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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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raden begegnet hier herüber, die auch davon gegan-
gen sind; allein kommt aber Jeder am Besten durch
-- die Weichsel ist breit, und unsere Lanzen sind
lang, als die Moskowiter gestern zurückkamen, ha-
ben wir's wieder erfahren -- helft mir zu einer
Lanze, Herr."

Jn diesem Augenblick stürzte der jüdische Wirth
mit dem Geschrei in die Stube: "die Russen! die
Russen! ich höre ihr Geschrei im Walde." Jm
Nu hatte Manasse seinen Sohn auf den Armen
und stürzte hinaus zum Wagen. Thaddäus war
auch wie ein Blitz bei der Hand, und zäumte den
einen Gaul, der Alte schrie: "Genug, genug,"
sprang auf den Wagen und wollte fort, eh' Vale-
rius noch eingestiegen war. Der flinke Bauer riß
ihm aber die Zügel aus der Hand, stieß ihn rück-
lings in den Wagen, sprang selbst hinauf, hob
Valerius zu sich, entriß dem Alten die Peitsche,
und jagte in den Wald hinein.

Hier hielt er still, zäumte rasch auch das andre
Pferd, gab Valerius die Zügel, horchte einen Augen-
blick und sagte dann: der Jude hat nicht gelogen,

raden begegnet hier herüber, die auch davon gegan-
gen ſind; allein kommt aber Jeder am Beſten durch
— die Weichſel iſt breit, und unſere Lanzen ſind
lang, als die Moskowiter geſtern zurückkamen, ha-
ben wir’s wieder erfahren — helft mir zu einer
Lanze, Herr.“

Jn dieſem Augenblick ſtürzte der jüdiſche Wirth
mit dem Geſchrei in die Stube: „die Ruſſen! die
Ruſſen! ich höre ihr Geſchrei im Walde.“ Jm
Nu hatte Manaſſe ſeinen Sohn auf den Armen
und ſtürzte hinaus zum Wagen. Thaddäus war
auch wie ein Blitz bei der Hand, und zäumte den
einen Gaul, der Alte ſchrie: „Genug, genug,“
ſprang auf den Wagen und wollte fort, eh’ Vale-
rius noch eingeſtiegen war. Der flinke Bauer riß
ihm aber die Zügel aus der Hand, ſtieß ihn rück-
lings in den Wagen, ſprang ſelbſt hinauf, hob
Valerius zu ſich, entriß dem Alten die Peitſche,
und jagte in den Wald hinein.

Hier hielt er ſtill, zäumte raſch auch das andre
Pferd, gab Valerius die Zügel, horchte einen Augen-
blick und ſagte dann: der Jude hat nicht gelogen,

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[41/0051] raden begegnet hier herüber, die auch davon gegan- gen ſind; allein kommt aber Jeder am Beſten durch — die Weichſel iſt breit, und unſere Lanzen ſind lang, als die Moskowiter geſtern zurückkamen, ha- ben wir’s wieder erfahren — helft mir zu einer Lanze, Herr.“ Jn dieſem Augenblick ſtürzte der jüdiſche Wirth mit dem Geſchrei in die Stube: „die Ruſſen! die Ruſſen! ich höre ihr Geſchrei im Walde.“ Jm Nu hatte Manaſſe ſeinen Sohn auf den Armen und ſtürzte hinaus zum Wagen. Thaddäus war auch wie ein Blitz bei der Hand, und zäumte den einen Gaul, der Alte ſchrie: „Genug, genug,“ ſprang auf den Wagen und wollte fort, eh’ Vale- rius noch eingeſtiegen war. Der flinke Bauer riß ihm aber die Zügel aus der Hand, ſtieß ihn rück- lings in den Wagen, ſprang ſelbſt hinauf, hob Valerius zu ſich, entriß dem Alten die Peitſche, und jagte in den Wald hinein. Hier hielt er ſtill, zäumte raſch auch das andre Pferd, gab Valerius die Zügel, horchte einen Augen- blick und ſagte dann: der Jude hat nicht gelogen,

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/51>, abgerufen am 28.04.2024.