil der Kampf auf glei- chem Terrain geſchieht und ſcheinbar mit gleichen Waffen. Jch meine das nicht einmal zum Nach- theile der untern Klaſſen, ſondern nur im Jntereſſe des Staats und der hoͤheren Staͤnde. Ergaͤnzen muͤſſen wir uns, wenn wir mit der Geſchichte be-
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raſcher wirkſam und folgenreich, als die beſonnene
Widerlegung, welche ſtets Opfer und Reſignation
heiſchen muß, ohne welche keine Geſellſchaft beſtehen
kann. Es bleibt alſo gegen ſie nichts uͤbrig, als
die Gewalt. Unſere Standesgenoſſen haͤtten nur
fruͤher zu bedenken gehabt, was riskirt wurde, wenn
ſie den Geiſt in ihre Kreiſe aufnahmen und ihm
doch die buͤrgerliche Livrée ließen; England’s Manier
mußte ein Beiſpiel ſein: wo der Geiſt aus unteren
Regionen eine Geltung erzwingt, dann verſieht man
ihn auch mit der Dekoration des hoͤheren Standes,
der geiſtreiche Parvenuͤ wird wirklicher Baronet,
dadurch iſt das Zerſtoͤrende ſeines Verhaͤltniſſes auf-
geloͤſ’t: er konkurrirt dann im Range wirklich mit
uns, der ererbte Vortheil, der Vortheil der Geſchichte
und des nothwenigen Jnſtituts hat dann nichts Ge-
haͤßiges mehr, und ſein nothwendiger Sieg uͤber den
Parvenuͤ ſtoͤrt nicht mehr, weil der Kampf auf glei-
chem Terrain geſchieht und ſcheinbar mit gleichen
Waffen. Jch meine das nicht einmal zum Nach-
theile der untern Klaſſen, ſondern nur im Jntereſſe
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/188>, abgerufen am 28.11.2024.
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