Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Mirax. Selbstbewußtsein gelangen könne, ließ ihm doch keineRuhe; er konnte ja dann immer noch thun und lassen, was er wollte. So suchte er nach einem Objekt, dem er sich gegenübersetzen könnte. Sobald er etwas bemerkte, was ihm gefiel, machte Eines Tages ging er höchst verdrießlich auf Grön- Mirax. Selbſtbewußtſein gelangen könne, ließ ihm doch keineRuhe; er konnte ja dann immer noch thun und laſſen, was er wollte. So ſuchte er nach einem Objekt, dem er ſich gegenüberſetzen könnte. Sobald er etwas bemerkte, was ihm gefiel, machte Eines Tages ging er höchſt verdrießlich auf Grön- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Mirax.</hi></fw><lb/> Selbſtbewußtſein gelangen könne, ließ ihm doch keine<lb/> Ruhe; er konnte ja dann immer noch thun und laſſen,<lb/> was er wollte. So ſuchte er nach einem Objekt, dem<lb/> er ſich gegenüberſetzen könnte.</p><lb/> <p>Sobald er etwas bemerkte, was ihm gefiel, machte<lb/> er ſogleich den Verſuch, ob es ihm erreichbar ſei. Der<lb/> Geiſir beſaß eine ſchöne Tabakspfeife, denn er rauchte<lb/> noch immer ſtark; aber kaum hatte der Erdgeiſt den<lb/> Wunſch danach ausgeſprochen, ſo wurde ſie ihm ſchon<lb/> dediciert. Und ſo ging es ihm mit Allem. Es gab<lb/> wohl vielerlei, was er nicht erlangen konnte, ſo z. B.<lb/> das Selbſtbewußtſein; aber er fühlte nicht, daß dieſe<lb/> Dinge zu ihm gehörten, und ſo nützten ſie ihm nichts<lb/> zur Spaltung des Bewußtſeins. Was aber zu ihm ge-<lb/> hörte, die eiſigen Spitzen des Himalaya und die Glut-<lb/> bäche des Erdinnern, das gehorchte ſeiner Gewalt, und<lb/> die Spiele ſeiner Geiſterlaune waren die Geſetze der<lb/> Natur.</p><lb/> <p>Eines Tages ging er höchſt verdrießlich auf Grön-<lb/> land ſpazieren, wo er eben den Seehund beſucht hatte.<lb/> Da ſah er lichte Strahlen emporzucken, in bunten<lb/> Feuern erglänzte das Firmament, ein herrliches Nordlicht<lb/> enthüllte ſeine Pracht den ſtaunenden Blicken des Erd-<lb/> geiſtes. Er fühlte, daß dieſe Erſcheinung zu ihm, zu<lb/> ſeinem Erdleben gehöre, und er wünſchte die Strahlen-<lb/> krone auf ſein Haupt zu ſetzen. Doch wie er die Hand<lb/> danach ausſtreckte, wich ſie zurück; von ihm fort flohen<lb/> die Nordlichtgluten, vergebens befahl und drohte, ver-<lb/> gebens bat er und flehte — unerreichbar in der Höhe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0208]
Mirax.
Selbſtbewußtſein gelangen könne, ließ ihm doch keine
Ruhe; er konnte ja dann immer noch thun und laſſen,
was er wollte. So ſuchte er nach einem Objekt, dem
er ſich gegenüberſetzen könnte.
Sobald er etwas bemerkte, was ihm gefiel, machte
er ſogleich den Verſuch, ob es ihm erreichbar ſei. Der
Geiſir beſaß eine ſchöne Tabakspfeife, denn er rauchte
noch immer ſtark; aber kaum hatte der Erdgeiſt den
Wunſch danach ausgeſprochen, ſo wurde ſie ihm ſchon
dediciert. Und ſo ging es ihm mit Allem. Es gab
wohl vielerlei, was er nicht erlangen konnte, ſo z. B.
das Selbſtbewußtſein; aber er fühlte nicht, daß dieſe
Dinge zu ihm gehörten, und ſo nützten ſie ihm nichts
zur Spaltung des Bewußtſeins. Was aber zu ihm ge-
hörte, die eiſigen Spitzen des Himalaya und die Glut-
bäche des Erdinnern, das gehorchte ſeiner Gewalt, und
die Spiele ſeiner Geiſterlaune waren die Geſetze der
Natur.
Eines Tages ging er höchſt verdrießlich auf Grön-
land ſpazieren, wo er eben den Seehund beſucht hatte.
Da ſah er lichte Strahlen emporzucken, in bunten
Feuern erglänzte das Firmament, ein herrliches Nordlicht
enthüllte ſeine Pracht den ſtaunenden Blicken des Erd-
geiſtes. Er fühlte, daß dieſe Erſcheinung zu ihm, zu
ſeinem Erdleben gehöre, und er wünſchte die Strahlen-
krone auf ſein Haupt zu ſetzen. Doch wie er die Hand
danach ausſtreckte, wich ſie zurück; von ihm fort flohen
die Nordlichtgluten, vergebens befahl und drohte, ver-
gebens bat er und flehte — unerreichbar in der Höhe
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