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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

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19.

Der Wind trieb die Wolken wie ein scheltender
Herr sein Gesinde am Himmel umher. Sie flogen
scheu unter dem Monde und den Sternen hinweg.
Valerius glaubte aber auch ohne dies, Sterne und
Himmel bewegten sich im Tanze, als er aus dem
Pallaste trat. Die Bewegung des Herzens macht
Alles beweglich, und es giebt keinen schöneren Sturm
im Menschen, als wenn eine Liebschaft ihre Knospe
schwellt, und wenn diese das Geheimniß ihrer Blume
zu heben beginnt. Das sind die Momente der
Himmelsahnung, welche uns die Gottheit gelassen
hat für dürre unerquickliche Steppen von freudlosen
Jahren, es sind die Cisternen unsrer Lebenswüste,
die immer einige Tropfen frisches Wasser bewahren,
mag es noch so heiß um uns drängen. Solche

19.

Der Wind trieb die Wolken wie ein ſcheltender
Herr ſein Geſinde am Himmel umher. Sie flogen
ſcheu unter dem Monde und den Sternen hinweg.
Valerius glaubte aber auch ohne dies, Sterne und
Himmel bewegten ſich im Tanze, als er aus dem
Pallaſte trat. Die Bewegung des Herzens macht
Alles beweglich, und es giebt keinen ſchöneren Sturm
im Menſchen, als wenn eine Liebſchaft ihre Knoſpe
ſchwellt, und wenn dieſe das Geheimniß ihrer Blume
zu heben beginnt. Das ſind die Momente der
Himmelsahnung, welche uns die Gottheit gelaſſen
hat für dürre unerquickliche Steppen von freudloſen
Jahren, es ſind die Ciſternen unſrer Lebenswüſte,
die immer einige Tropfen friſches Waſſer bewahren,
mag es noch ſo heiß um uns drängen. Solche

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[[216]/0226] 19. Der Wind trieb die Wolken wie ein ſcheltender Herr ſein Geſinde am Himmel umher. Sie flogen ſcheu unter dem Monde und den Sternen hinweg. Valerius glaubte aber auch ohne dies, Sterne und Himmel bewegten ſich im Tanze, als er aus dem Pallaſte trat. Die Bewegung des Herzens macht Alles beweglich, und es giebt keinen ſchöneren Sturm im Menſchen, als wenn eine Liebſchaft ihre Knoſpe ſchwellt, und wenn dieſe das Geheimniß ihrer Blume zu heben beginnt. Das ſind die Momente der Himmelsahnung, welche uns die Gottheit gelaſſen hat für dürre unerquickliche Steppen von freudloſen Jahren, es ſind die Ciſternen unſrer Lebenswüſte, die immer einige Tropfen friſches Waſſer bewahren, mag es noch ſo heiß um uns drängen. Solche

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. [216]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/226>, abgerufen am 29.12.2024.