Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

und zu Zeiten störendsten Schulmeister in ihrem
Busen, und es mag oft ein leichtsinniger Mensch
eher gesetzt und besonnen werden, als ein gesetzter
leichtsinnig. Jener leichte Sinn war es wenigstens,
nach welchem Valerius so sehnlich verlangte, bisher
immer umsonst verlangte.

Diesmal trat er aber wirklich heitrer als gewöhn-
lich in den Saal. Der Anblick eines Balles war
ihm von jeher angenehm: Die zur Freude versam-
melten Menschen, die zur Freude geputzten Damen,
die zur Freude herausfordernde Musik gewährten ihm
immer den besten Eindruck. Es stimmte auch völlig
zu seinen Ansichten, die Fröhlichkeit, den heitern
Genuß zu erzeugen nach allen Kräften. Durch diesen
Kanal der sogenannten Lebensphilosophie hatte nun
einmal Alles zu ihm dringen müssen, und wenn
er auch jetzt anfing, dieses gemachte Wesen mit Un-
zufriedenheit anzusehn, wenn er sich auch lebhaft
nach jener Unbefangenheit sehnte, die allen Reiz
der Umnittelbarkeit über uns schüttet, so konnte er
sich doch, wie gesagt, nicht so schnell seiner Ver-
gangenheit entäußern; er mußte es geschehen lassen,
daß der eben auf ihn andringende gefällige Ein-

und zu Zeiten ſtörendſten Schulmeiſter in ihrem
Buſen, und es mag oft ein leichtſinniger Menſch
eher geſetzt und beſonnen werden, als ein geſetzter
leichtſinnig. Jener leichte Sinn war es wenigſtens,
nach welchem Valerius ſo ſehnlich verlangte, bisher
immer umſonſt verlangte.

Diesmal trat er aber wirklich heitrer als gewöhn-
lich in den Saal. Der Anblick eines Balles war
ihm von jeher angenehm: Die zur Freude verſam-
melten Menſchen, die zur Freude geputzten Damen,
die zur Freude herausfordernde Muſik gewährten ihm
immer den beſten Eindruck. Es ſtimmte auch völlig
zu ſeinen Anſichten, die Fröhlichkeit, den heitern
Genuß zu erzeugen nach allen Kräften. Durch dieſen
Kanal der ſogenannten Lebensphiloſophie hatte nun
einmal Alles zu ihm dringen müſſen, und wenn
er auch jetzt anfing, dieſes gemachte Weſen mit Un-
zufriedenheit anzuſehn, wenn er ſich auch lebhaft
nach jener Unbefangenheit ſehnte, die allen Reiz
der Umnittelbarkeit über uns ſchüttet, ſo konnte er
ſich doch, wie geſagt, nicht ſo ſchnell ſeiner Ver-
gangenheit entäußern; er mußte es geſchehen laſſen,
daß der eben auf ihn andringende gefällige Ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0157" n="147"/>
und zu Zeiten &#x017F;törend&#x017F;ten Schulmei&#x017F;ter in ihrem<lb/>
Bu&#x017F;en, und es mag oft ein leicht&#x017F;inniger Men&#x017F;ch<lb/>
eher ge&#x017F;etzt und be&#x017F;onnen werden, als ein ge&#x017F;etzter<lb/>
leicht&#x017F;innig. Jener leichte Sinn war es wenig&#x017F;tens,<lb/>
nach welchem Valerius &#x017F;o &#x017F;ehnlich verlangte, bisher<lb/>
immer um&#x017F;on&#x017F;t verlangte.</p><lb/>
          <p>Diesmal trat er aber wirklich heitrer als gewöhn-<lb/>
lich in den Saal. Der Anblick eines Balles war<lb/>
ihm von jeher angenehm: Die zur Freude ver&#x017F;am-<lb/>
melten Men&#x017F;chen, die zur Freude geputzten Damen,<lb/>
die zur Freude herausfordernde Mu&#x017F;ik gewährten ihm<lb/>
immer den be&#x017F;ten Eindruck. Es &#x017F;timmte auch völlig<lb/>
zu &#x017F;einen An&#x017F;ichten, die Fröhlichkeit, den heitern<lb/>
Genuß zu erzeugen nach allen Kräften. Durch die&#x017F;en<lb/>
Kanal der &#x017F;ogenannten Lebensphilo&#x017F;ophie hatte nun<lb/>
einmal Alles zu ihm dringen mü&#x017F;&#x017F;en, und wenn<lb/>
er auch jetzt anfing, die&#x017F;es gemachte We&#x017F;en mit Un-<lb/>
zufriedenheit anzu&#x017F;ehn, wenn er &#x017F;ich auch lebhaft<lb/>
nach jener Unbefangenheit &#x017F;ehnte, die allen Reiz<lb/>
der Umnittelbarkeit über uns &#x017F;chüttet, &#x017F;o konnte er<lb/>
&#x017F;ich doch, wie ge&#x017F;agt, nicht &#x017F;o &#x017F;chnell &#x017F;einer Ver-<lb/>
gangenheit entäußern; er mußte es ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß der eben auf ihn andringende gefällige Ein-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0157] und zu Zeiten ſtörendſten Schulmeiſter in ihrem Buſen, und es mag oft ein leichtſinniger Menſch eher geſetzt und beſonnen werden, als ein geſetzter leichtſinnig. Jener leichte Sinn war es wenigſtens, nach welchem Valerius ſo ſehnlich verlangte, bisher immer umſonſt verlangte. Diesmal trat er aber wirklich heitrer als gewöhn- lich in den Saal. Der Anblick eines Balles war ihm von jeher angenehm: Die zur Freude verſam- melten Menſchen, die zur Freude geputzten Damen, die zur Freude herausfordernde Muſik gewährten ihm immer den beſten Eindruck. Es ſtimmte auch völlig zu ſeinen Anſichten, die Fröhlichkeit, den heitern Genuß zu erzeugen nach allen Kräften. Durch dieſen Kanal der ſogenannten Lebensphiloſophie hatte nun einmal Alles zu ihm dringen müſſen, und wenn er auch jetzt anfing, dieſes gemachte Weſen mit Un- zufriedenheit anzuſehn, wenn er ſich auch lebhaft nach jener Unbefangenheit ſehnte, die allen Reiz der Umnittelbarkeit über uns ſchüttet, ſo konnte er ſich doch, wie geſagt, nicht ſo ſchnell ſeiner Ver- gangenheit entäußern; er mußte es geſchehen laſſen, daß der eben auf ihn andringende gefällige Ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/157
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/157>, abgerufen am 04.05.2024.