Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

Dabei, lieber Hyppolit, muß ich im Vorbeigehen
dem Valerius Recht geben, und ihm Dank sagen: er
behauptete oft, wenn von dem Reiz der Schauspielerinnen
die Rede war, daß man mit diesen Damen nur ver¬
kehren müßte, wenn sie noch in selbigem Anzuge seien,
der sie auf der Bühne geschmückt, mit dem Gewande
schwinde die Illusion, und man bekäme ein Gedicht in
schleppende Prosa übersetzt.

Wahrhaftig, die Welt der Täuschung ist ja das
Einzige, was am Leben erfreut, ein Narr, der einen
Fetzen davon aufgiebt. Das Gepränge der Täuschung
macht die Schauspielerinnen gefährlich, -- wer möchte
in die Gefahr eingehen und den Glanz wegwerfen. Eine
Bajadere in ein Kattunkleid gesteckt, was zwei Ellen
lang, lieben wollen, heißt sich an einer Statue er¬
götzen, die gegen die Witterung in Leinwand gehüllt ist.

Kurz, ich führte meine Bajadere nach Hause und
sprach geflügelte Worte mit ihr. Aber das Erzählen ist
träg -- ein andermal von Euern Thaten, Sir John --
Ade, mein Fähndrich! --


Dabei, lieber Hyppolit, muß ich im Vorbeigehen
dem Valerius Recht geben, und ihm Dank ſagen: er
behauptete oft, wenn von dem Reiz der Schauſpielerinnen
die Rede war, daß man mit dieſen Damen nur ver¬
kehren müßte, wenn ſie noch in ſelbigem Anzuge ſeien,
der ſie auf der Bühne geſchmückt, mit dem Gewande
ſchwinde die Illuſion, und man bekäme ein Gedicht in
ſchleppende Proſa überſetzt.

Wahrhaftig, die Welt der Täuſchung iſt ja das
Einzige, was am Leben erfreut, ein Narr, der einen
Fetzen davon aufgiebt. Das Gepränge der Täuſchung
macht die Schauſpielerinnen gefährlich, — wer möchte
in die Gefahr eingehen und den Glanz wegwerfen. Eine
Bajadere in ein Kattunkleid geſteckt, was zwei Ellen
lang, lieben wollen, heißt ſich an einer Statue er¬
götzen, die gegen die Witterung in Leinwand gehüllt iſt.

Kurz, ich führte meine Bajadere nach Hauſe und
ſprach geflügelte Worte mit ihr. Aber das Erzählen iſt
träg — ein andermal von Euern Thaten, Sir John —
Ade, mein Fähndrich! —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0021" n="11"/>
        <p>Dabei, lieber Hyppolit, muß ich im Vorbeigehen<lb/>
dem Valerius Recht geben, und ihm Dank <choice><sic>&#x017F;ageu</sic><corr>&#x017F;agen</corr></choice>: er<lb/>
behauptete oft, wenn von dem Reiz der Schau&#x017F;pielerinnen<lb/>
die Rede war, daß man mit die&#x017F;en Damen nur ver¬<lb/>
kehren müßte, wenn &#x017F;ie noch in &#x017F;elbigem Anzuge &#x017F;eien,<lb/>
der &#x017F;ie auf der Bühne ge&#x017F;chmückt, mit dem Gewande<lb/>
&#x017F;chwinde die Illu&#x017F;ion, und man bekäme ein Gedicht in<lb/>
&#x017F;chleppende Pro&#x017F;a über&#x017F;etzt.</p><lb/>
        <p>Wahrhaftig, die Welt der Täu&#x017F;chung i&#x017F;t ja das<lb/>
Einzige, was am Leben erfreut, ein Narr, der einen<lb/>
Fetzen davon aufgiebt. Das Gepränge der Täu&#x017F;chung<lb/>
macht die Schau&#x017F;pielerinnen gefährlich, &#x2014; wer möchte<lb/>
in die Gefahr eingehen und den Glanz wegwerfen. Eine<lb/>
Bajadere in ein Kattunkleid ge&#x017F;teckt, was zwei Ellen<lb/>
lang, lieben wollen, heißt &#x017F;ich an einer Statue er¬<lb/>
götzen, die gegen die Witterung in Leinwand gehüllt i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Kurz, ich führte meine Bajadere nach Hau&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;prach geflügelte Worte mit ihr. Aber das Erzählen i&#x017F;t<lb/>
träg &#x2014; ein andermal von Euern Thaten, Sir John &#x2014;<lb/>
Ade, mein Fähndrich! &#x2014;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0021] Dabei, lieber Hyppolit, muß ich im Vorbeigehen dem Valerius Recht geben, und ihm Dank ſagen: er behauptete oft, wenn von dem Reiz der Schauſpielerinnen die Rede war, daß man mit dieſen Damen nur ver¬ kehren müßte, wenn ſie noch in ſelbigem Anzuge ſeien, der ſie auf der Bühne geſchmückt, mit dem Gewande ſchwinde die Illuſion, und man bekäme ein Gedicht in ſchleppende Proſa überſetzt. Wahrhaftig, die Welt der Täuſchung iſt ja das Einzige, was am Leben erfreut, ein Narr, der einen Fetzen davon aufgiebt. Das Gepränge der Täuſchung macht die Schauſpielerinnen gefährlich, — wer möchte in die Gefahr eingehen und den Glanz wegwerfen. Eine Bajadere in ein Kattunkleid geſteckt, was zwei Ellen lang, lieben wollen, heißt ſich an einer Statue er¬ götzen, die gegen die Witterung in Leinwand gehüllt iſt. Kurz, ich führte meine Bajadere nach Hauſe und ſprach geflügelte Worte mit ihr. Aber das Erzählen iſt träg — ein andermal von Euern Thaten, Sir John — Ade, mein Fähndrich! —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/21
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/21>, abgerufen am 21.11.2024.