Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. Schweidler. Ein Anstand thäte Noth in allen Dingen! Rüdiger (für sich.) Aha! -- Ja, 's ist ein gefräßiger Wolf, der sich hier herumtreibt! Schweidler. Gefräßig? Das wär' ein grobes Wort -- naschhaft vielleicht, Herr Junker, naschhaft! Rüdiger. Ein sehr höfliches Wort für einen Wolf! Schweidler. Ja -- na, was steht sie denn so unnütz, Jungfer! Und warum ist denn die Jlse nicht hier? he? Hast Du (mit einem Blicke auf Rüdiger) nicht gehört, daß der Herr Amts- hauptmann jetzt gleich einsprechen will? Marie. Leider! Schweidler. Leider? Ja. Leider, nein! Sagt man "leider," wenn der Herr Pflegesohn daneben steht? Höflichkeit in allen Stücken! Rüdiger. Keine Umstände, Herr Pfarr! Herr Wittich vertritt mich nicht bei den Jungfern und ich vertrete ihn nicht, der Geschmack ist frei. Die Bernſteinhexe. Schweidler. Ein Anſtand thaͤte Noth in allen Dingen! Rüdiger (fuͤr ſich.) Aha! — Ja, ’s iſt ein gefraͤßiger Wolf, der ſich hier herumtreibt! Schweidler. Gefraͤßig? Das waͤr’ ein grobes Wort — naſchhaft vielleicht, Herr Junker, naſchhaft! Rüdiger. Ein ſehr hoͤfliches Wort fuͤr einen Wolf! Schweidler. Ja — na, was ſteht ſie denn ſo unnuͤtz, Jungfer! Und warum iſt denn die Jlſe nicht hier? he? Haſt Du (mit einem Blicke auf Ruͤdiger) nicht gehoͤrt, daß der Herr Amts- hauptmann jetzt gleich einſprechen will? Marie. Leider! Schweidler. Leider? Ja. Leider, nein! Sagt man „leider,“ wenn der Herr Pflegeſohn daneben ſteht? Hoͤflichkeit in allen Stuͤcken! Rüdiger. Keine Umſtaͤnde, Herr Pfarr! Herr Wittich vertritt mich nicht bei den Jungfern und ich vertrete ihn nicht, der Geſchmack iſt frei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0078" n="72"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Ein Anſtand thaͤte Noth in allen Dingen!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger</hi> </speaker> <stage>(fuͤr ſich.)</stage><lb/> <p>Aha! — Ja, ’s iſt ein gefraͤßiger Wolf, der ſich hier<lb/> herumtreibt!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Gefraͤßig? Das waͤr’ ein grobes Wort — naſchhaft<lb/> vielleicht, Herr Junker, naſchhaft!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Ein ſehr hoͤfliches Wort fuͤr einen Wolf!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Ja — na, was ſteht ſie denn ſo unnuͤtz, Jungfer! Und<lb/> warum iſt denn die Jlſe nicht hier? he? Haſt Du</p> <stage>(mit<lb/> einem Blicke auf Ruͤdiger)</stage> <p>nicht gehoͤrt, daß der Herr Amts-<lb/> hauptmann jetzt gleich einſprechen will?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </speaker><lb/> <p>Leider!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Leider? Ja. Leider, nein! Sagt man „leider,“ wenn<lb/> der Herr Pflegeſohn daneben ſteht? Hoͤflichkeit in allen<lb/> Stuͤcken!</p> </sp><lb/> <sp who="#RUED"> <speaker> <hi rendition="#b">Rüdiger.</hi> </speaker><lb/> <p>Keine Umſtaͤnde, Herr Pfarr! Herr Wittich vertritt<lb/><hi rendition="#g">mich</hi> nicht bei den Jungfern und ich vertrete <hi rendition="#g">ihn</hi> nicht,<lb/> der Geſchmack iſt frei.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0078]
Die Bernſteinhexe.
Schweidler.
Ein Anſtand thaͤte Noth in allen Dingen!
Rüdiger (fuͤr ſich.)
Aha! — Ja, ’s iſt ein gefraͤßiger Wolf, der ſich hier
herumtreibt!
Schweidler.
Gefraͤßig? Das waͤr’ ein grobes Wort — naſchhaft
vielleicht, Herr Junker, naſchhaft!
Rüdiger.
Ein ſehr hoͤfliches Wort fuͤr einen Wolf!
Schweidler.
Ja — na, was ſteht ſie denn ſo unnuͤtz, Jungfer! Und
warum iſt denn die Jlſe nicht hier? he? Haſt Du (mit
einem Blicke auf Ruͤdiger) nicht gehoͤrt, daß der Herr Amts-
hauptmann jetzt gleich einſprechen will?
Marie.
Leider!
Schweidler.
Leider? Ja. Leider, nein! Sagt man „leider,“ wenn
der Herr Pflegeſohn daneben ſteht? Hoͤflichkeit in allen
Stuͤcken!
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Keine Umſtaͤnde, Herr Pfarr! Herr Wittich vertritt
mich nicht bei den Jungfern und ich vertrete ihn nicht,
der Geſchmack iſt frei.
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