Kopfe zurückfährt, ihm selbigen in diesem Augenblicke seiner Bestürzung und rückwärts gebeugten Haltung zu entringen. Bei diesem Ringen entfällt ihm der Mantel, ich erkenne Constantiens Schwager. Eine Berserkerwuth kam über mich, einen Augenblick wollte ich ihm mit der eignen Klinge den Wanst durchrennen. Er drängte sich aber schnell genug an mich, als ob er sich solch eines Aktes versehe, und verhinderte mich dadurch. Ich sprang einen Schritt zurück und hieb ihm die schmale Klinge durch's Gesicht. Vielleicht war der Hieb über ein Auge gegangen: er taumelte rückwärts. Ich stieß ihn mit der Faust vor die Brust, daß er klirrend und dröhnend rücklings auf das Pflaster schlug. Den Degen bog ich heftig gegen die Steine, daß die Klinge sprang, das Gefäß mit dem Stumpf warf ich weit in die Straße, und ging zurück hinaus in die Vorstadt, da ich die Nachtwächter kommen hörte. Es war kein Wort ge¬ sprochen worden, im Dunkeln, lautlos vergossen wir un¬ ser Blut. Ich war wieder jenseits der Promenade in die Gartenstraßen gerathen, mein Arm erstarrte und schmerzte, ich hatte mir auswendig über den durchschnitt¬ nen Aermel das Taschentuch festgebunden, um das Blut zu hemmen. Desdemona's Haus war in der Nähe;
Kopfe zurückfährt, ihm ſelbigen in dieſem Augenblicke ſeiner Beſtürzung und rückwärts gebeugten Haltung zu entringen. Bei dieſem Ringen entfällt ihm der Mantel, ich erkenne Conſtantiens Schwager. Eine Berſerkerwuth kam über mich, einen Augenblick wollte ich ihm mit der eignen Klinge den Wanſt durchrennen. Er drängte ſich aber ſchnell genug an mich, als ob er ſich ſolch eines Aktes verſehe, und verhinderte mich dadurch. Ich ſprang einen Schritt zurück und hieb ihm die ſchmale Klinge durch's Geſicht. Vielleicht war der Hieb über ein Auge gegangen: er taumelte rückwärts. Ich ſtieß ihn mit der Fauſt vor die Bruſt, daß er klirrend und dröhnend rücklings auf das Pflaſter ſchlug. Den Degen bog ich heftig gegen die Steine, daß die Klinge ſprang, das Gefäß mit dem Stumpf warf ich weit in die Straße, und ging zurück hinaus in die Vorſtadt, da ich die Nachtwächter kommen hörte. Es war kein Wort ge¬ ſprochen worden, im Dunkeln, lautlos vergoſſen wir un¬ ſer Blut. Ich war wieder jenſeits der Promenade in die Gartenſtraßen gerathen, mein Arm erſtarrte und ſchmerzte, ich hatte mir auswendig über den durchſchnitt¬ nen Aermel das Taſchentuch feſtgebunden, um das Blut zu hemmen. Desdemona's Haus war in der Nähe;
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Kopfe zurückfährt, ihm ſelbigen in dieſem Augenblicke
ſeiner Beſtürzung und rückwärts gebeugten Haltung zu
entringen. Bei dieſem Ringen entfällt ihm der Mantel,
ich erkenne Conſtantiens Schwager. Eine Berſerkerwuth
kam über mich, einen Augenblick wollte ich ihm mit
der eignen Klinge den Wanſt durchrennen. Er drängte
ſich aber ſchnell genug an mich, als ob er ſich ſolch
eines Aktes verſehe, und verhinderte mich dadurch. Ich
ſprang einen Schritt zurück und hieb ihm die ſchmale
Klinge durch's Geſicht. Vielleicht war der Hieb über
ein Auge gegangen: er taumelte rückwärts. Ich ſtieß
ihn mit der Fauſt vor die Bruſt, daß er klirrend und
dröhnend rücklings auf das Pflaſter ſchlug. Den Degen
bog ich heftig gegen die Steine, daß die Klinge ſprang,
das Gefäß mit dem Stumpf warf ich weit in die Straße,
und ging zurück hinaus in die Vorſtadt, da ich die
Nachtwächter kommen hörte. Es war kein Wort ge¬
ſprochen worden, im Dunkeln, lautlos vergoſſen wir un¬
ſer Blut. Ich war wieder jenſeits der Promenade in
die Gartenſtraßen gerathen, mein Arm erſtarrte und
ſchmerzte, ich hatte mir auswendig über den durchſchnitt¬
nen Aermel das Taſchentuch feſtgebunden, um das Blut
zu hemmen. Desdemona's Haus war in der Nähe;
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/151>, abgerufen am 16.07.2024.
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