Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
Aladdins Wunderlampe.

"Jhre Aufzählung von Zauber-Requisiten war sehr
unvollständig," entgegnete ich. "Mit diesen beschränkten
Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal
in den Hexenschatz greifen könnte, so wählte ich irgend
ein Mittel, wodurch mir jeder Wunsch erfüllt würde--"

"Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug
anrichten," unterbrach mich Frau Alander und rückte
ein Stück zur Seite; "dann sitze ich nicht mehr neben
Jhnen --"

"Dann würde ich mir's eben wünschen müssen,"
sagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel
auf. "Und das Knäuel --"

"Ließen Sie natürlich liegen --"

"Und wärst der unglücklichste Mensch der Welt, dem
jede Laune erfüllt wird und der keine Wünsche mehr
hat," bemerkte meine Frau.

"Das sehe ich nicht ein. Denn erstens könnte
ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und
zweitens --"

"Könnten Sie sich ja vorher den nötigen Ver-
stand wünschen," meinte Alander trocken.

"Erlauben Sie," sagte ich. "Jch meine das Ding
nicht so, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur
That werden sollte; nein, ich würde mir einen Apparat
wählen, der erst nach einer gewissen Überlegung benützt
werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch
nicht allmächtigen Geist dienstbar machte -- dadurch
schon wäre eine wohlthätige Einschränkung gegeben --
ich will einmal sagen, Aladdins Wunderlampe."

Aladdins Wunderlampe.

„Jhre Aufzählung von Zauber-Requiſiten war ſehr
unvollſtändig,“ entgegnete ich. „Mit dieſen beſchränkten
Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal
in den Hexenſchatz greifen könnte, ſo wählte ich irgend
ein Mittel, wodurch mir jeder Wunſch erfüllt würde—“

„Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug
anrichten,“ unterbrach mich Frau Alander und rückte
ein Stück zur Seite; „dann ſitze ich nicht mehr neben
Jhnen —“

„Dann würde ich mir’s eben wünſchen müſſen,“
ſagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel
auf. „Und das Knäuel —“

„Ließen Sie natürlich liegen —“

„Und wärſt der unglücklichſte Menſch der Welt, dem
jede Laune erfüllt wird und der keine Wünſche mehr
hat,“ bemerkte meine Frau.

„Das ſehe ich nicht ein. Denn erſtens könnte
ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und
zweitens —“

„Könnten Sie ſich ja vorher den nötigen Ver-
ſtand wünſchen,“ meinte Alander trocken.

„Erlauben Sie,“ ſagte ich. „Jch meine das Ding
nicht ſo, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur
That werden ſollte; nein, ich würde mir einen Apparat
wählen, der erſt nach einer gewiſſen Überlegung benützt
werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch
nicht allmächtigen Geiſt dienſtbar machte — dadurch
ſchon wäre eine wohlthätige Einſchränkung gegeben —
ich will einmal ſagen, Aladdins Wunderlampe.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0065" n="59"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Aladdins Wunderlampe.</hi> </fw><lb/>
        <p>&#x201E;Jhre Aufzählung von Zauber-Requi&#x017F;iten war &#x017F;ehr<lb/>
unvoll&#x017F;tändig,&#x201C; entgegnete ich. &#x201E;Mit die&#x017F;en be&#x017F;chränkten<lb/>
Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal<lb/>
in den Hexen&#x017F;chatz greifen könnte, &#x017F;o wählte ich irgend<lb/>
ein Mittel, wodurch mir jeder Wun&#x017F;ch erfüllt würde&#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug<lb/>
anrichten,&#x201C; unterbrach mich Frau Alander und rückte<lb/>
ein Stück zur Seite; &#x201E;dann &#x017F;itze ich nicht mehr neben<lb/>
Jhnen &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann würde ich mir&#x2019;s eben wün&#x017F;chen mü&#x017F;&#x017F;en,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel<lb/>
auf. &#x201E;Und das Knäuel &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ließen Sie natürlich liegen &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und wär&#x017F;t der unglücklich&#x017F;te Men&#x017F;ch der Welt, dem<lb/>
jede Laune erfüllt wird und der keine Wün&#x017F;che mehr<lb/>
hat,&#x201C; bemerkte meine Frau.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das &#x017F;ehe ich nicht ein. Denn er&#x017F;tens könnte<lb/>
ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und<lb/>
zweitens &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Könnten Sie &#x017F;ich ja vorher den nötigen Ver-<lb/>
&#x017F;tand wün&#x017F;chen,&#x201C; meinte Alander trocken.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Erlauben Sie,&#x201C; &#x017F;agte ich. &#x201E;Jch meine das Ding<lb/>
nicht &#x017F;o, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur<lb/>
That werden &#x017F;ollte; nein, ich würde mir einen Apparat<lb/>
wählen, der er&#x017F;t nach einer gewi&#x017F;&#x017F;en Überlegung benützt<lb/>
werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch<lb/>
nicht allmächtigen Gei&#x017F;t dien&#x017F;tbar machte &#x2014; dadurch<lb/>
&#x017F;chon wäre eine wohlthätige Ein&#x017F;chränkung gegeben &#x2014;<lb/>
ich will einmal &#x017F;agen, Aladdins Wunderlampe.&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0065] Aladdins Wunderlampe. „Jhre Aufzählung von Zauber-Requiſiten war ſehr unvollſtändig,“ entgegnete ich. „Mit dieſen beſchränkten Qualitäten bin ich nicht zufrieden. Wenn ich einmal in den Hexenſchatz greifen könnte, ſo wählte ich irgend ein Mittel, wodurch mir jeder Wunſch erfüllt würde—“ „Um Himmelswillen, was würden Sie da für Unfug anrichten,“ unterbrach mich Frau Alander und rückte ein Stück zur Seite; „dann ſitze ich nicht mehr neben Jhnen —“ „Dann würde ich mir’s eben wünſchen müſſen,“ ſagte ich und hob ihr das herabgefallene Zwirnknäuel auf. „Und das Knäuel —“ „Ließen Sie natürlich liegen —“ „Und wärſt der unglücklichſte Menſch der Welt, dem jede Laune erfüllt wird und der keine Wünſche mehr hat,“ bemerkte meine Frau. „Das ſehe ich nicht ein. Denn erſtens könnte ich ja jede etwaige Thorheit wieder reparieren, und zweitens —“ „Könnten Sie ſich ja vorher den nötigen Ver- ſtand wünſchen,“ meinte Alander trocken. „Erlauben Sie,“ ſagte ich. „Jch meine das Ding nicht ſo, daß jeder flüchtige Gedanke mir gleich zur That werden ſollte; nein, ich würde mir einen Apparat wählen, der erſt nach einer gewiſſen Überlegung benützt werden kann, der mir etwa einen gewaltigen, aber doch nicht allmächtigen Geiſt dienſtbar machte — dadurch ſchon wäre eine wohlthätige Einſchränkung gegeben — ich will einmal ſagen, Aladdins Wunderlampe.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/65
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/65>, abgerufen am 22.11.2024.