Zu Pferde Dir, zu Pferde Dir, Laßt uns die Welt durchreiten, Die Erde rennt so blitzgeschwind, Sie wird uns noch entgleiten.
Weißt Du noch, mein Lieber, wie ich diesen Vers in die Luft hineinsang? Jch wußte selbst nicht, wo er herkam. Wenn man ein wenig poetisches Ge- schiick hat, da treten oft die verborgensten Gedanken des Jnnern plötzlich als kleine sangbare Verse auf unsere Lippen. Das ist das Geheimniß der Poesie und der Welt, am Ende weiß kein Mensch, wie er zur sogenannten Wahrheit kommt, auch die Ge- damken sind Zufälle oder göttliche Ordnung. Es war damals ein schöner, frischer Sonnenmorgen, und wir ritten über die thaublitzende Fläche hin, die Augen nach den fernen, dampfenden Bergen
1. Hippolyt an Valerius.
Zu Pferde Dir, zu Pferde Dir, Laßt uns die Welt durchreiten, Die Erde rennt ſo blitzgeſchwind, Sie wird uns noch entgleiten.
Weißt Du noch, mein Lieber, wie ich dieſen Vers in die Luft hineinſang? Jch wußte ſelbſt nicht, wo er herkam. Wenn man ein wenig poetiſches Ge- ſchiick hat, da treten oft die verborgenſten Gedanken des Jnnern plötzlich als kleine ſangbare Verſe auf unſere Lippen. Das iſt das Geheimniß der Poeſie und der Welt, am Ende weiß kein Menſch, wie er zur ſogenannten Wahrheit kommt, auch die Ge- damken ſind Zufälle oder göttliche Ordnung. Es war damals ein ſchöner, friſcher Sonnenmorgen, und wir ritten über die thaublitzende Fläche hin, die Augen nach den fernen, dampfenden Bergen
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1.
Hippolyt an Valerius.
Zu Pferde Dir, zu Pferde Dir,
Laßt uns die Welt durchreiten,
Die Erde rennt ſo blitzgeſchwind,
Sie wird uns noch entgleiten.
Weißt Du noch, mein Lieber, wie ich dieſen Vers
in die Luft hineinſang? Jch wußte ſelbſt nicht, wo
er herkam. Wenn man ein wenig poetiſches Ge-
ſchiick hat, da treten oft die verborgenſten Gedanken
des Jnnern plötzlich als kleine ſangbare Verſe auf
unſere Lippen. Das iſt das Geheimniß der Poeſie
und der Welt, am Ende weiß kein Menſch, wie
er zur ſogenannten Wahrheit kommt, auch die Ge-
damken ſind Zufälle oder göttliche Ordnung. Es
war damals ein ſchöner, friſcher Sonnenmorgen,
und wir ritten über die thaublitzende Fläche hin,
die Augen nach den fernen, dampfenden Bergen
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/11>, abgerufen am 24.11.2024.
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