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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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andern Seite die stolzen Palläste, deren lichte Fen-
ster der Weichsel erzählten, wie die Polen alle wie-
der daheim seien, wie die Freude wieder angesiedelt
werde in jenen so lange schweigenden, glanzlosen
Häusern. Aus der Stadt her schallte Musik und
Gesang, und das Herz des traurigen Valerius
mußte endlich aufgehn in milderen Gedanken und
Empfindungen.

Es fiel ihm ein, daß er auf dem Wege zum
Grafen Kicki gewesen sei, der ihn zum Ball gela-
den, er hoffte fröhliche Menschen zu sehen, und
ging eiligst zurück nach der Stadt.

Jn einer engen Gasse sah er eine lichte Haus-
flur, und fröhliche junge Männergestalten, bald in
schmutzige Schafpelze, bald in glänzende Unifor-
men gekleidet gingen ein und aus; die ganze Straße
hallte wieder von patriotischen Gesängen der Ab-
und Zugehenden. Er blieb einen Augenblick stehen,
und es schien ihm, als sähe er Magyac eintreten.
Neugierig gieng er ihm nach, und erblickte sich bald
in einem großen Saale, in welchem sich zahlreiche
Gruppen von Männern befanden. Der Raum war
spärlich beleuchtet, und das bunte Durcheinander

andern Seite die ſtolzen Palläſte, deren lichte Fen-
ſter der Weichſel erzählten, wie die Polen alle wie-
der daheim ſeien, wie die Freude wieder angeſiedelt
werde in jenen ſo lange ſchweigenden, glanzloſen
Häuſern. Aus der Stadt her ſchallte Muſik und
Geſang, und das Herz des traurigen Valerius
mußte endlich aufgehn in milderen Gedanken und
Empfindungen.

Es fiel ihm ein, daß er auf dem Wege zum
Grafen Kicki geweſen ſei, der ihn zum Ball gela-
den, er hoffte fröhliche Menſchen zu ſehen, und
ging eiligſt zurück nach der Stadt.

Jn einer engen Gaſſe ſah er eine lichte Haus-
flur, und fröhliche junge Männergeſtalten, bald in
ſchmutzige Schafpelze, bald in glänzende Unifor-
men gekleidet gingen ein und aus; die ganze Straße
hallte wieder von patriotiſchen Geſängen der Ab-
und Zugehenden. Er blieb einen Augenblick ſtehen,
und es ſchien ihm, als ſähe er Magyac eintreten.
Neugierig gieng er ihm nach, und erblickte ſich bald
in einem großen Saale, in welchem ſich zahlreiche
Gruppen von Männern befanden. Der Raum war
ſpärlich beleuchtet, und das bunte Durcheinander

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[135/0145] andern Seite die ſtolzen Palläſte, deren lichte Fen- ſter der Weichſel erzählten, wie die Polen alle wie- der daheim ſeien, wie die Freude wieder angeſiedelt werde in jenen ſo lange ſchweigenden, glanzloſen Häuſern. Aus der Stadt her ſchallte Muſik und Geſang, und das Herz des traurigen Valerius mußte endlich aufgehn in milderen Gedanken und Empfindungen. Es fiel ihm ein, daß er auf dem Wege zum Grafen Kicki geweſen ſei, der ihn zum Ball gela- den, er hoffte fröhliche Menſchen zu ſehen, und ging eiligſt zurück nach der Stadt. Jn einer engen Gaſſe ſah er eine lichte Haus- flur, und fröhliche junge Männergeſtalten, bald in ſchmutzige Schafpelze, bald in glänzende Unifor- men gekleidet gingen ein und aus; die ganze Straße hallte wieder von patriotiſchen Geſängen der Ab- und Zugehenden. Er blieb einen Augenblick ſtehen, und es ſchien ihm, als ſähe er Magyac eintreten. Neugierig gieng er ihm nach, und erblickte ſich bald in einem großen Saale, in welchem ſich zahlreiche Gruppen von Männern befanden. Der Raum war ſpärlich beleuchtet, und das bunte Durcheinander

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/145>, abgerufen am 08.05.2024.