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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Aladdins Wunderlampe.
Zauberers einem unterirdischen Gemache, wo sie viel-
leicht schon viele Jahrhunderte gebrannt hatte."

"Na, da wollen wir doch gleich einmal daran
reiben!" rief Alanders lebhaftes Frauchen und griff
nach der Lampe.

"Was fällt Dir ein, Helene!" unterbrach sie der
Professor entrüstet. "Die schöne Patina! Du würdest
die ganze Lampe entwerten!"

Frau Alander warf das Köpschen in die Höhe und
griff wieder nach ihrer Arbeit.

"Was nützt mir Aladdins Wunderlampe, wenn man
sie nicht reiben darf!"

Jch hob das Zwirnknäuel zum zweitenmal auf und
wollte eben noch ein Wort zu Gunsten des Reibungs-
versuches einlegen, als meine Frau ausrief:

"Aber da unten steht eine Jnschrift, sehen Sie!"

Wir fuhren wieder auf die Lampe zu.

"Es ist arabisch," sagte der Professor. Er holte
eine Lupe und zündete ein Licht an.

"Wenn es doch Aladdins Lampe wäre!" rief Frau
Alander. "Dann wird sie gerieben trotz Patina!"

Sie klopfte energisch mit der Häkelnadel auf den
Tisch. Das Knäuel fiel hinab.

"Jst der Geist sehr schrecklich, wenn er erscheint?"

"Das kommt darauf an, wie stark man reibt," sagte
ich, mich bückend. "Gewöhnlich erscheint er in einer
Wolke an der Decke; aber ich kann ihm ja befehlen,
gleich unter den Tisch zu kriechen, denn Jhr erster Auf-
trag würde doch wohl sein, dieses Knäuel ..."

Aladdins Wunderlampe.
Zauberers einem unterirdiſchen Gemache, wo ſie viel-
leicht ſchon viele Jahrhunderte gebrannt hatte.“

„Na, da wollen wir doch gleich einmal daran
reiben!“ rief Alanders lebhaftes Frauchen und griff
nach der Lampe.

„Was fällt Dir ein, Helene!“ unterbrach ſie der
Profeſſor entrüſtet. „Die ſchöne Patina! Du würdeſt
die ganze Lampe entwerten!“

Frau Alander warf das Köpſchen in die Höhe und
griff wieder nach ihrer Arbeit.

„Was nützt mir Aladdins Wunderlampe, wenn man
ſie nicht reiben darf!“

Jch hob das Zwirnknäuel zum zweitenmal auf und
wollte eben noch ein Wort zu Gunſten des Reibungs-
verſuches einlegen, als meine Frau ausrief:

„Aber da unten ſteht eine Jnſchrift, ſehen Sie!“

Wir fuhren wieder auf die Lampe zu.

„Es iſt arabiſch,“ ſagte der Profeſſor. Er holte
eine Lupe und zündete ein Licht an.

„Wenn es doch Aladdins Lampe wäre!“ rief Frau
Alander. „Dann wird ſie gerieben trotz Patina!“

Sie klopfte energiſch mit der Häkelnadel auf den
Tiſch. Das Knäuel fiel hinab.

„Jſt der Geiſt ſehr ſchrecklich, wenn er erſcheint?“

„Das kommt darauf an, wie ſtark man reibt,“ ſagte
ich, mich bückend. „Gewöhnlich erſcheint er in einer
Wolke an der Decke; aber ich kann ihm ja befehlen,
gleich unter den Tiſch zu kriechen, denn Jhr erſter Auf-
trag würde doch wohl ſein, dieſes Knäuel ...“

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[61/0067] Aladdins Wunderlampe. Zauberers einem unterirdiſchen Gemache, wo ſie viel- leicht ſchon viele Jahrhunderte gebrannt hatte.“ „Na, da wollen wir doch gleich einmal daran reiben!“ rief Alanders lebhaftes Frauchen und griff nach der Lampe. „Was fällt Dir ein, Helene!“ unterbrach ſie der Profeſſor entrüſtet. „Die ſchöne Patina! Du würdeſt die ganze Lampe entwerten!“ Frau Alander warf das Köpſchen in die Höhe und griff wieder nach ihrer Arbeit. „Was nützt mir Aladdins Wunderlampe, wenn man ſie nicht reiben darf!“ Jch hob das Zwirnknäuel zum zweitenmal auf und wollte eben noch ein Wort zu Gunſten des Reibungs- verſuches einlegen, als meine Frau ausrief: „Aber da unten ſteht eine Jnſchrift, ſehen Sie!“ Wir fuhren wieder auf die Lampe zu. „Es iſt arabiſch,“ ſagte der Profeſſor. Er holte eine Lupe und zündete ein Licht an. „Wenn es doch Aladdins Lampe wäre!“ rief Frau Alander. „Dann wird ſie gerieben trotz Patina!“ Sie klopfte energiſch mit der Häkelnadel auf den Tiſch. Das Knäuel fiel hinab. „Jſt der Geiſt ſehr ſchrecklich, wenn er erſcheint?“ „Das kommt darauf an, wie ſtark man reibt,“ ſagte ich, mich bückend. „Gewöhnlich erſcheint er in einer Wolke an der Decke; aber ich kann ihm ja befehlen, gleich unter den Tiſch zu kriechen, denn Jhr erſter Auf- trag würde doch wohl ſein, dieſes Knäuel ...“

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/67>, abgerufen am 03.05.2024.