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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Prolog.


Wenn Frauen jedes Vorwort überschlagen
Und Männer alles, was an Verse streift,
So darf man, hoff' ich, von dem unsern sagen,
Daß es zum höchsten Ziel der Kunst gereift.
Denn rein als Selbstzweck wird es vorgetragen,
Weil jeder gleich zu Text und Prosa greift;
Der Autor liest es ganz allein von allen --
So wird es sicher "allgemein" gefallen.
Doch ein Programm, auch wenn es niemand hört,
Soll im Prolog ästhetisch uns verpflichten.
Das schickt sich so! Und wer nicht willig schwört
Zu unsrer Fahne -- nun, der mag verzichten.
Er gilt uns selbstverständlich als bethört,
Begreift uns nicht und braucht uns nicht zu richten --
Vorausgesetzt, daß er zu tadeln fand,
Denn loben darf auch, wer uns nicht verstand.
Wir werden also erstlich deduzieren,
Warum die Seife wohlgefallen muß;
Wir werden dann die Kugel demonstrieren
Als Form für den berechtigten Genuß.
Und sollten wir trotzdem nicht reüssieren,
So bleibt uns keine Rettung zum Beschluß
Als aus den Grenzen wachsamer Doktrin
Jns Reich der Dichtung ohne Paß zu flieh'n.
Laßwitz, Seifenblasen. 1
Prolog.


Wenn Frauen jedes Vorwort überſchlagen
Und Männer alles, was an Verſe ſtreift,
So darf man, hoff’ ich, von dem unſern ſagen,
Daß es zum höchſten Ziel der Kunſt gereift.
Denn rein als Selbſtzweck wird es vorgetragen,
Weil jeder gleich zu Text und Proſa greift;
Der Autor lieſt es ganz allein von allen —
So wird es ſicher „allgemein“ gefallen.
Doch ein Programm, auch wenn es niemand hört,
Soll im Prolog äſthetiſch uns verpflichten.
Das ſchickt ſich ſo! Und wer nicht willig ſchwört
Zu unſrer Fahne — nun, der mag verzichten.
Er gilt uns ſelbſtverſtändlich als bethört,
Begreift uns nicht und braucht uns nicht zu richten —
Vorausgeſetzt, daß er zu tadeln fand,
Denn loben darf auch, wer uns nicht verſtand.
Wir werden alſo erſtlich deduzieren,
Warum die Seife wohlgefallen muß;
Wir werden dann die Kugel demonſtrieren
Als Form für den berechtigten Genuß.
Und ſollten wir trotzdem nicht reüſſieren,
So bleibt uns keine Rettung zum Beſchluß
Als aus den Grenzen wachſamer Doktrin
Jns Reich der Dichtung ohne Paß zu flieh’n.
Laßwitz, Seifenblaſen. 1
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[[1]/0007] Prolog. Wenn Frauen jedes Vorwort überſchlagen Und Männer alles, was an Verſe ſtreift, So darf man, hoff’ ich, von dem unſern ſagen, Daß es zum höchſten Ziel der Kunſt gereift. Denn rein als Selbſtzweck wird es vorgetragen, Weil jeder gleich zu Text und Proſa greift; Der Autor lieſt es ganz allein von allen — So wird es ſicher „allgemein“ gefallen. Doch ein Programm, auch wenn es niemand hört, Soll im Prolog äſthetiſch uns verpflichten. Das ſchickt ſich ſo! Und wer nicht willig ſchwört Zu unſrer Fahne — nun, der mag verzichten. Er gilt uns ſelbſtverſtändlich als bethört, Begreift uns nicht und braucht uns nicht zu richten — Vorausgeſetzt, daß er zu tadeln fand, Denn loben darf auch, wer uns nicht verſtand. Wir werden alſo erſtlich deduzieren, Warum die Seife wohlgefallen muß; Wir werden dann die Kugel demonſtrieren Als Form für den berechtigten Genuß. Und ſollten wir trotzdem nicht reüſſieren, So bleibt uns keine Rettung zum Beſchluß Als aus den Grenzen wachſamer Doktrin Jns Reich der Dichtung ohne Paß zu flieh’n. Laßwitz, Seifenblaſen. 1

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/7>, abgerufen am 28.11.2024.