Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Zweiter Akt. Dasselbe Zimmer wie im ersten Akte. Es ist leer, und es ist Tageslicht. Erste Scene. Birkhahn (sieht vorsichtig durch die Thür herein und tritt dann ein, an der Thür links horchend). Kein Mäuschen regt sich; ich glaube wahrhaftig, sie hat sich ein Herz gefaßt und ist in die Frühkirche gegan- gen! Jch hatte aber das Herz nicht, in die Kirche hinein zu treten; solch 'ne Angst hab' ich mein Lebtag nicht in den Gliedern gehabt! -- (Er sieht nach dem Seiger.) Halb Sechs! Hat sie doch gestern Abend die Ruhe noch gefun- den, den Seiger aufzuziehn, gute Jungfer, sie ist gewiß un- schuldig! Aber 's glaubt mir's kein Mensch. -- Mag's sein wie's will, und wenn mein Mühlstein drüber den Kasten zerreißt, ich bleibe bei ihr und such' ihr zu hel- Zweiter Akt. Daſſelbe Zimmer wie im erſten Akte. Es iſt leer, und es iſt Tageslicht. Erſte Scene. Birkhahn (ſieht vorſichtig durch die Thuͤr herein und tritt dann ein, an der Thuͤr links horchend). Kein Maͤuschen regt ſich; ich glaube wahrhaftig, ſie hat ſich ein Herz gefaßt und iſt in die Fruͤhkirche gegan- gen! Jch hatte aber das Herz nicht, in die Kirche hinein zu treten; ſolch ’ne Angſt hab’ ich mein Lebtag nicht in den Gliedern gehabt! — (Er ſieht nach dem Seiger.) Halb Sechs! Hat ſie doch geſtern Abend die Ruhe noch gefun- den, den Seiger aufzuziehn, gute Jungfer, ſie iſt gewiß un- ſchuldig! Aber ’s glaubt mir’s kein Menſch. — Mag’s ſein wie’s will, und wenn mein Muͤhlſtein druͤber den Kaſten zerreißt, ich bleibe bei ihr und ſuch’ ihr zu hel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0100" n="[94]"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage>Daſſelbe Zimmer wie im erſten Akte. Es iſt leer, und es iſt<lb/> Tageslicht.</stage><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Erſte Scene</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <sp who="#BIR"> <speaker> <hi rendition="#b">Birkhahn</hi> </speaker> <stage>(ſieht vorſichtig durch die Thuͤr herein und tritt dann<lb/> ein, an der Thuͤr links horchend).</stage><lb/> <p>Kein Maͤuschen regt ſich; ich glaube wahrhaftig, ſie<lb/> hat ſich ein Herz gefaßt und iſt in die Fruͤhkirche gegan-<lb/> gen! Jch hatte aber das Herz nicht, in die Kirche hinein<lb/> zu treten; ſolch ’ne Angſt hab’ ich mein Lebtag nicht in<lb/> den Gliedern gehabt! —</p> <stage>(Er ſieht nach dem Seiger.)</stage> <p>Halb<lb/> Sechs! Hat ſie doch geſtern Abend die Ruhe noch gefun-<lb/> den, den Seiger aufzuziehn, gute Jungfer, ſie iſt gewiß un-<lb/> ſchuldig! Aber ’s glaubt mir’s kein Menſch. — Mag’s<lb/> ſein wie’s will, und wenn mein Muͤhlſtein druͤber den<lb/> Kaſten zerreißt, ich bleibe bei ihr und ſuch’ ihr zu hel-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[94]/0100]
Zweiter Akt.
Daſſelbe Zimmer wie im erſten Akte. Es iſt leer, und es iſt
Tageslicht.
Erſte Scene.
Birkhahn (ſieht vorſichtig durch die Thuͤr herein und tritt dann
ein, an der Thuͤr links horchend).
Kein Maͤuschen regt ſich; ich glaube wahrhaftig, ſie
hat ſich ein Herz gefaßt und iſt in die Fruͤhkirche gegan-
gen! Jch hatte aber das Herz nicht, in die Kirche hinein
zu treten; ſolch ’ne Angſt hab’ ich mein Lebtag nicht in
den Gliedern gehabt! — (Er ſieht nach dem Seiger.) Halb
Sechs! Hat ſie doch geſtern Abend die Ruhe noch gefun-
den, den Seiger aufzuziehn, gute Jungfer, ſie iſt gewiß un-
ſchuldig! Aber ’s glaubt mir’s kein Menſch. — Mag’s
ſein wie’s will, und wenn mein Muͤhlſtein druͤber den
Kaſten zerreißt, ich bleibe bei ihr und ſuch’ ihr zu hel-
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Zitationshilfe: | Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. [94]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/100>, abgerufen am 27.07.2024. |