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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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Stanislaus hatte seinen Freund schon angekün-
digt, und der alte Graf nahm ihn mit der zuvor-
kommendsten Liebenswürdigkeit auf.

Es war eine lange Reihe von Zimmern geöff-
net und erleuchtet. Der Militair hatte sich zu einem
andern Theile der Gesellschaft gewendet, die drei
Männer traten in das zweite Zimmer, und wäh-
rend der alte Graf seinen Gast mit einigen Gemäl-
den bekannt machte, entfernten sie sich weiter von
der Gesellschaft.

"Sie müssen sich nicht abschrecken lassen,"
sagte der alte Herr mit seinem liebenswürdigen Lä-
cheln, "wenn Jhnen nicht Alles bei uns die roman-
tische Probe gehalten hat, wenn Sie sogar durch
Manches arg verletzt werden; wir sind zu oft im
Wachsthum gestört. Von Hause aus waren wir
verzogne Kinder, unsre Freiheit erstickte im eignen
überflüssigen Blute, weil wir Alles im Herzen haben
wollten, und es nicht recht zu vertheilen wußten.
Verzogne Kinder bleiben auch im Unglück eigensin-
nig, und werden übermüthig bei jedem Schimmer
von Glück. Aber Sie sind ja aus dem Lande, was
Alles Fremde so gern gewähren läßt, überwinden

Stanislaus hatte ſeinen Freund ſchon angekün-
digt, und der alte Graf nahm ihn mit der zuvor-
kommendſten Liebenswürdigkeit auf.

Es war eine lange Reihe von Zimmern geöff-
net und erleuchtet. Der Militair hatte ſich zu einem
andern Theile der Geſellſchaft gewendet, die drei
Männer traten in das zweite Zimmer, und wäh-
rend der alte Graf ſeinen Gaſt mit einigen Gemäl-
den bekannt machte, entfernten ſie ſich weiter von
der Geſellſchaft.

„Sie müſſen ſich nicht abſchrecken laſſen,“
ſagte der alte Herr mit ſeinem liebenswürdigen Lä-
cheln, „wenn Jhnen nicht Alles bei uns die roman-
tiſche Probe gehalten hat, wenn Sie ſogar durch
Manches arg verletzt werden; wir ſind zu oft im
Wachsthum geſtört. Von Hauſe aus waren wir
verzogne Kinder, unſre Freiheit erſtickte im eignen
überflüſſigen Blute, weil wir Alles im Herzen haben
wollten, und es nicht recht zu vertheilen wußten.
Verzogne Kinder bleiben auch im Unglück eigenſin-
nig, und werden übermüthig bei jedem Schimmer
von Glück. Aber Sie ſind ja aus dem Lande, was
Alles Fremde ſo gern gewähren läßt, überwinden

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[203/0213] Stanislaus hatte ſeinen Freund ſchon angekün- digt, und der alte Graf nahm ihn mit der zuvor- kommendſten Liebenswürdigkeit auf. Es war eine lange Reihe von Zimmern geöff- net und erleuchtet. Der Militair hatte ſich zu einem andern Theile der Geſellſchaft gewendet, die drei Männer traten in das zweite Zimmer, und wäh- rend der alte Graf ſeinen Gaſt mit einigen Gemäl- den bekannt machte, entfernten ſie ſich weiter von der Geſellſchaft. „Sie müſſen ſich nicht abſchrecken laſſen,“ ſagte der alte Herr mit ſeinem liebenswürdigen Lä- cheln, „wenn Jhnen nicht Alles bei uns die roman- tiſche Probe gehalten hat, wenn Sie ſogar durch Manches arg verletzt werden; wir ſind zu oft im Wachsthum geſtört. Von Hauſe aus waren wir verzogne Kinder, unſre Freiheit erſtickte im eignen überflüſſigen Blute, weil wir Alles im Herzen haben wollten, und es nicht recht zu vertheilen wußten. Verzogne Kinder bleiben auch im Unglück eigenſin- nig, und werden übermüthig bei jedem Schimmer von Glück. Aber Sie ſind ja aus dem Lande, was Alles Fremde ſo gern gewähren läßt, überwinden

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/213>, abgerufen am 04.12.2024.