Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.Das Spiel verloren. Neigung Gehör gegeben und der Freundin zu Liebedie Erde verlassen, wo er hätte wirken sollen? Gewiß, es war nicht seine Absicht gewesen, sich dieser Pflicht zu entziehen, äußere Umstände hatten ihn verhindert, rechtzeitig zu ihr zurückzukehren. Aber eben diesen Umständen durfte er keinen Spielraum des Zufalls gestatten, er hätte sich der Gefahr nicht aussetzen dürfen, die Pflicht zu versäumen. Das war seine Schuld. Er hatte eine Schuld auf sich geladen. Durfte er dann noch sich als den Mann betrachten, der hoch genug stand, um die Kultur zweier Planeten zu vermitteln? Durfte er sich die Kraft zutrauen, gegenüber den An- griffen von beiden Seiten die Verantwortung zu tragen und die Machtfülle nicht durch menschliche Leidenschaften zu entstellen? Jn solchen Gedanken wandelte sich seine Entrüstung Da wurde ihm der Unterkultor von Wien gemeldet. Als das Luftschiff Las, von dem Kriegsschiffe ver- Das Spiel verloren. Neigung Gehör gegeben und der Freundin zu Liebedie Erde verlaſſen, wo er hätte wirken ſollen? Gewiß, es war nicht ſeine Abſicht geweſen, ſich dieſer Pflicht zu entziehen, äußere Umſtände hatten ihn verhindert, rechtzeitig zu ihr zurückzukehren. Aber eben dieſen Umſtänden durfte er keinen Spielraum des Zufalls geſtatten, er hätte ſich der Gefahr nicht ausſetzen dürfen, die Pflicht zu verſäumen. Das war ſeine Schuld. Er hatte eine Schuld auf ſich geladen. Durfte er dann noch ſich als den Mann betrachten, der hoch genug ſtand, um die Kultur zweier Planeten zu vermitteln? Durfte er ſich die Kraft zutrauen, gegenüber den An- griffen von beiden Seiten die Verantwortung zu tragen und die Machtfülle nicht durch menſchliche Leidenſchaften zu entſtellen? Jn ſolchen Gedanken wandelte ſich ſeine Entrüſtung Da wurde ihm der Unterkultor von Wien gemeldet. Als das Luftſchiff Las, von dem Kriegsſchiffe ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0483" n="475"/><fw place="top" type="header">Das Spiel verloren.</fw><lb/> Neigung Gehör gegeben und der Freundin zu Liebe<lb/> die Erde verlaſſen, wo er hätte wirken ſollen? Gewiß,<lb/> es war nicht ſeine Abſicht geweſen, ſich dieſer Pflicht<lb/> zu entziehen, äußere Umſtände hatten ihn verhindert,<lb/> rechtzeitig zu ihr zurückzukehren. Aber eben dieſen<lb/> Umſtänden durfte er keinen Spielraum des Zufalls<lb/> geſtatten, er hätte ſich der Gefahr nicht ausſetzen dürfen,<lb/> die Pflicht zu verſäumen. Das war ſeine Schuld.<lb/> Er hatte eine Schuld auf ſich geladen. Durfte er dann<lb/> noch ſich als den Mann betrachten, der hoch genug<lb/> ſtand, um die Kultur zweier Planeten zu vermitteln?<lb/> Durfte er ſich die Kraft zutrauen, gegenüber den An-<lb/> griffen von beiden Seiten die Verantwortung zu tragen<lb/> und die Machtfülle nicht durch menſchliche Leidenſchaften<lb/> zu entſtellen?</p><lb/> <p>Jn ſolchen Gedanken wandelte ſich ſeine Entrüſtung<lb/> in ernſte Selbſtprüfung, und immer wieder erwog er<lb/> die Frage, ob er der Sache, die er durchzufechten ent-<lb/> ſchloſſen war, auch wohl an dieſem Platze noch die<lb/> rechten Dienſte zu erweiſen vermöge.</p><lb/> <p>Da wurde ihm der Unterkultor von Wien gemeldet.</p><lb/> <p>Als das Luftſchiff Las, von dem Kriegsſchiffe ver-<lb/> folgt, den Blicken der Martier entſchwunden war, hatte<lb/> ſich der Beamte ſofort auf den Weg nach Berlin ge-<lb/> macht. Drei Stunden ſpäter war er dort angelangt.<lb/> Er wurde ſogleich vorgelaſſen. Empört beklagte er<lb/> ſich über die Behandlung, die ſich Saltner gegen ihn<lb/> herausgenommen, und verlangte die volle Strenge des<lb/> Geſetzes gegen den Frevler, an deſſen Ergreifung er<lb/> nicht zweifelte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [475/0483]
Das Spiel verloren.
Neigung Gehör gegeben und der Freundin zu Liebe
die Erde verlaſſen, wo er hätte wirken ſollen? Gewiß,
es war nicht ſeine Abſicht geweſen, ſich dieſer Pflicht
zu entziehen, äußere Umſtände hatten ihn verhindert,
rechtzeitig zu ihr zurückzukehren. Aber eben dieſen
Umſtänden durfte er keinen Spielraum des Zufalls
geſtatten, er hätte ſich der Gefahr nicht ausſetzen dürfen,
die Pflicht zu verſäumen. Das war ſeine Schuld.
Er hatte eine Schuld auf ſich geladen. Durfte er dann
noch ſich als den Mann betrachten, der hoch genug
ſtand, um die Kultur zweier Planeten zu vermitteln?
Durfte er ſich die Kraft zutrauen, gegenüber den An-
griffen von beiden Seiten die Verantwortung zu tragen
und die Machtfülle nicht durch menſchliche Leidenſchaften
zu entſtellen?
Jn ſolchen Gedanken wandelte ſich ſeine Entrüſtung
in ernſte Selbſtprüfung, und immer wieder erwog er
die Frage, ob er der Sache, die er durchzufechten ent-
ſchloſſen war, auch wohl an dieſem Platze noch die
rechten Dienſte zu erweiſen vermöge.
Da wurde ihm der Unterkultor von Wien gemeldet.
Als das Luftſchiff Las, von dem Kriegsſchiffe ver-
folgt, den Blicken der Martier entſchwunden war, hatte
ſich der Beamte ſofort auf den Weg nach Berlin ge-
macht. Drei Stunden ſpäter war er dort angelangt.
Er wurde ſogleich vorgelaſſen. Empört beklagte er
ſich über die Behandlung, die ſich Saltner gegen ihn
herausgenommen, und verlangte die volle Strenge des
Geſetzes gegen den Frevler, an deſſen Ergreifung er
nicht zweifelte.
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