lange nicht merken lassen, daß er klug ist. Er ver- meidet ferner die Extreme, setzt Krieg oder Frieden nie auf eine Karte, und wenn er's einmal öffentlich thun muß, so spielt er privatim eine ganz andere, sichere Partie. Das Repräsentativsystem, was sonst den Königen hinderlich war, ist durch seine Klugheit für ihn die bequemste Regierungsart geworden: ist die öffentliche Partei im Nachtheil, so tragen die Minister Schande und Verlust, der Thron desavouirt sie, und zeigt bescheiden, wie er bereits privatim viel vortheilhaftere Dinge vorbereitet habe; siegt das Ministerium, so schließt er sich emphatisch diesem Siege an, zuckt die Achseln zur Privatpartei, und bedauert gegen die fremden Gesandten, daß ihm die Hände gebunden seien. Jn der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts regierten die Abenteurer aller Art mit kecken Lügen und Jntriguen einen großen Theil von Europa; an die Stelle jener be- rechnenden Personen sind jetzt berechnete Begriffe getreten; man herrscht jetzt mit einer gewissen Staats- algebra, und in kurzer Zeit ist aller Fortschritt, den wir erwarteten, auf ein Paar Formeln gezogen, diese werden studirt, die neue Wissenschaft ist fertig, ihr
lange nicht merken laſſen, daß er klug iſt. Er ver- meidet ferner die Extreme, ſetzt Krieg oder Frieden nie auf eine Karte, und wenn er’s einmal öffentlich thun muß, ſo ſpielt er privatim eine ganz andere, ſichere Partie. Das Repräſentativſyſtem, was ſonſt den Königen hinderlich war, iſt durch ſeine Klugheit für ihn die bequemſte Regierungsart geworden: iſt die öffentliche Partei im Nachtheil, ſo tragen die Miniſter Schande und Verluſt, der Thron desavouirt ſie, und zeigt beſcheiden, wie er bereits privatim viel vortheilhaftere Dinge vorbereitet habe; ſiegt das Miniſterium, ſo ſchließt er ſich emphatiſch dieſem Siege an, zuckt die Achſeln zur Privatpartei, und bedauert gegen die fremden Geſandten, daß ihm die Hände gebunden ſeien. Jn der erſten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts regierten die Abenteurer aller Art mit kecken Lügen und Jntriguen einen großen Theil von Europa; an die Stelle jener be- rechnenden Perſonen ſind jetzt berechnete Begriffe getreten; man herrſcht jetzt mit einer gewiſſen Staats- algebra, und in kurzer Zeit iſt aller Fortſchritt, den wir erwarteten, auf ein Paar Formeln gezogen, dieſe werden ſtudirt, die neue Wiſſenſchaft iſt fertig, ihr
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lange nicht merken laſſen, daß er klug iſt. Er ver-
meidet ferner die Extreme, ſetzt Krieg oder Frieden
nie auf eine Karte, und wenn er’s einmal öffentlich
thun muß, ſo ſpielt er privatim eine ganz andere,
ſichere Partie. Das Repräſentativſyſtem, was ſonſt
den Königen hinderlich war, iſt durch ſeine Klugheit
für ihn die bequemſte Regierungsart geworden: iſt
die öffentliche Partei im Nachtheil, ſo tragen die
Miniſter Schande und Verluſt, der Thron desavouirt
ſie, und zeigt beſcheiden, wie er bereits privatim
viel vortheilhaftere Dinge vorbereitet habe; ſiegt das
Miniſterium, ſo ſchließt er ſich emphatiſch dieſem
Siege an, zuckt die Achſeln zur Privatpartei, und
bedauert gegen die fremden Geſandten, daß ihm die
Hände gebunden ſeien. Jn der erſten Hälfte des
achtzehnten Jahrhunderts regierten die Abenteurer
aller Art mit kecken Lügen und Jntriguen einen
großen Theil von Europa; an die Stelle jener be-
rechnenden Perſonen ſind jetzt berechnete Begriffe
getreten; man herrſcht jetzt mit einer gewiſſen Staats-
algebra, und in kurzer Zeit iſt aller Fortſchritt, den
wir erwarteten, auf ein Paar Formeln gezogen, dieſe
werden ſtudirt, die neue Wiſſenſchaft iſt fertig, ihr
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/16>, abgerufen am 22.11.2024.
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